Mögliche Reaktivierung der Bottwartalbahn: Warum die Bosch-Anbindung durchgefallen ist
Bei einer möglichen Aktivierung der Bottwartalbahn spielt eine Anbindung der Firmen Bosch und Magna keine Rolle mehr. Das sind die Hintergründe.

Die vor Jahrzehnten stillgelegte Bahn im Bottwar- und Schozachtal zwischen Marbach und Heilbronn soll wiederbelebt werden: Der Kreistag des Landkreises Heilbronn hat am Montag mit großer Mehrheit entschieden, dass unter vier Trassenvarianten die historische Strecke über Ilsfeld und Talheim Grundlage für weitere Planungen des Mammutprojekts sein wird.
Landrat Heuser zur Entscheidung pro Bottwartalbahn: Kein Baubeschluss
"Das ist kein Baubeschluss." Landrat Norbert Heuser war um Relativierung bemüht nach einem Beschluss, den viele Redner bei der Kreistagssitzung in der Neckarwestheimer Reblandhalle als historisch bezeichneten. In der Tat: Weder ist klar, ob die Reaktivierung der Bahnstrecke gelingt, noch steht fest, wann es im Erfolgsfall so weit sein wird. "Auf eine zeitliche Komponente", so Heuser, "kann ich mich nicht festlegen."
Eine wichtige Weichenstellung ist getroffen. Unter vier möglichen Varianten entschied sich das Gremium, jene Trasse über Ilsfeld und Talheim weiterzuverfolgen, die in weiten Teilen dem historischen Verlauf der Bahn folgt. Befürworter dieser Option hatten argumentiert, die Bahn werde wirklich "zu den Menschen" gebracht, weil der Schienenstrang durch die Orte führen soll. Vor allem liegt hier der Kosten-Nutzen-Faktor am höchsten, die mögliche Förderquote ist am üppigsten, die prognostizierten Kosten sind am niedrigsten.
Wobei: Wie die Rechnung genau ausfiele, kann noch niemand beziffern. Die aktuelle Schätzung mit Kostenpuffer liegt bei 476 Millionen Euro, während alle anderen Varianten die halbe Milliarde Euro sogar rissen.
Die Stadt Heilbronn hatte sich vor der Abstimmung zurückgehalten, hatte aber Sympathien für die jetzt favorisierte West-Trasse erkennen lassen. Sie ermöglicht es, den Stadtteil Sontheim mit seinen fast 12.000 Einwohnern und dem Hochschulstandort mit mehreren Haltestellen anzubinden.
Reaktivierung Bottwartalbahn: Verbindung über Abstatt bekommt keine Mehrheit
Im Vorfeld zeichnete sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen ab. Hoch gehandelt wurde die um wenige Kilometer kürzere, aber auch etwas teurere Trasse über Abstatt und Untergruppenbach. Gewichtiges Argument: Hier hätten die großen Firmen Magna und Bosch mit derzeit zusammen rund 7000 Mitarbeitern angeschlossen werden können.
Den Berechnungen einer Machbarkeitsstudie zufolge hätten die Fahrgastgewinne hier sogar höher gelegen. Kritiker bemängelten, dass die Trasse an den Gemeinden entlang führt statt hindurch. So hatte sich die Gemeinde Abstatt – für manche Beobachter überraschend – gegen eine Variante entschieden, die den Bosch-Standort direkt angebunden hätte. Die "Zerschneidung der Ortschaft und unseres Bürgerparks" sprach aus Sicht des Gemeinderats dagegen.
Die Variante "Bosch direkt" wurde auf Beschlussvorschlag der Kreisverwaltung ebenso aussortiert wie eine Ost-Trasse mit Schlenker über Flein. Dass beide chancenlos waren, hatte unsere Zeitung bereits vorab berichtet. So blieb die Entscheidung "linksrum oder rechtsrum" mit dem letztlich klaren Votum für die historische Trasse.
Dass es überhaupt vier aussichtsreiche Möglichkeiten gab, bezeichnete Landrat Heuser als "Luxusproblem". Noch vor einigen Jahren glaubte niemand an ein Comeback der Bottwartalbahn. Kosten und Nutzen standen nach früheren Berechnungen in keinem Verhältnis. Seither haben sich Kriterien geändert. So spielen etwa Klimaschutzaspekte eine größere Rolle, was mehreren Projekten über die Hürde verhalf. In der Region sind außerdem Strecken im Zabergäu, im Krebsbachtal und im Kochertal Kandidaten für eine Reaktivierung.