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Wie Schüler im Corona-Jahr mit den Prüfungsvorbereitungen zurechtkommen

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Nach monatelangem Lockdown, Unterrichtsausfall und Distanzlernen stehen viele Schüler nun vor ihren Abschlussprüfungen. Das Kultusministerium gewährt mehr Lernzeit. Wie Schüler aus der Region mit der Situation umgehen und welche Sorgen sie haben.

Präsenzunterricht, Wechselunterricht, Homeschooling: Schulkinder müssen sich in der Pandemie immer wieder auf neue Situationen einstellen. Foto: dpa
Präsenzunterricht, Wechselunterricht, Homeschooling: Schulkinder müssen sich in der Pandemie immer wieder auf neue Situationen einstellen. Foto: dpa  Foto: Jonas Güttler/dpa

Die Herausforderungen sind groß, gleiche Voraussetzungen wie frühere Jahrgänge haben sie nicht. Eine von ihnen ist Amelia Napolitano, sie besucht die Andreas-Schneider-Schule in Heilbronn. Wie viele ihrer Mitstreiter hat sie stundenlang am Bildschirm gesessen, ihren Lehrer nur per Video-Konferenz gesehen, wochenlang daheim gelernt.

Seit den Faschingsferien ist Amelia Napolitano, die nun ihr Fachabitur macht, wieder in der Schule. Zumindest im Wechselunterricht, jede zweite Woche. Das Robert-Koch-Institut empfiehlt dieses Modell, um Infektionszahlen zu senken. "Es ist besser als nur online", sagt die 18-Jährige. "Daheim muss man sich selbst motivieren, die Lehrer sehen nicht, was du machst." Ihre große Sorge ist, dass direkt vor den Prüfungsvorbereitungen ein erneuter Lockdown den persönlichen Kontakt zum Lehrer unmöglich machen könnte.

"Ich wünsche mir, im Präsenzunterricht noch alles klären zu können." Auch die Fragen der Mitschüler brächten oft ein besseres Verständnis.

 



Noch bleiben rund zwei Monate. Ende Mai gehen die Prüfungen los. "Wir sind ziemlich aufgeregt, wissen nicht, wie es wird dieses Jahr, und ob alle ein wenig Rücksicht nehmen auf die Situation," sagt die 18-Jährige. Was sie gut findet: "Was wir lernen ist alles Prüfstoff, aber in Mathe und Betriebswirtschaft hat das Kultusministerium einen Teil gestrichen." Ungerecht kommen ihr die Prüfungen nicht vor. "Es ist klar, dass sie geschrieben werden müssen. Auch wenn wir eine ganz andere Situation haben als frühere Jahrgänge."

Schwammige Vorgaben des Kultusministeriums

Das Kultusministerium will unter anderem "rechtssichere Prüfungsbedingungen" gewährleisten, heißt es in einer Pressemitteilung. Prozesse über Abschlusszeugnisse will niemand führen. Und, etwas schwammig: "Die Lehrer sollen die besonderen Umstände berücksichtigen." Sie seien "aufgefordert, bei der Korrektur die mit Corona einhergehende Sondersituation pädagogisch entsprechend zu bedenken". Was genau das heißt, bleibt den Schulen überlassen. Keine Antwort gibt es auf die Presseanfrage, bis zu welchen Inzidenzwerten die Klausuren in geschlossenen Räumen noch geschrieben werden können.

Zwei bis drei Wochen mehr Lernzeit gewährt das Kultusministerium, Erst- und Zweitkorrektur erfolgen an der eigenen Schule. Und: Absolventen können wählen, ob sie am Haupt- oder am Nachtermin im September schreiben, eine freiwillige Wiederholung wird nicht als Nicht-Versetzung gewertet. Zudem gibt es bis zu einer halben Stunde mehr Zeit bei den Klausuren sowie mehr Aufgaben am Prüfungstag zur Auswahl für die Lehrer.

Ob die letzten beiden Punkte entscheidend sind, da ist sich Hanna Sommer vom Theodor-Heuss-Gymnasium in Heilbronn nicht so sicher. "Ich denke, die halbe Stunde bringt nicht viel. Und in Chemie ist es etwas unklar, welche zusätzlichen Themenfelder das sein könnten."

Für die 17-Jährige kommt es auf jede Nachkommastelle an. Sie will molekulare Medizin studieren, am liebsten in Tübingen. In den Numerus-clausus-Fächern kann ein Zehntel einer Abiturnote darüber entscheiden, ob es was wird mit dem Studienplatz oder nicht. "Mein Notenschnitt sollte nicht runtergehen. Deswegen mach ich mir ein bisschen Sorgen." Vor allem hofft sie, dass "nicht ich oder die Familie zwei Wochen zu Hause sitzen müssen während der Prüfungsvorbereitungen".

Die Abifeier ist noch fern

"Deutlich angenehmer" findet ihr Kollege Clemens Eberlein den Präsenzunterricht, er hat aber auch keine Probleme mit dem Wechselmodell. Noch ein paar Wochen, dann hat er Mathe, Physik und Gemeinschaftskunde schriftlich sowie Geschichte und Deutsch mündlich. Die Klausuren hat er bislang in Präsenz geschrieben, wie seine ganze Kursstufe, teilweise in der Turnhalle. Die Unterschiede unter den Schülern seien groß. "Ein Drittel findet den Online-Unterricht nicht so gut, ein Drittel vermisst den Kontakt zum Lehrer ganz stark. Der Rest ist entspannt." Was ihm persönlich sehr fehlt: Saxofon spielen und die Gemeinschaft im Orchester. Zweitrangig ist die Abifeier. Die wünscht sich Hanna Sommer schon. "Auch eine kleine Abifeier wäre ok, einfach, um dem Ganzen einen schönen Abschluss zu geben."

Die Feiern sind noch fern. Doch an der Realschule Öhringen hat der Endspurt mit der Kommunikationsprüfung schon begonnen. Schulleiter Udo Nonnenmacher ist erfreut über die "sehr guten Ergebnisse", die die Schüler erzielt hätten. Die Schüler hätten sich trotz widriger Bedingungen gut vorbereitet, sehr konzentriert, findet der erfahrene Pädagoge. Was er bis jetzt gesehen hat, das lässt ihn Ergebnisse auf dem Niveau der Vorjahre erwarten. "Die Leistungen sind erstaunlich", sagt er. Er vermutet, dass die Schüler die Zeit des Lockdowns intensiv genutzt haben, um sich auf das vorzubereiten, was ansteht. "Und das methodisch wirklich gut", lobt er seine 67 Abschlussschüler der Realschule und die zehn im Hauptschulzug.

Bessere Ergebnisse

Offizielle Zahlen über das Abitur 2020 in Baden-Württemberg erwartet das Kultusministerium in diesem Frühjahr. Eine Stichprobe des Instituts für Bildungsanalysen Baden-Württemberg habe aber ergeben, dass die Ergebnisse der Prüfungen im Rahmen der Vorjahre lagen, sogar leicht besser, so eine Sprecherin. Der Notendurchschnitt beim Abitur lag 2020 bei 2,31, 2019 war er bei 2,36. Anders als derzeit hatten im vergangenen Jahr viele Schulen bis zum Lockdown im März schon den Großteil ihrer Prüfungsvorbereitungen abgeschlossen. In allen Schularten wurden im aktuellen Prüfungsjahr Inhalte abgespeckt. 

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