Der Kampf der Eigentümerinnen um den abgemeldeten Badesee in Finsterrot
Die Überraschung vor Ort ist groß: Fünfeinhalb Jahre nach der Abgabe von 5720 Unterschriften zum Erhalt des Finsterroter Sees als EU-Badestelle kommt der Petitionsausschuss des Landtags nach Wüstenrot.

Fünfeinhalb Jahre, nachdem die Eigentümerinnen des Finsterroter Sees – die Lang-Schwestern – die Petition zur Erhaltung des Naturdenkmals als EU-Badestelle eingereicht haben, kommt der Petitionsausschuss des Landtags, um sich dem Anliegen anzunehmen. 5720 Menschen hatten die Petition einst unterzeichnet. "Sehr überrascht" ist Christa Lang-Kemppel, dass doch noch Bewegung in die Sache kommt. "Ich war etwas überrascht nach der langen Zeit, dass das Thema überhaupt noch aktuell ist", sagt auch Wüstenrots Bürgermeister Timo Wolf zur öffentlichen Anhörung am 13. November, um 10 Uhr, im Rathaus.
An heißen Tagen Abkühlung im Finsterroter See suchen? Das ist seit Jahren nicht mehr erlaubt. Im Mai 2016 hatte das Landes-Sozialministerium gemäß der EU-Badegewässerrichtlinie ein Badeverbot angeordnet. Der Grund: mangelhafte Wasserqualität. Die Gemeinde als Ortspolizeibehörde stellte Verbotsschilder auf. 2017 meldete die Kommune den Finsterroter See als Badegewässer ab – ohne Wissen von Christa Lang-Kemppel und Helga Lang, was die Schwestern empörte. Die Wasserqualität sei weiterhin als mangelhaft eingestuft worden, begründete Bürgermeister Wolf dieses Vorgehen.
Badeverbot am Finsterroter See: 2017 trafen sich See-Eigentümerinnen und Gemeinde vor Gericht
Seit Jahren ist die Kommunikation beider Parteien nicht die beste. So sahen die See-Eigentümerinnen keinen Ausweg, die Gemeinde zum Handeln zu bewegen,als sie 2017 wegen Gewässerverunreinigung anzuzeigen. Für die Schwestern war immer klar: Schuld an schlechten Probenergebnissen - hohe Konzentration von Kolibakterien und Phosphat oder Blaualgen-Teppichen - ist die Kläranlage Neuhütten am Oberlauf. "Die Gemeinde nutzt den Finsterroter See als Kläranlage."
"Das ist nicht bewiesen", wiederholt der Bürgermeister die Position der Gemeinde, die schon sein Vorgänger vertrat. Andere Einflussfaktoren spielten auch eine Rolle: die Bewirtschaftung der landwirtschaftlichen Flächen oder die Hinterlassenschaften großer Vogelansammlungen im Schilf.
Eine gütliche Einigung sollte angestrebt werden
Noch vor der Verhandlung vor dem Landgericht im September 2017 hatte das Schwesternpaar die Unterschriftenaktion initiiert. Der Termin vor Gericht brachte die Parteien dazu, eine gütliche Einigung zu versuchen, alternative Lösungen für einen sauberen See zu prüfen.
Inzwischen hat die Gemeinde gehandelt, weil der technische Stand der Kläranlage Neuhütten es erforderlich machte, wie Wolf betont. Alleine wegen des Finsterroter Sees hätte die Kommune kaum so viel Geld investiert. Die Kosten beliefen sich auf 1,3 Millionen Euro, 902 000 Euro flossen als Förderung. 2021 wurde die neue Rechenanlage fertig. Die Phosphatfällung wurde 2022 optimiert, die Optimierung der biologischen Stufen folgte in diesem Jahr. 2022/23 wurden die elektrischen Anlagen mit Fernwirksystem erneuert. Damit wurden Punkte aus dem Maßnahmenkatalog, den die See-Eigentümerinnen forderten, erfüllt. Die Frage ist, wie diese der Petitionsausschuss bewertet.
Hoffnung der Lang-Schwestern: Beprobung startet wieder
Von dessen Besuch erhofft sich Lang-Kemppel, dass die Beprobung des Sees wieder aufgenommen wird, die Gemeinde den Antrag dafür stellt. 2018 hatte das Sozialministerium den Wunsch Wüstenrots abgelehnt, die Wasserqualität regelmäßig zu kontrollieren. Erst müssten geeignete Maßnahmen erfolgen. Bis Februar 2024 müsse der Antrag gestellt werden, so Wolf. Eine Wiederanmeldung als Badesee sei an Voraussetzungen geknüpft.
Seit zwei Jahren seien Blaualgen, die sich in der Vergangenheit bei großer Hitze ausgebreitet hatten, kein Problem mehr, sagt Lang-Kemppel. Auch Phosphate und Sedimente seien "nicht mehr so wichtig". Das ökologische Gleichgewicht des Finsterroter Sees nach der Entschlammung und dem Dammneubau scheine von Jahr zu Jahr zuzunehmen, beobachtet die Miteigentümerin.
Petitionsausschuss zum Dritten
Die lange Bearbeitungsdauer erklärt das Petitionsbüro damit, "dass die Gemeinde jedes Jahr eine Frist hat, um den Status zu beantragen, der die Zulassung als Badegewässer zur Folge hätte. Deshalb wurde jedes Mal zugewartet, ob das geschieht, und ob die zugesagten Maßnahmen durchgeführt werden. Der nun anberaumte Termin soll einer endgültigen Klärung in der Sache dienen."
Der Petitionsausschuss des Landtags war bereits 2004 und 2006 am Finsterroter See. Damals ging es um das Ablassen des Gewässers, die Entschlammung und die Sanierung des Damms. Dessen Standfestigkeit hatte das Landratsamt Heilbronn angezweifelt und befürchtet, der Damm halte einem Hochwasser nicht stand. Die See-Eigentümerinnen hatten sich gegen die Anordnung gewehrt. Sie befürchteten, das Gewässer nicht wieder befüllen zu dürfen. Es gab ein jahrelanges Tauziehen zwischen den Behörden und den Besitzerinnen. 2004 verschaffte ihnen der Petitionsausschuss Aufschub. Der Klageweg durch alle Instanzen blieb jedoch erfolglos. Für rund 200.000 Euro ließen die Lang-Schwestern die Arbeiten in den Jahren 2007 bis 2009 ausführen.

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