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Der Dachstuhl allein kann die finanzielle Reserve kosten

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Holzpreise schießen in die Höhe, Lieferfristen werden immer länger. Eine Branche wurde kalt erwischt. Und für Bauherren kann es jetzt mitunter eng werden.

 Foto: Markus Scholz

So etwas hat Andreas Götz in den 31 Jahren, in denen er als Zimmerermeister selbstständig ist, noch nicht erlebt. Selbst einfache Dachlatten kosten derzeit mehr als das Doppelte dessen, was vor wenigen Wochen noch aufgerufen wurde. Bei Konstruktionsvollholz oder OSB-Platten das gleiche Thema. "Ich bin nur froh, dass ich keine Jahresverträge eingegangen bin", so der 58-Jährige.

Hauptverantwortlich für die Entwicklung ist die hohe Nachfrage in den USA (siehe Artikel auf der Titelseite). Das betrifft allerdings Konstruktions-, also Nadelholz. Die Preise für Laubholz gehen nicht in vergleichbarer Weise nach oben, betont Ulrich Scheuber-Häberlein, Geschäftsführer des Laubholzsägewerks Häberlein in Hardthausen-Gochsen. Zu kämpfen habe er zwar mit den geringen Mengen an Eichenholz, die im vergangenen Jahr eingeschlagen wurden. Das habe mit der Situation in den USA aber nichts zu tun.

Auch China baut

Auch die wirtschaftliche Erholung in China macht sich bemerkbar. Dämmstoffe etwa werden vermehrt nach Asien verkauft. "Da haben wir 20 bis 26 Wochen Lieferzeit", erzählt Andreas Götz.

Auch müsse er in seinen Angeboten inzwischen die Preisbindung aufgeben. "Die Akzeptanz bei den Kunden ist da nicht so groß, viele rechnen bei der Finanzierung ja auf den letzten Cent." Zumal viele Baustoffe teurer würden.

Kurzarbeit möchte Götz auf jeden Fall verhindern. Zuletzt versuchte er auch, sein Lager aufzufüllen - auch wenn ihm bewusst ist, dass solche Hamsterkäufe zusätzlich die Preise anheizen. Doch er habe eben auch Verantwortung für die 13 Mitarbeiter seines Betriebs in Obersulm-Affaltrach.

5000 Euro Mehrkosten für den Dachstuhl

"Die Situation wird richtig prekär, weil teilweise gar nichts mehr zur Verfügung steht", fasst der Obermeister der Zimmerer-Innung, Hans-Martin Stopper aus Nordheim, zusammen.

Für ein massiv gebautes Einfamilienhaus seien nun schon mal rund 5000 Euro extra allein für den Dachstuhl einzuplanen. So können allein diese Mehrkosten den finanziellen Spielraum nehmen, den sich ein Bauherr eingeplant hat.

Bei Fertighäusern kommt es auf den Vertrag an

Genau hinschauen müssen Fertighauskunden. Weil diese Häuser in der Regel in Holzständerbauweise erstellt werden, sind hier die kräftigen Aufschläge zu erwarten. Allerdings gibt sich Hans Volker Noller, Geschäftsführer von Fertighaus Weiss in Oberrot, entspannt. "Wir haben uns mit unseren Lieferanten zusammengesetzt und geeinigt." Damit könnten die den Kunden vertraglich zugesicherten Preise auch gehalten werden.

Für die Zukunft würden gewisse Preissteigerungen wohl nicht auszuschließen sein. Aber da müsse man den Herbst abwarten, sagt Noller. Vorerst sei ihnen zugute gekommen, dass sie seit vielen Jahren verlässlich mit regionalen Sägewerken zusammenarbeiten. "Da gab es schon ein gewisses Entgegenkommen."

Sägewerke machen jetzt gute Geschäfte

Viele andere Sägewerke machten offenbar "den Reibach", wie Manfred Metzger vom Großhändler Holz Eckert in Lauffen es formuliert. Teils stünden ausländische Unternehmen, etwa aus Österreich, dahinter, die ihre weltweiten Kontakte nun nutzen.

Offensichtlich ist, dass die Branche relativ kalt erwischt wurde. "Die wenigsten haben mit solchen Sprüngen gerechnet", sagt Hans Volker Noller. Die Holzpreise waren in Deutschland lange Zeit sehr konstant, erklärt auch Marcus Kirschner, Geschäftsführer des Holzpackmittelverbands HPE. Bereits im September habe es dann erste Anzeichen gegeben. "Der Holzmarkt ist inzwischen ein weltweiter Markt." Vieles habe sich verschoben. Aus Osteuropa und Skandinavien gehe nun viel Holz auch nach Asien. "Und nicht mehr nur Rundholz, wie früher", sagt Kirschner.

Auch andere Wirtschaftszweige könnten in Mitleidenschaft gezogen werden

Je länger diese Holzknappheit andauere, desto mehr könne sie sich auf andere Wirtschaftszweige ausweiten. Bei der Palettenproduktion gebe es schon Engpässe. "Wenn damit die Warentransporte ins Stocken geraten, könnte das sogar die Exportwirtschaft beeinflussen."

Schreiner noch entspannt

Die Preissteigerungen kommen bei den Schreinern allenfalls mit Verzögerung an. Die Nachfrage aus den USA betrifft das Nadelholz, das beispielsweise in Spanplatten verwendet wird. "Wir merken zum Glück noch nichts", sagt Petra Eppler aus Brackenheim, stellvertretende Obermeisterin der Schreiner-Innung Heilbronn. Doch sei ihr bewusst, dass die Preise ihre langfristige Gültigkeit verloren haben.

 
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