Schulen im Raum Heilbronn stehen mit israelischen Austauschpartnern in Kontakt
Das Neckarsulmer Albert-Schweizer-Gymnasium und das Öhringer Hohenlohe-Gymnasium unterhalten partnerschaftliche Beziehungen zu Schulen in Tel Aviv. Schüler und Lehrer sind erschüttert von den Ereignissen in Israel.

Erst vor drei Wochen besichtigten sie die eindrucksvolle Altstadt von Jerusalem, besuchten die staatliche Gedenkstätte des Holocausts, schossen Gruppenfotos vor dem Jaffa Clock Tower in Tel Aviv oder dem Tempelberg. Seit einigen Tagen werden die Erinnerungen der Schülerinnen und Schüler des Albert-Schweizer-Gymnasiums (ASG) in Neckarsulm überschattet von den grausamen Kriegshandlungen im Süden Israels, ausgelöst von der radikalislamischen Terrormiliz Hamas.
"Wir haben viel Kontakt zu den Lehrern, Freunden, ehemaligen Schülern vor Ort", berichtet Schulleiter Marco Haaf. In Tel Aviv fühlten sich die meisten von ihnen sicher, sind erschüttert von den Ereignissen. Welche Auswirkungen die Kriegsgeschehnisse auf den Schüleraustausch mit Israel haben wird, kann Marco Haaf nicht voraussagen. Anfang Dezember wollten die israelischen Schüler nach Neckarsulm kommen. Ob der Besuch stattfinden kann, ist fraglich.
Auch das Hohenlohe-Gymnasium in Öhringen ist in ständigem Kontakt mit der Partnerschule in Israel, berichtet Schulleiter Frank Schuhmacher. Zehn Lehrer der Partnerschule seien zum Militärdienst eingezogen worden. Er habe mit seinem direkten Ansprechpartner für den Austausch telefoniert und sei erschüttert gewesen, mit welchem Selbstverständnis der sagte, dass er jetzt sein Land verteidigen müsse. Schuhmacher: „Er ist jetzt Pressesprecher der Reservisten."
18 Öhringer Schüler und drei Lehrer fliegen nicht nach Israel
Seit vier Jahren läuft die Partnerschaft einiger Schulen in Baden-Württemberg mit Schulen in Israel. Direkte Kontakte seither gab es wenige. Denn erst erschwerte Corona den Austausch. Nun die Bombenangriffe. Im Mai, berichtet Frank Schuhmacher, seien Schüler aus Israel in Öhringen gewesen. Diesen Samstag sei der erste Gegenbesuch geplant gewesen. Daraus wird nichts. Die Schüler werden mit den Austauschschülern in Kontakt treten. Die Betroffenheit bei den Schülern sei groß. Bei den Lehrern und der Schulleitung ebenso. „Der Terror ist unfassbar. Mit nichts zu erklären“, sagt Frank Schuhmacher bedrückt.
Er hofft nun, dass der geplante Flug von der Fluggesellschaft gestrichen wird. Nicht wegen der pragmatischen Gründe, dass dann die Flugtickets erstattet würden. Nein: „Wir hätten gern eine Gutschrift, damit wir das Signal senden können, dass der Flug hoffentlich nur verschoben wird“, blickt Schuhmacher in die Zukunft. Er gibt aber nach Gesprächen mit den israelischen Kollegen zu: „So schnell wird das wohl nicht sein können. Die, mit denen ich gesprochen habe, rechnen mit einer längeren Auseinandersetzung.“
ASG-Schulleiter sieht bei Nahost-Konflikt "keine Lösung"
Die Ereignisse erschüttern den Neckarsulmer Schulleiter Marco Haaf. Er war beim ersten Besuch der Gymnasiasten in Israel vor genau einem Jahr dabei. Seine Erinnerungen an den damaligen Austausch mit der Zomer High School, der auch vom Land Baden-Württemberg gefördert und unterstützt wird, sind sehr lebendig. Am Anfang, berichtet Haaf, sei es für ihn befremdlich gewesen, dass die Schülergruppe stets in Begleitung eines bewaffneten Sicherheitsmannes und einer Krankenschwester war. Auch sonst sei auffällig gewesen, dass sich die Stadt wie in einer Blase befindet: die getrennten Schulsysteme, dass Israelis vieles nicht erlaubt ist und sie sich deshalb auch bei der Planung des Aufenthaltes vergewisserten, welche Orte sie zu welcher Tageszeit wie lange besuchen können.
Für die Israelis gehöre das zum Leben dazu, sagt Marco Haaf. Die Schülerinnen und Schüler scheinen sich damit zwar zu arrangieren, "aber für sie ist klar, dass sie nicht normal aufwachsen. Viele belastet auch, dass ihr Staat anders agieren könnte, als er es tut." Nicht umsonst habe es die Proteste vieler junger Israelis gegen die Justizreform gegeben, weil sie damit nicht einverstanden sind. Eine israelische Schülerin habe ihm erzählt, dass sie nach ihrem Abitur so schnell wie möglich ins Militär wolle, sagt Haaf, "damit sie es schnell hinter sich hat." Vieles bei dem Austausch habe ihn nachdenklich gestimmt. Trotzdem ist der ASG-Schulleiter überzeugt, dass die deutsch-israelischen Austausche für die jungen Menschen wichtig sind. "Wie sollen sie sonst mündige Bürger werden, wenn man ihnen diese Realität nicht zeigt?"
Vor der Israelreise beschäftigen sich die Schüler in einem Vorbereitungsseminar mit dem Nahost-Konflikt und der historischen Vorgeschichte. Dadurch habe man die Illusion, dass sich der Konflikt lösen lasse, sagt Marco Haaf: "Aber dann wird einem klar: Es gibt keine Lösung."
Schüleraustausch in Eppingen: Kulturen treffen aufeinander
Die Stadt Eppingen hat durch den Verein Jüdisches Leben Kraichgau seit 2010 eine freundschaftliche Verbindung mit der Stadt Zichron Yaakov in Israel, etwa 70 Kilometer nördlich von Tel Aviv. Aus dieser entstand seit dem Schuljahr 2012/2013 auch ein regelmäßiger Schüleraustausch am Hartmanni-Gymnasium – die israelischen Schüler sind aktuell zu Besuch, reisen am heutigen Mittwoch ab. "Wir stehen solidarisch an der Seite Israels und verurteilen die Gewalt und den Terror aufs Schärfste. Es ist eine außenpolitische Zäsur, die auch uns betrifft", teilt die Stadt mit.
Städtefreundschaften sollten europaübergreifend den gesellschaftlichen und kulturellen Austausch ermöglichen und sich weniger mit weltpolitischen Krisen beschäftigen müssen. "Die Freundschaft zwischen Eppingen und Zichron Yaakov hat - auch in Zeiten politischer Konflikte – genau diesen Fokus. Beim Empfang der israelischen Schüler im Rathaus wurde ganz deutlich, dass dieser Austausch eine wichtige Stütze sein kann", so die Stadt. Schüler knüpfen Freundschaften, Jugendliche geben sich Halt, Familien lernen sich kennen, Kulturen treffen aufeinander. Eine Städtefreundschaft baue auf genau diesen Begegnungen auf. "So schließen wir uns auf kommunaler Ebene den Positionen von Bund und Land an und stehen solidarisch an der Seite Israels."