Zeugenbericht der Reichspogromnacht: Aus dem Tagebuch des Heilbronner Bürgermeisters Emil Beutinger
Ein packender Zeitzeugenbericht des damaligen Heilbronner Oberbürgermeisters zur Reichspogromnacht am 9./10. November 1938.

"Am 10. November brannte morgens die Synagoge ab. Um 7.15 Uhr war die Kuppel eingestürzt und es brannte im Inneren weiter – Brandstiftung, denn gleichzeitig brannten alle Synagogen in Deutschland, mit ganz wenigen Ausnahmen. Um halb 4 Uhr morgens ertönten einige schwere Schläge wie Kanonenschläge, das waren Brandbomben. Die Feuerwehr sah untätig zu. Es war ,die Rache des Volkes" über den Mord an dem Botschaftsrat vom Rath in Paris." So schreibt der damalige Oberürgeremeister Emil Beutinger (1885-1957) in seinem Tagebuch, das erst seit 2018 im Stadtarchiv öffentlich einsehbar ist.
Und weiter: "Nachmittags um 4 Uhr wurde ich telefonisch gewarnt, nicht nach Hause zu gehen – ich würde überfallen werden. In der Nacht hatte man Schaufenster der Judengeschäfte eingeschlagen, Auslagen demoliert."
(...) "Auf den Gehwegen lagen in hohen Haufen Scherben. Der Mob vergnügte sich, Steine in Fenster zu werfen. Aber die Masse der Bevölkerung stand ablehnend diesem Treiben gegenüber. Einzuschreiten getraute sich niemand – ebenso wenig wie die Polizei, welche teilnahmslos zusah. Wer aber gegen die Sache etwas zu äußern wagte, wurde verhaftet. Alle erwachsenen jüdischen Männer unter 60 Jahren wurden ins Konzentrationslager gebracht."