Langwieriges Verfahren wegen mutmaßlichen Missbrauchs in Physiopraxis
Ein ehemaliger Mitarbeiter einer Physiopraxis im Landkreis Heilbronn soll Frauen während der Behandlung sexuell missbraucht haben. Warum das Verfahren gegen ihn so lange dauert.

Ein ehemaliger Mitarbeiter einer Physiopraxis im Landkreis Heilbronn steht weiterhin im Verdacht, Frauen während der Behandlung sexuell missbraucht zu haben. Der Mann bestreitet den Vorwurf. Ein Urteil des Heilbronner Amtsgerichts im August des vergangenen Jahres ist nicht rechtskräftig. Nun ist das Verfahren auf das Jahr 2025 verschoben worden. Dabei nimmt der Vorgang schon einige Jahre in Anspruch.
Mutmaßlicher Missbrauch in Physiopraxis: Die angegebene Tat soll sich bereits im Jahr 2020 ereignet haben
Eine Frau wird eigenen Angaben zufolge im Jahr 2020 Opfer eines sexuellen Übergriffs. Sie zeigt den Mann an. Die Polizei ermittelt. Die Staatsanwaltschaft Heilbronn prüft die Akten und erhebt Anklage. 2023 dann verurteilt das Amtsgericht den Beschuldigten zu sieben Monaten Gefängnis und setzt die Strafe zur Bewährung aus.
Damit ist die Sache nicht erledigt. Der Beschuldigte legt nach dem Schuldspruch Berufung gegen das Urteil ein. Dieses Frühjahr sollte das Gericht erneut über den Fall verhandeln. Bevor es dazu kommt, bescheinigt ein Amtsarzt dem Mann, verhandlungsunfähig zu sein. Das Gericht schiebt das Verfahren ins Jahr 2025 - fünf Jahre nach der mutmaßlichen Tat.
Mutmaßliches Opfer fühlt sich allein gelassen und spricht von einer großen Belastung
Nach dem amtsärztlichen Befund sei es angezeigt, erst nächstes Jahr zu prüfen, ob eine Hauptverhandlung stattfinden kann, teilt Michael Reißer, Sprecher des Amtsgerichts, mit. Er räumt ein: Dass in einem amtsärztlichen Attest die Dauer einer Verhandlungsunfähigkeit derart konkret angegeben werde, sei eher untypisch.
Das langwierige Verfahren belastet das mutmaßliche Opfer. "Ich stehe völlig allein da", sagt die Frau. Solange der ganze Prozess andauere, könne sie mit dem Erlebten nicht abschließen. Mit jedem Brief, den sie zu dem Geschehen erhalte, müsse sie wieder in die Geschichte eintauchen. Als der zunächst für dieses Frühjahr anberaumte Verhandlungstermin kurz bevorstand, habe sie Magenschmerzen gehabt.
Die Staatsanwaltschaft hat in einem weiteren Verdachtsfall Anklage erhoben
Dass ein Verfahren nicht abgeschlossen wird, weil ein Beschuldigter verhandlungsunfähig ist, sei eine große Ausnahme, sagt Gerichtssprecher Reißer. Dieser Fall sei ungewöhnlich, gerade die lange Dauer. Solche Ausnahmekonstellationen kämen aber hin und wieder vor.
Bei der Staatsanwaltschaft Heilbronn ist während der langen Verfahrensdauer eine weitere Anzeige gegen den Mann eingegangen. Auch in diesem Fall hat die Behörde Anklage erhoben. Nach Angaben von Mareike Hafendörfer, Sprecherin der Staatsanwaltschaft, soll es im Jahr 2016 zu drei ähnlichen Taten gekommen sein. Auch hier lautet der Vorwurf sexueller Missbrauch unter Ausnutzung eines Behandlungsverhältnisses einer damals 17-Jährigen. Dieses Verfahren sei mit dem bestehenden verbunden worden. Nach Angaben des Gerichts ist der Beschuldigte aufgrund des ärztlichen Befunds nicht mehr in der Physiopraxis tätig.