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Heilbronner Cannabisclub bereitet sich auf nahende Legalisierung vor - und will Vorreiter sein

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Kommt die bundesweite Legalisierung, so sollen Cannabis Social Clubs eine wichtige Rolle bei der Ausgabe von Cannabisprodukten spielen. Der Anbau im jüngst gegründeten Heilbronner Club ist bereits in Planung. Mitglied werden kann aber nicht jeder.

von Julian Ruf
Das Schild über dem Eingang des Hanf-Museums in Berlin. Bald könnte es in einigen Modellregionen in Deutschland spezielle Läden geben, die berauschende Cannabisprodukte verkaufen. Foto: dpa
Das Schild über dem Eingang des Hanf-Museums in Berlin. Bald könnte es in einigen Modellregionen in Deutschland spezielle Läden geben, die berauschende Cannabisprodukte verkaufen. Foto: dpa  Foto: Fabian Sommer

Erst vor wenigen Wochen wurde einer der ersten Cannabis Clubs im Raum Heilbronn gegründet. Eine Reaktion auf den Gesetzesentwurf von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach, der noch in diesem Jahr zu einer bundesweiten Legalisierung von Cannabis führen könnte und sogenannte Cannabisclubs als gemeinschaftliche Anbau- und Ausgabeorte vorsieht.

Der Club heißt "TenTen", englisch für eine Doppelzehn. Der Name soll den Qualitätsanspruch widerspiegeln, den die Vereinsvorstände ihren Mitgliedern bieten wollen. Oft bezeichnet sich der Club aber auch einfach als Cannabis Social Club Heilbronn (CSC). Lauterbachs Gesetz hält der Vorstand des Vereins für den richtigen Weg, sieht aber Verbesserungsbedarf.

 


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Vorstand des Heilbronner Cannabisclubs entspricht nicht den Kiffer-Klischees

Die äußere Erscheinung der Vorstandsmitglieder des Cannabisclubs Heilbronn entspricht nicht den geläufigen Kiffer-Klischees. Sie sind Ende 20 bis Anfang 30, tragen die Haare kurz, dazu Jeans, T-Shirt und Brille. Zu dritt sitzen die jungen Männer in einem Café im Landkreis Heilbronn. Ihre Namen sollen vorerst anonym bleiben, zumindest bis die Legalisierung in Kraft tritt. Der Heilbronner Stimme sind die Namen bekannt. Es seien noch zu viele Vorurteile in der Öffentlichkeit vorhanden und das könne schnell Probleme geben, sagen sie, obwohl sie nichts Illegales tun.

Sie alle sind Cannabis-Patienten und haben medizinisches Marihuana vom Arzt verschrieben bekommen. In Deutschland ist das seit 2017 möglich. Durch diesen Umstand und gemeinsame Interessen haben die drei sich als Club zusammengetan. Mehr als 50 Mitglieder aus der Region zähle ihr Club bereits, Tendenz steigend. Dazu kommen mehrere Hundert Abonnenten auf den Social-Media-Kanälen. Eine Anfrage auf Mitgliedschaft kann über die clubeigene Homepage erfolgen.

"Wir wollen zuerst einmal 100 ausgewählte Mitglieder sammeln, dann sehen wir weiter. Die Anwärterlisten füllen sich", sagt einer der Initiatoren. Laut Cannabisgesetzentwurf dürfen die Clubs bis zu 500 Mitglieder verzeichnen. Ihren Heilbronner Cannabis Social Club sehen die jungen Männer als eine Art Vorreiter bei der Wende in der deutschen Drogenpolitik, der zudem wichtige Aufklärungsarbeit leisten und dem Jugendschutz dienen soll. Viele ähnliche Clubs sind in den letzten Wochen in anderen deutschen Städten bereits gegründet worden, direkt nach Bekanntwerden der Eckpunkte des geplanten Cannabisgesetzes. Man stehe mit einigen Clubs in Baden-Württemberg in Verbindung, so die Gründungsmitglieder weiter.

 


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Vorbereitungen für das Inkrafttreten des Cannabisgesetzes

"Unser Anbaufeld wird bereits für die Aussaat vorbereitet", erklärt einer der Männer. "Wir arbeiten exakt am Gesetzentwurf des Gesundheitsministeriums entlang. Das Feld muss streng gesichert und darf nicht einsichtig sein. Nur bestimmte Personen dürfen Zutritt haben." Noch darf aber keine Hanfpflanze tatsächlich herangezogen werden.

Eines der obersten Gebote des Vereins sei es, Cannabis künftig nach strengen Lebensmittelstandards herzustellen. Für die selbstgezüchteten Cannabispflanzen soll dann eine Abgabestelle eingerichtet werden, die gleichzeitig als Treff- und Angelpunkt des Vereins dienen soll. Derzeit findet das Vereinsleben noch überwiegend online statt. Einmal im Monat gebe es eine Vollversammlung der Mitglieder.

Kritik und Lob für die Ampelkoalition

Trotz aller Vorbereitungen ist es nicht so, dass sich die Vereinsvorstände eine sofortige Legalisierung wünschen. "Wir hoffen, dass es nicht einfach von heute auf morgen passiert. Das wäre schlecht und könnte den Schwarzmarkt fördern", sagt einer der drei Gründer. Dabei loben sie Lauterbachs Gesetzentwurf, der vorsieht, Cannabis sanft und nur über entsprechende Clubs an die Bevölkerung heranzuführen. "Dadurch wird uns eine Positionierung am Markt ermöglicht und verhindert, dass große Cannabis-Firmen aus den USA sofort alles für sich vereinnahmen." Solche Firmen gebe es beispielsweise in Kalifornien, wo Cannabis schon länger legalisiert ist.

Vor allem den Jugendschutz nehmen die Männer sehr ernst. Auch hier befürworten sie größtenteils das Vorgehen Lauterbachs und begrüßen, dass sich Cannabisclubs nicht in der Nähe von Schulen ansiedeln dürfen. Doch bei allem Lob gibt es auch Kritik. Zum Beispiel, dass in den Clubs nicht gemeinsam konsumiert werden dürfe. Das sei "völlig an der Realität vorbei". Auch dass der THC-Gehalt für unter 21-Jährige begrenzt werden soll, sei durchaus kritikwürdig. Das fördere einen neuen Schwarzmarkt, sagen sie.


Ministerien stimmen sich zum Cannabisgesetz ab

Das Cannabisgesetz des Bundesgesundheitsministeriums befindet sich derzeit in der Ressortabstimmung. Das bedeutet, dass es verschiedenen Ministerien vorgelegt wird, bevor es zu einer Abstimmung kommt. Das Gesetz sieht unter anderem vor, dass der Besitz und Kauf von maximal 25 Gramm Cannabis ab einem Alter von 18 Jahren straffrei sein soll. Einen Verkauf in Cannabis-Fachgeschäften wird es aber zunächst nicht geben. Das soll erst nach Erprobung in speziellen Modellregionen in einem zweiten Legalisierungsschritt erfolgen.

Mehr Infos zum Cannabis Social Club Heilbronn gibt es auf der Website des Vereins.

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