Ausgesetzter Säugling war in akuter Lebensgefahr
Im Prozess gegen die 22-jährige Mutter, die am 7. September ihr neugeborenes Kind an einem Waldweg bei Schwäbisch Hall-Hessental aussetzte, hat die Schwurgerichtskammer beim Landgericht Heilbronn am Freitag die Beweisführung abgeschlossen.

"Keiner von uns hier im Raum geht davon aus, dass Sie das Kind töten wollten", sagte der Vorsitzende Richter Roland Kleinschroth.
Ohne dem Urteilsspruch der Kammer vorgreifen zu wollen, wies Kleinschroth aber darauf hin, es gebe durchaus Anzeichen dafür, dass sie den Tod des Säuglings billigend in Kauf genommen haben könnte. Immerhin bestätigte die rechtsmedizinische Gutachterin aus Ulm, Ines Ackermann, dass der Säugling die Nacht nicht überlebt hätte, wäre er nicht von Passanten gefunden und im Klinikum in Schwäbisch Hall medizinisch versorgt worden. "Der Junge wäre höchstwahrscheinlich gestorben."
35-jährige findet das ausgesetzte Kind
Sein Leben verdankt das Baby demnach einer 35-jährigen Auszubildenden aus Schwäbisch Hall. Sie fand das Kind in der weißen Wanne, als sie mit Tochter und Hund auf dem Weg durch den Wald zu einem Gemüseladen war. Als sie die Wanne sah, dachte sie erst, jemand haben seinen Müll abgeladen. Aber dann habe sie eine Bewegung gesehen und schließlich das Kind entdeckt, das nur mit einer Windel bekleidet auf dem Rücken lag.
Schließlich habe sie einen Notruf abgesetzt, das Kind in den Arm genommen und mit einer Decke aus ihrem Kinderwagen eingewickelt. "Sie haben alles richtig gemacht, was man richtig machen kann", sagte der Vorsitzende Richter. Und auch die Angeklagte bedankte sich über ihre Anwältin Anke Stiefel-Bechdolf bei der Zeugin.
Der psychiatrische Gutachter vom Klinikum am Weißenhof, Dr. Thomas Heinrich, attestierte der Angeklagten volle Schuldfähigkeit. Eine akute Belastungsreaktion könne zwar bei jedem Menschen auftreten. Der Zeitraum, in dem die Beschuldigte das Kind aber sich selbst überlassen habe, um es dann am Ende auszusetzen, spreche gegen eine solche Reaktion.
Offenbar am frühen Morgen des 7. September brachte die Angeklagte das Kind in ihrer Wohnung zur Welt. Bis dahin habe sie nichts von der Schwangerschaft bemerkt. "So etwas kann man sich nicht vorstellen, aber kommt es immer wieder vor, dass eine Schwangerschaft erst bei der Geburt bemerkt wird", so die gerichtsmedizinische Gutachterin.
Nach der Geburt fuhr die Mutter zur Arbeit. Ihr Baby habe sie über Stunden hinweg auf dem Rücksitz ihres Autos gelassen. Offenbar verließ sie ihren Arbeitsplatz früher als sonst und kaufte Windeln, Schnuller und Babynahrung. Danach setzte sie ihr Kind aus.
Die Verhandlung wird am Dienstag, 12. April, fortgesetzt. Dann halten Staatsanwaltschaft und Verteidigung ihre Plädoyers.