"Der Impfbus war ein verblüffender Erfolg"
Endstation für den Impfbus: Am Samstag ist er in Heilbronn zum vorerst letzten Mal unterwegs. Mit dem Angebot habe man viel erreicht, sagt Gesundheitsamtsleiter Peter Liebert im stimme.de-Interview.

Die Pandemie hat die Digitalisierung in der Verwaltung vorangebracht, glaubt der Heilbronner Gesundheitsamtsleiter Dr. Peter Liebert. Trotzdem gebe es noch viel zu tun. Bei Corona mahnt er weiter zur Vorsicht und hofft, dass sich bei der Impfquote doch noch etwas tut.
Die Corona-Inzidenz ist auf einem Niveau, das früher unvorstellbar war. Ist die Lage im Gesundheitsamt mittlerweile trotzdem entspannter?
Dr. Peter Liebert: Wir arbeiten seit zwei Jahren jedes Wochenende und an Feiertagen, es sind tausende Überstunden angefallen. Vom Normalbetrieb sind wir weit entfernt. Wir haben neben Corona ja noch weitere Aufgaben, etwa die Einschulungsuntersuchungen, amtsärztliche Gutachten und die Trinkwasserüberwachung. Das ist eine große Herausforderung. Ich bin meinem Team sehr dankbar dafür, was es geleistet hat und immer noch leistet.
Die Kontaktnachverfolgung bei Infizierten, bei der zeitweise sogar Soldaten halfen, ist nicht mehr leistbar?
Liebert: Nein, das wäre bei diesen Zahlen völlig unmöglich. Trotzdem überprüfen wir, wenn es etwa in Pflegeheimen Häufungen gibt. Wir überwachen die Testzentren und stellen Quarantänebescheinigungen aus. Die Überwachung der einrichtungsbezogenen Impfpflicht und die Hotline sind weitere Aufgaben, bei der uns Personal aus anderen Ämtern unterstützt, auch hierfür möchte ich mich herzlich bedanken. Und wir müssen Fälle aufwendig erfassen, bekommen von den Schnelltestzentren zum Teil Meldungen als Faxe, die wir von Hand in die Meldesoftware übertragen.
Das Fax wurde zum Symbol der Rückständigkeit. Sind wir nach zwei Jahren Corona technisch besser gerüstet?
Liebert: Es gibt Fortschritte bei der Digitalisierung. Labore melden positive Fälle über das System Demis, das lief zu Beginn der Pandemie tatsächlich über Fax. Das Ziel ist aber nicht erreicht. Es sollen auch andere Krankheiten über Demis gemeldet werden, das funktioniert nicht immer, und wir bekommen immer noch Faxe. Auf der anderen Seite bieten wir jetzt Online-Belehrungen etwa im Lebensmittelbereich an, da hat die Pandemie die Digitalisierung beschleunigt.
Viele Corona-Maßnahmen fallen am 3. April weg. Ein Grund zur Sorge?
Liebert: Die Belastung der Intensivstationen ist zurzeit relativ gering. Ich sehe die Gefahr, dass es zur Häufung kommt in Betrieben und auch unter medizinischem Personal, dass es also Ausfälle gibt bei Dienstleistungen oder Produktivität. Deshalb glaube ich, dass Maßnahmen zum Arbeitsschutz oder Homeoffice-Regeln weiter sehr wichtig sind. Auch Masken in geschlossenen Räumen sollten bleiben. Das ist eine einfache, wirksame Maßnahme.
Aus medizinischer Sicht sind Lockerungen zu verantworten?
Liebert: Das sind immer schwierige politische Abwägungen. Man muss sich die kritischen Bereiche weiter genau anschauen: Wie ist die Situation in der Patientenversorgung, in der Pflege und insbesondere auf den Intensivstationen. Da kann man nicht ausschließen, dass es irgendwann wieder kontaktreduzierende Maßnahmen in bestimmten Bereichen geben wird.
Die Impfrate kommt nicht mehr vom Fleck, der Impfbus stellt den Dienst ein. Müssen wir uns damit abfinden?
Liebert: Die bestehende Omikron-Welle ist kaum noch zu beeinflussen. Mit Blick auf Herbst und Winter würde eine höhere Impfquote für mehr Immunität sorgen und weitere Maßnahmen verhindern. Der Impfbus in Heilbronn ist zwar eingestellt, kann bei Bedarf aber wieder angemietet werden. Das ist kein endgültiges Aus. Das städtische Impfangebot in der Kaiserstraße gibt es weiterhin.
War der Impfbus ein Erfolg?
Liebert: Aus meiner Sicht war er ein verblüffender Erfolg, er war sehr effizient mit Hunderten Impfungen am Tag. Dort kamen auch Personen hin, die sonst schwer zu erreichen sind.
Was halten Sie von einer allgemeinen Impfpflicht?
Liebert: Ich bin Befürworter einer hohen Impfquote. Wie sie zustande kommt, ist mir als Mediziner egal.
Außer in Krankenhäusern und Pflegeheimen wird bald nur noch in Schulen systematisch getestet. Ist das gerechtfertigt?
Liebert: Die Schulen sind sicher nicht der alleinige Treiber der Pandemie. Trotzdem hat sich das Testkonzept in Schulen bewährt. Oft stecken sich in Familien Eltern bei ihren Kindern an. Positive Tests können da manche Übertragung verhindern und zu etwas mehr Sicherheit beitragen