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Windräder im Wald: Ein Blick in die Region

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Windparks entstehen zunehmend auch in Waldgebieten. Wie ist die Akzeptanz bei bestehenden und geplanten Projekten in der Region?

Ein Windrad im Windpark Bretzfeld-Obersulm.
Ein Windrad im Windpark Bretzfeld-Obersulm.  Foto: Bürgerwindpark Hohenlohe

Die Sonne scheint zwischen den noch meist laubfreien Bäumen hindurch, die Vögel zwitschern. Der Frühling ist spürbar hier im Wald von Bretzfeld an der Grenze zu Wüstenrot, Löwenstein und Obersulm. Nur der Wind lässt die milden Temperaturen kühler wirken. Doch der ist es, der Benjamin Friedle und Markus Pubantz vom Bürgerwindpark Hohenlohe lächeln lässt.

Obwohl: „Es ist eigentlich eher durchschnittlich windig heute“, erklärt Friedle mit Blick auf seine Smartphone-App. Dennoch drehen sich die Rotoren hoch über den Baumwipfeln ordentlich. „Insgesamt ist das natürlich schon ein guter Standort“, erklärt Friedle. Warum sonst würde das Niedernhaller Unternehmen hier weitere Anlagen im Windpark Bretzfeld-Obersulm planen. Eine etwa 1,3 Hektar große Fläche ist über den Winter gerodet worden, soll bis Mitte 2027 bebaut sein.

Windräder im Wald stehen häufig in der Kritik

Doch gerade das sehen viele Kritiker von Windenergie im Wald nicht gerne. Sie bemängeln, dass der wertvolle Naturraum und CO2-Speicher Wald, der zudem Menschen als Naherholungsgebiet dient, zerstört wird (siehe auch Text unten). Pubantz und Friedle kennen die Argumente, sind aber überzeugt, dass der Nutzen von Windkraft überwiegt. Bretzfeld-Obersulm sei in Sachen Kritik auch wenig problematisch, sind sich die beiden Geschäftsführer einig. „Im Genehmigungsverfahren gab es eine Handvoll Einwände von Bürgern gegen das Projekt.“ Das habe man, beispielsweise in Weißbach, ganz anders erlebt. „Da kamen die Gegner mit Wäschekörben voller Einwände“, erinnert sich Pubantz. Die Akzeptanz sei hier sehr gut, obwohl man im Wald baue. Auflagen in Sachen Naturschutz und Artenschutz müsse man hier genauso erfüllen wie bei Projekten auf der Freifläche. „Lediglich manche Tiere unterscheiden sich“, so Friedle. Wespenbussard, Fledermäuse, bestimmte Schmetterlingsarten, Haselmäuse und die Gelbbauchunke gilt es hier unter anderem zu schützen.

Für die Gelbbauchunke wurden gar spezielle Pfützen angelegt. Das funktioniert laut Pubantz so gut, dass die Population von den anfangs 14 auf stolze 50 Unken angewachsen sei. „Wir machen das auch weiter, obwohl wir dazu inzwischen nicht mehr verpflichtet sind. Irgendwie haben wir Spaß daran gefunden“, erklärt er. Obwohl das recht aufwendig ist: Die Tümpel müssen jedes Jahr neu angelegt und bei Trockenphasen mit Wasser befüllt werden. Die Unke geht nämlich zum Laichen nur in temporäre Gewässer, in denen keine Fressfeinde warten. Neben Artenschutzmaßnahmen muss die Bürgerwindpark Hohenlohe GmbH außerdem gerodete Bäume ersetzen und eine finanzielle Entschädigung leisten.

Kritiker sehen vor allem die Natur und Tiere von Windkraft im Wald gefährdet

Pionier in Sachen Windkraft im Wald war in der Region die Zeag Erneuerbare Energien GmbH, eine Tochter der EnBW. Sie hat im Harthäuser Wald den damals größten Windpark Baden-Württembergs mit zunächst 14, inzwischen 18 Anlagen gebaut. Die Anlagen erzeugen Strom für 37 000 Haushalte, in Betrieb gingen die ersten Rotoren 2015. Eine Bürgerinitiative wehrte sich lange und vehement gegen den Bau. Und auch danach setzte sich die Schutzgemeinschaft Harthäuser Wald unter anderem für die Fledermäuse ein. Denn die gehören zu den wohl häufigsten Opfern von Windrädern – nicht nur im Wald. Todesursache ist aber nicht nur die Kollision. Bedingt durch Verwirbelungen und den Druckabfall hinter den Rotorblättern platzen die Lungen und inneren Organe der Fledermäuse. Etwa 200 000 Tiere sterben nach Schätzungen jährlich an deutschen Windenergieanlagen. „Zum Schutz von Fledermäusen wird der Betrieb der Anlagen aktiv gesteuert. Das bedeutet, dass diese abschalten, wenn Fledermäuse im Bereich eines Windrads fliegen“, so Unternehmenssprecherin Jini Srisuphannaraj.

Außerdem ergreife man „umfangreiche Maßnahmen, um die Auswirkungen auf Flora und Fauna zu minimieren. Dies umfasse unter anderem Ausgleichsflächen, das Aufstellen von Fledermauskästen und die kontinuierliche Überwachung der Tierpopulationen.
Der Hardthäuser Bürgermeister Thomas Einfalt zieht jedenfalls eine positive Bilanz: „Nach zehn Jahren Windpark Harthäuser Wald können wir feststellen, dass die veranlassten Ausgleichsmaßnahmen, wie beispielsweise die Aufforstung, Früchte tragen.“ Im Bezug auf das Wildleben im Wald sehe man keinerlei negative Auswirkungen. Die Population sei seither sogar gewachsen, so dass ein erhöhter Abschuss zum Schutz der Pflanzen durchgeführt werden muss. Auch niste der Rotmilan nach wie vor im Wald. „Unterm Strich“, so Einfalt, „ist der Bau von Windrädern im Wald natürlich mit Eingriffen verbunden.“ Es gehe darum, Eingriff und Nutzen abzuwägen.

„In Hardthausen sind wir froh über zehn Jahre Windpark und stellen fest, dass sowohl Flora und Fauna als auch die Windenergieanlagen miteinander vereinbar sind.“
Bei so viel Akzeptanz ist man in Roigheim noch nicht angelangt. Dort plant das Energieunternehmen Vattenfall einen Windpark im Waidachswald. Gegen das Projekt, das mit den Kommunen Schefflenz und Adelsheim (Neckar-Odenwald-Kreis) umgesetzt werden soll, hat sich ebenfalls eine Bürgerinitiative formiert, die den Wald vor diesem massiven Eingriff schützen möchte. Von den ursprünglich dort für möglich gehaltenen 24 Anlagen sind in den aktuellen Plänen vom Januar 2025 noch 17 übrig. Damit läge man etwa in der Größenordnung des Harthäuser Walds, allerdings mit etwas leistungsstärkeren, weil neueren Windenergieanlagen.

Beispiele

2022 ist der Windpark Bretzfeld-Obersulm mit drei Anlagen in Betrieb gegangen. Zwei weitere Windräder sind in Planung. Der Windpark Harthäuser Wald ging 2015 mit 14 Anlagen an den Start, 2018 kamen die letzten vier hinzu.

Bei Roigheim sind Stand Januar dieses Jahres 17 Anlagen im Waidachswald geplant, wobei nur drei der geplanten Standorte tatsächlich auf Gemarkung der kleinen Gemeinde am Rande des Heilbronner Lands liegen. Gebaut werden könnte hier ab 2027. 

 

 

 

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