BGH kippt das Urteil zum Mordfall Löwenstein
Der Prozess zum Fall der erstochenen Margot M. (59) wird neu aufgerollt. Die Bundesrichter rügen eine fehlerhafte Darstellung zur DNA-Spur am Tatort. Der Anwalt der Kinder der Ermordeten geht von einer erneuten Verurteilung von Ehemann Georg M. (63) aus. Dessen Verteidigerin sieht eine neue Chance, dass M. freikommt.

Es ist ein Paukenschlag gut ein Jahr nach dem Urteil im Aufsehen erregenden Prozess um den Mord an der 59 Jahre alten Margot M. auf einem Parkplatz der Evangelischen Tagungsstätte Löwenstein. Zu lebenslanger Haftstrafe hatte das Heilbronner Landgericht Georg M. (64), den Ehemann der Ermordeten, im April 2018 verurteilt und die Tat als "glasklaren Mord aus Heimtücke" eingestuft.
Jetzt hat der Bundesgerichtshof (BGH) in der Revision der Verteidigung das Urteil des Landgerichts aufgehoben. Das heißt: Der Fall muss nun vor einer anderen Strafkammer des Heilbronner Gerichts neu aufgerollt werden.
Wieso das? Von einer klaren Indizienlage und einer menschenverachtenden Bluttat hatte der Vorsitzende Richter Roland Kleinschroth gesprochen. Keinerlei Zweifel hatten die Richter an der Täterschaft des Angeklagten. Margot M. hatte ihren Mann verlassen, dann einen neuen Lebenspartner gefunden. Das hatte Georg M. mitbekommen, da er auch nach der Trennung ihre E-Mail- und Facebook-Postfächer überwachte.
Fünf Stiche in den Rücken des fliehenden Opfers
Mit einem Halsschnitt, einigen Stichen in den Oberkörper und fünf Stichen in den Rücken der flüchtenden Frau hatte der Täter die 59-Jährige getötet. Er hatte ihr auf dem Parkplatz vor ihrem Arbeitsplatz, der Evangelischen Tagungsstätte, aufgelauert. Eine DNA-Spur des Angeklagten fanden Ermittler an einer Getränkedose am Tatort. Eine Mitarbeiterin der Tagungsstätte hatte einen Tatverdächtigen weglaufen sehen. Kleidung und Statur passten zu Georg M. Zudem tippte sie bei der Vorlage von Vergleichsbildern mehrerer Männer auf Georg M. als denjenigen, den sie gesehen habe. Und: Auf dem Computer von Georg M. fanden Ermittler Luftbilder vom Tatort, der Tagungsstätte Löwenstein. Die hatte M. nur wenige Stunden vor der Bluttat gegoogelt.
In seinem Beschluss spricht der BGH nicht von Zweifeln an der Täterschaft von Georg M. Er bemängelt, dass das Landgericht die Genspur (DNA) des Angeklagten an einer Getränkedose vom Tatort als "gewichtigstes Indiz" eingestuft habe. Aber: Wegen eines "durchgreifenden Darstellungsmangels" halte diese Beweiswürdigung einer sachlich-rechtlichen Nachprüfung "nicht stand". Bei DNA-Mischspuren sei es notwendig, in den Urteilsgründen mitzuteilen, inwieweit es Übereinstimmungen zu untersuchten DNA-Systemen gebe und mit welcher Wahrscheinlichkeit andere Personen als Spurenverursacher in Frage kommen. Der Typ der Mischspur sei von den Richtern nicht hinreichend genau herausgearbeitet worden. Und: Auf die für den Angeklagten relevante Vergleichspopulation, die als mögliche Täter auch in Betracht käme, werde "nicht eingegangen".
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Anwältin des verurteilten 63-Jährigen denkt über Antrag auf Haftentlassung nach

Für Strafverteidigerin Anke Stiefel-Bechdolf ist der Sieg in der Revision ein großer Erfolg. Die Kammer habe "zu wenig zur DNA-Analyse dargelegt". Diese DNA-Hintergründe werde man im neuen Prozess "selbstverständlich thematisieren".
Die Anwältin sieht für Georg M. eine neue Chance. "Wir fangen von vorne an - mit anderen Richtern." Ihr Mandant bestreite nach wie vor, der Mörder seiner Ehefrau zu sein. Jetzt überlegt Stiefel-Bechdolf, einen Antrag auf Freilassung aus der Haft zu stellen.
Im Prozess waren die Kinder von Georg und Margot M. als Nebenkläger aufgetreten, Anwalt Christoph Wingerter hat sie betreut. Am Ende hatte auch der Sohn von Georg M. seinen Vater als Mörder der Mutter eingestuft. Anwalt Wingerter ist überzeugt, dass Georg M. im zweiten Prozess ebenfalls als Täter überführt wird. "Es sind genügend Indizien vorhanden. Ich bin überzeugt, dass er erneut zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt wird", betont Wingerter. Aber: Für die Familie und die Kinder werde ein zweiter Prozess "natürlich eine Tortur".
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