Aquatoll: Gebäude kommt nicht unter Denkmalschutz
Wie es mit dem Aquatoll in Neckarsulm weitergeht, ist völlig offen. Klar ist aber: Ein Abriss ist jetzt wieder möglich.

Die Blicke der Aquatoll-Fans haben sich nach Stuttgart gerichtet. Denn dort haben sich die Experten des Denkmalschutzes mit dem Aquatoll befasst. Klar war: Wäre das Gebäude unter Schutz gestellt worden, hätte man alles weitere im Bestand realisieren müssen.
Jetzt teilt das Regierungspräsidium in Stuttgart (RP) mit: Das Aquatoll in Neckarsulm sei kein Kulturdenkmal. So beantwortet die Behörde eine Anfrage von stimme.de. Das heißt dann auch: Jetzt ist sogar wieder ein Abriss möglich, sollte sich kein Betreiber für die Anlage finden.
Die Denkmalschützer erkennen Besonderheiten an
Nach Angaben der RP-Pressestelle hat sich das Landesamt für Denkmalpflege im Regierungspräsidium dem Freizeitbad Aquatoll in Neckarsulm eingehend beschäftigt. Das sei zur Zeit der Fertigstellung im Schwimmbad- sowie Stahlbaubereich viel beachtet gewesen. "Es wurde eingehend besichtigt, und Publikationen und Originalquellen wurden ausgewertet." Das RP betont: Das von 1986 bis 1990 errichtete Freizeitbad habe "mit dem neuartigen Wildwasserfluss, der Glaskuppel des Ingenieurbüros Schlaich, Bergermann und Partner sowie der Kunst des Bildhauers Peter Lenk durchaus Beachtung in der Architektur gefunden".
Bereits zeitgenössisch sei in der Fachwelt die architektonische Gestaltung kritisiert worden, vor allem das mangelnde Zusammenspiel der ingenieurstechnischen Anlage der Kuppel mit dem übrigen Bau. Diese Kritik könne auch heute noch nachvollzogen werden: Das Aquatoll sei ein ambitioniertes Projekt der Stadt Neckarsulm gewesen, "jedoch wirken viele seiner Elemente additiv zusammengesetzt". Vergleichbare Bauten aus dem gleichen Entstehungszeitraum wiesen ähnliche Gestaltungs- und Ausstattungselemente auf, gingen aber auch nicht über das gestalterische Maß der Zeit hinaus. "Dieser Umstand mag der Bauaufgabe beziehungsweise der Erwartungshaltung an den Bau geschuldet sein."
Laut RP gibt es bessere Bäder
Wie das RP betont, gehe es bei Freizeitbädern um die Schaffung eines hellen Raums, in dem möglichst viele Wasserattraktionen untergebracht werden. "Das Wasser und das Vergnügen und nicht die Architektur stehen im Vordergrund", betont das RP. Vor dem Hintergrund der reichhaltigen Bäderkultur Baden-Württembergs könne das Aquatoll "daher als architektonisches Dokument oder Zeugnis einer speziellen Bauaufgabe und einer Epoche nicht vollständig überzeugen. "Es sind architektonisch weitaus anspruchsvollere Bäderbauten entstanden wie das Kuppelbad der Cassiopeia-Therme in Badenweiler, die Limes-Thermen in Aalen oder das Solemar in Bad Dürrheim mit seiner zeltartigen Dachkonstruktion aus Holz."
Weiter sei gerade das tragende Element in Neckarsulm, die vielbeachtete Glaskuppel, durch die Erweiterung 2008 entscheidend verändert worden und damit die Authentizität wesentlich geschmälert: Damals sei die Südfassade im bauzeitlichen Stil verlängert worden, "was zu einer erheblichen Veränderung der Proportionen führte". Nach den Umbauten ist nach Ansicht der Denkmalschützer die Kuppel nicht mehr das dominante Gestaltungselement der zentralen Ansicht des Bades, als das sie geplant wurde.
Insgesamt gelangt das Landesamt für Denkmalpflege nach Angaben des RP zu der Auffassung, "dass die mangelnde Originalität und Integrität des Baus sowie sein fehlender dokumentarischer Wert für den Schwimmbadbau dieser jungen Architekturepoche nicht die Erhaltung im öffentlichen Interesse rechtfertigen kann". Somit fehle dem Freizeitbad die für eine Denkmalwürdigkeit und damit die für die Kulturdenkmaleigenschaft nach Denkmalschutzgesetz von Baden-Württemberg notwendigen Merkmale und Eigenschaften. "Das öffentliche Erhaltungsinteresse ist nicht gegeben, es handelt sich damit um kein Kulturdenkmal."