Cannabis-Legalisierung: "Wir brauchen eine sachliche Diskussion"
Die Debatte um eine Legalisierung von Cannabis nimmt an Fahrt auf. Es gibt gute Gründe dagegen - aber eben auch dafür. Was sagen Polizei und Fachärzte dazu?
"Durch Deutschland muss ein Joint gehen": Mit diesem provokanten Slogan machte die Grüne Jugend im Jahr 2002 Werbung. Angelehnt an einen Satz des ehemaligen Bundespräsidenten Roman Herzog ("Es muss ein Ruck durch Deutschland gehen") machte sich der Parteinachwuchs Anfang der Nullerjahre für die Legalisierung von Cannabis stark.
Bald 20 Jahre später ist Gras zwar immer noch verboten, das Thema aber aktueller denn je. Kiffen ist inzwischen in der Mitte der Gesellschaft angekommen und war auch Thema im Bundestagswahlkampf. Bei einer möglichen Ampelkoalition scheint eine Legalisierung durchaus möglich.
Die Polizei wünscht sich eine sachliche Diskussion
Dass über dieses Thema gesprochen werden muss, meint auch Jörg Tüx, Leiter des Arbeitsbereichs Rausch des Polizeipräsidiums Heilbronn. Allerdings sei das Thema zu komplex und viel zu wichtig, um damit Wahlkampf zu machen oder Wählerinteressen zu befriedigen. "Wir brauchen eine sachliche Diskussion und eine gesamtgesellschaftliche Betrachtung", sagt Tüx. Mit Empfehlungen hält sich die Polizei entsprechend zurück und verweist auf ihre Funktion als Exekutive, als ausführende Gewalt. Was der Gesetzgeber vorgibt, muss die Polizei umsetzen.
Hilfe für Eltern und Betroffene:
www.jugend-suchtberatung-hn.de
Fakt aber ist: Der Aufwand für die Polizei ist bei der aktuellen Gesetzeslage hoch. Zwar ist der Konsum von Cannabis nicht verboten, wohl aber der Besitz. Er wird angezeigt, ein Verfahren eingeleitet, das bei Erstkonsumenten und einer geringen Menge eingestellt wird. Das bindet Ressourcen. Selbst bei einer diskutierten Entkriminalisierung bliebe der Verwaltungsaufwand für die Polizei vermutlich gleich, sagt Tüx. In dem Fall würde der Besitz eines Joints als Ordnungswidrigkeit eingestuft und mit einem Bußgeld bestraft.
Ein Konsument ist in erster Linie potentiell krank und nicht kriminell

Für Robert Prager Loos sprechen zahlreiche Gründe sowohl für als auch gegen eine Entkriminalisierung. "Ein Konsument ist in erster Linie potentiell krank - und nicht kriminell", sagt der Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie am Weissenhof. Auch bezüglich einer Legalisierung gibt es aus Sicht des Mediziners genauso Gründe dafür wie dagegen. Dem Schwarzmarkt den Boden unter den Füßen wegzureißen, spräche dafür. Zudem ließe sich im Sinne einer harm reduction, einer Schadensminimierung, regulieren, dass Konsumenten "reines" Cannabis erhalten. "Auf diese Weise lässt sich eine gewisse gesundheitliche Prävention schaffen", sagt Prager Loos.
Um Gewinne zu erhöhen, werde Cannabis oft mit synthetischen Cannabinoiden gestreckt, die "eine 80- bis 800-fache Potenz von natürlich vor-kommendem Cannabis haben", sagt der Mediziner. Entsprechend höher sind die gesundheitlichen Gefahren. Gegen eine Legalisierung spricht aus seiner Sicht, dass es "möglicherweise ein falsches Signal an die Gesamtbevölkerung und insbesondere an die Jugend wäre".
Vor allem in jungen Jahren ist der Konsum von Cannabis gefährlich
Die Sorge teilt auch Helena Resch von der Jugend- und Suchtberatung in Heilbronn. Eine Legalisierung könnte den Eindruck erwecken, dass es so schlimm ja nicht sein kann. "Zu denken, der Konsum von Cannabis ist harmlos, wäre ein fataler Fehler. Es ist nicht harmlos", macht sie deutlich. Besonders in jungen Jahren nicht.