Der lange Weg zur Online-Behörde
Das papierlose Büro ist in vielen Behörden noch Zukunftsmusik. Das Landratsamt Heilbronn drückt bei der Digitalisierung von Verwaltungsdienstleistungen aber aufs Tempo. Bis zum Jahresende soll auch der Umgang mit der E-Akte für 60 Prozent seiner Mitarbeiter zum Tagesgeschäft gehören.

Vom Beantragen eines Personalausweises oder einer Aufenthaltserlaubnis bis zum Antrag auf Erlaubnis zum nicht gewerbsmäßigen Umgang mit explosionsgefährlichen Stoffen - geht es nach dem Bund, sollten Ämter solche Leistungen seit Ende vergangenen Jahres auch digital anbieten. So sieht es zumindest das 2018 erlassene Onlinezugangsgesetz (OZG) vor. Doch bislang hat bundesweit noch keine Behörde diese Vorgabe vollständig umsetzen können. Beim Landratsamt Heilbronn sieht man sich zumindest auf einem guten Weg, wie der jetzt vorgelegte, zweite Digitalisierungsbericht nahelegt.
Digitale Bearbeitung vom Antrag bis zum Ausgang
Rund 230 Leistungen aus dem Katalog des OZG fallen in die Zuständigkeit des Landratsamts. "Unsere Strategie ist es, die Angebote medienbruchfrei zu digitalisieren", sagt Petra Stahl, Leiterin des Sachgebiets Information und Kommunikation.
Soll heißen: Vom Eingang über die Bearbeitung bis zum Ausgang läuft der Umgang mit einem Antrag komplett digital. "Verschiedene Prozesse können wir so bereits abbilden", sagt Stahl. Allerdings braucht es dafür eine Schnittstelle, die das Land mit der Plattform Service-BW bereitstellt. Ab April soll es eine solche auch für den Wohngeldbereich geben, der bereits rege genutzt werde. "Wo diese Schnittstelle noch fehlt, wollen wir den Bürgern so viele Antragsformulare wie möglich zur Verfügung stellen, die sie online ausfüllen können", so die Sachgebietsleiterin.
Dafür hat man sich 2022 ziemlich ins Zeug gelegt: Waren zum Jahresbeginn 37 Dienste umgesetzt, so lag diese Zahl im Dezember bei 107. Komplett digital laufen davon derzeit 14 Prozesse ab, darunter die Beantragung des Schwerbehindertenausweises. "Aber auch andere Vorgänge, wie der Antrag auf Auszug aus dem Liegenschaftsregister oder auf eine Betriebserlaubnis für Spielhallen laufen medienbruchfrei", ergänzt Ronja van Haaren, Projektleiterin E-Akte beim Landratsamt.
Behörde entwickelt eigene Lösungen
In der Behörde wäre man gerne schon weiter, räumt Petra Stahl ein, müsse sich aber auch äußeren Einflüssen beugen, auf die man wenig bis keinen Einfluss hat: "Service-BW geht uns zum Teil zu langsam", betont Stahl. Daher arbeite man in manchen Bereichen mit eigenen Lösungen, an deren Entwicklung Studierende aus dem Bereich Digitales Verwaltungsmanagement an der Hochschule für Verwaltung beteiligt sind.
Ein weiterer Hemmschuh für den Digitalisierungsprozess sind gesetzliche Vorgaben und Regelungen. Etwa wenn für einen Antrag eine oder mehrere Unterschriften erforderlich sind oder weil Originaldokumente noch in Papierform vorgelegt werden müssen.
Prozesse werden zuerst optimiert
Parallel zur Digitalisierung externer Vorgänge arbeitet man im Landratsamt auch an der Umstellung auf die E-Akte. "Das Ganze ist natürlich sehr zeitaufwendig, weil analoge Prozesse, wo möglich, vollständig digital abgebildet werden sollen", sagt Ronja van Haaren.
Derzeit arbeiteten rund 30 Prozent der Mitarbeiter mit E-Akten, bis zum Jahresende will man diesen Wert annähernd verdoppelt haben. Ein ambitioniertes Vorhaben, gibt van Haaren zu. Man wolle aber nicht nach dem "Gießkannenprinzip" einfach ein neues Programm einführen, sondern bei Bedarf zunächst Prozesse und Arbeitsweisen in den einzelnen Abteilungen optimieren.