Urteil in Heilbronn: Löwensteins Bürgermeister Schifferer vorbestraft
Das Landgericht Heilbronn ist sich sicher, dass der Bürgermeister ein Leasing-Auto, dessen Raten ein Erdbauunternehmer bezahlte, zu unrecht fuhr. Die Verteidigung prüft nun Rechtsmittel.

Löwensteins Bürgermeister Klaus Schifferer gilt seit Montagmittag (18.12.) als vorbestraft. Die 8. Große Strafkammer des Landgerichts Heilbronn unter Vorsitz des Richters Frank Haberzettl verurteilte den 62-Jährigen wegen Vorteilsnahme zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu je 200 Euro. Bei mehr als 90 Tagessätzen gilt man in Deutschland als vorbestraft. Schifferer hatte mehr als ein Jahr lang ein Auto gefahren, dessen Leasingraten von der Obersulmer Firma Erdbau Seufer bezahlt wurden. Dessen Seniorchef Steffen Seufer ist nun ebenfalls vorbestraft. Die Kammer blieb unter der Forderung der Staatsanwältin Melanie Stahlmann, die für Schifferer 180 Tagessätze zu je 330 Euro forderte.
Richter Haberzettl beschrieb in der Urteilsbegründung die Freundschaft, die sich zwischen dem Bürgermeister und dem erfolgreichen Unternehmer, der in Löwenstein lebt, über die Jahre entwickelte. "Das ist auch völlig in Ordnung, sie dürfen befreundet sein." Im November 2019 habe Schifferer ein Auto benötigt. Einen Audi e-tron, den er damals als Geschäftswagen fuhr, war dem Gemeinderat zu teuer geworden. Seufer habe sich angeboten. Beide sollen sich auf einen Toyota Hybrid im Wert von etwa 33.000 Euro geeinigt haben.
Nach Unfall mit Leasingfahrzeug: Raten auf Privatkonto überwiesen
Stattdessen fuhr Schifferer mehr als ein Jahr mit dem Auto, ohne dafür zu bezahlen. Die Raten habe das Erdbauunternehmen beglichen, führt Haberzettl aus. Bis Schifferer im Januar 2021 einen Unfall in Obersulm verursachte, bei der eine Frau verletzt wurde. Er hatte eine rote Ampel überfahren und wurde wegen fahrlässiger Körperverletzung zu einer Geldstrafe und einem Fahrverbot von einem Monat verurteilt. Auch nach dem Unfall habe er die Raten nicht bezahlt. Erst, nachdem im Mai 2021 die Polizei Geschäfts- und Privaträume von Seufer und Privaträume von Schifferer durchsuchte, habe Schifferer den fälligen Betrag im Juli überwiesen. Nicht auf das Firmenkonto, sondern auf das private Konto Seufers. "Vielleicht wäre der Fall anders zu beurteilen gewesen, wenn man sofort abgerechnet hätte. Dieses Prozedere zeigt deutlich, was davon zu halten ist", sagte Haberzettl. Das Gericht geht davon aus, dass nie geplant gewesen sei, abzurechnen.
Richter: Sohn des Unternehmers war in Plan eingeweiht
Dann kam Haberzettl auf den dritten Angeklagten, Tom Seufer, zu sprechen. Dessen Anwältin Sophie Bechdolf-Reif hatte in den vorangegangenen Prozesstagen behauptet, dass ihr Mandant von nichts gewusst habe. Dem widersprach Haberzettl bei der Urteilsbegründung. Tom Seufer sei in den Plan eingeweiht gewesen. „Er wusste genau, was da passiert.“ Er habe im Autohaus die Unterschriften im Namen der Firma geleistet. „Er ging wie sein Vater davon aus, dass das günstig ist für das Unternehmen, wenn man eine gute Beziehung zum Rathaus in Löwenstein hat.“ Daraus habe man Vorteile ziehen können. Tom Seufer wurde wegen Vorteilsgewährung zu 90 Tagessätzen zu je 180 Euro verurteilt.
Während des Prozesses war eine schriftliche Vereinbarung aufgetaucht. Aus ihr sollte hervorgehen, wer für die Kosten des Autos aufkommt und wer es wann fährt. Es sei aber nur vom Bürgermeister unterzeichnet worden. Dass man das Auto teile, sei nicht beabsichtigt gewesen, erklärt Haberzettl. Das Schriftstück sei ein Beleg für das Unrechtsbewusstsein Schifferers. Eine Schutzbehauptung.
Bei Durchsuchung gegenüber Polizistin gelogen
Ein Unrechtsbewusstsein habe auch Steffen Seufer bei der Durchsuchung gezeigt. Er habe gegenüber einer Polizistin angegeben, dass das Auto von ihm genutzt werde und er es hin und wieder an Freunde verleihen würde. "Das war glatt gelogen. Ihm war klar, die Sache war nicht in Ordnung", sagt Haberzettl.
Das Urteil wird eine Woche nach Erhalt rechtskräftig. Die nächste Instanz ist der Bundesgerichtshof. Schifferers Anwalt Malte Höch erklärte, dass er die Rechtsauffassung des Gerichts nicht teile. "Es liegt kein rechtlicher Verstoß im dienstrechtlichen Sinne vor." Ob er gegen das Urteil Revision einlegt, sei derzeit noch unklar.
Anke Stiefel-Bechdolf, Verteidigerin von Steffen Seufer erklärte nach der Verhandlung: "Mein Mandant wollte zu keiner Zeit ein Klima schaffen, das den Bürgermeister dazu bewegen sollte, der Firma Seufer Vorteile zu verschaffen." Auch sie denke über Rechtsmittel nach.

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