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Alternativen zur Batterie gibt es schon

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China macht es vor. Innerhalb weniger Jahre wurden dort mehr als 100.000 E-Busse produziert und auf die Straße gebracht. In Deutschland sind bislang 274 zugelassen. Einer davon in Heilbronn.

Da die Diskussion um die Elektromobilität hierzulande aber gerade an Fahrt aufnimmt, ist China möglicherweise schon wieder einen Schritt weiter. Die Beratungsfirma JSC Automotive in Shanghai wies vor wenigen Wochen darauf hin, dass China zumindest teilweise vom Elektroauto wegmöchte – hin zu synthetischen Kraftstoffen und Wasserstoff. Dr. Olaf Toedter vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT) fordert: „Wir brauchen gesetzliche Klarheit.“

Schwer zu vergleichen

Noch gelten in erster Linie E-Fahrzeuge als emissionsfrei. Doch die Betrachtungsweise ist hier entscheidend, wie Toedter beim Kongress des Verbands Baden-Württembergischer Omnibusunternehmer (WBO) in Heilbronn ausführt. Tank to wheel (von Tank bis zum Rad), well to wheel (vom Bohrloch/der Energiequelle bis ans Rad) oder cradle to grave (von der Wiege bis zur Bahre) sind hier die Stichworte. Denn bisher wird der Flottenverbrauch daran gemessen, was hinten am Auto rauskommt. Das lässt außer Acht, dass die Stromproduktion ebenso CO2 verursacht wie die Herstellung der Fahrzeuge und insbesondere der Batterien. Doch insbesondere der gesamte Lebenszyklus kann noch kaum mit belastbaren Zahlen unterfüttert werden.

Die Herstellung von E-Fuels verschlingt viel Energie

Wie wichtig die unterschiedlichen Betrachtungsweisen sind, zeigt sich gerade bei den synthetischen Kraftstoffen, den sogenannten E-Fuels. Am Auspuff setzen sie nur jenes CO2 frei, das der Atmosphäre vorher entzogen oder zumindest vorenthalten wurde. Damit sind sie in dieser Hinsicht CO2- neutral. Doch gleichzeitig muss für die Herstellung dieser Kraftstoffe vier- bis fünfmal mehr Energie aufgewendet werden als für die vergleichbare Ladung einer Batterie. Das könne sich in den nächsten Jahren noch etwas verbessern. „Aber wenn wir das Thema nicht ganzheitlich betrachten, lügen wir uns etwas in die Tasche“, sagt Kraftstoffspezialist Toedter.

So hat beispielsweise ein mit reinem Wasserstoff angetriebener Lkw die höchsten Emissionen, wenn die Energie für die Produktion des Wasserstoffs aus Kohlekraftwerken stammt. Und er hat die geringsten Emissionen, wenn nur erneuerbare Energien dafür genutzt werden. Für Toedter ist deshalb klar, dass wir die Produktion großer Mengen E-Fuels nicht auf Dauer in Deutschland stemmen können. „Wir werden auch in Zukunft Energieträger importieren müssen.“ Ob Südeuropa, Afrika oder die Länder, die heute das Öl aus dem Boden holen – das sei offen. Um jedoch in einigen Jahren wirklich das Potenzial nutzen zu können, müssten heute schon die verlässlichen Rahmenbedingungen geschaffen werden, um Investitionen auszulösen.

Das E10-Desaster soll sich nicht wiederholen

E-Fuels könnten dann genauso wie Diesel, Benzin oder Erdgas mit Verbrennermotor gefahren werden. Die Voraussetzungen gerade in Baden-Württemberg seien für die alternativen Kraftstoffe ausgezeichnet, sagt Toedter. „Wir haben die Energieversorger, die Kraftstoffsynthese, die Hersteller, die Zulieferbetriebe – wir haben alles hier.“ Die beteiligten Stellen und die Politik müssten sich aber einig sein, sonst würde die Einführung schnell zu einem ähnlichen Desaster wie E10 vor neun Jahren.

Damals kamen Befürchtungen um die Motortechnik zusammen mit ethischen Bedenken wegen der angeblichen Bioethanol-Produktion aus Nahrungsmitteln und übertrieben dargestellten Effizienz-Nachteilen. Für die neuen synthetischen Kraftstoffe gibt Toedter Entwarnung: Was er getestet habe, sei qualitativ besser als herkömmlicher Kraftstoff. Ganz einfach zusammengefasst: „Das Zeugs fährt klasse.“

 

 

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