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Als im Heilbronner Luftschutzstollen Babys auf die Welt kamen

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Wo es in der Stadt Heilbronn Bunker und Anlagen zum Schutz vor Bombenangriffen gab. Nutzbar sind sie heute nicht mehr. Wegen Einsturzgefahr wurden unterirische Räume in Sontheim mit Flüssigbeton verfüllt.

von Carsten Friese
Das Foto zeigt den zugemauerten Eingang in den ehemaligen Luftschutzstollen in der Heilbronner Oststraße.
Das Foto zeigt den zugemauerten Eingang in den ehemaligen Luftschutzstollen in der Heilbronner Oststraße.  Foto: Privat

Der Krieg in der Ukraine hat ein fehlendes Schutzraum-System in Deutschland in den Fokus gerückt. Nach Ende des Kalten Krieges wurde das Konzept vom Bund aufgegeben, die Schutzbunker rückabgewickelt und nicht mehr instand gehalten.

Wo es in der Stadt Heilbronn früher Schutzräume gab? Der Hochbunker auf der Theresienwiese (Theresienturm) ist bekannt. Er böte nach Einschätzung von Joachim Hennze von der Unteren Denkmalschutzbehörde zwar durchaus Platz für 100 bis 150 Menschen. Aber: Man müsste vor Ort den Zugang und die Wasserversorgung ertüchtigen. Hennze ist sehr skeptisch, ob der Turm heutigen Waffen standhalten würde.

Schutzbunker, die ohne großen Aufwand kurzfristig aktiviert werden könnten, kennt er nicht in Heilbronn. Es gibt zwar ein Bunkersystem in direkter Nähe des Wollhauses. Aber: Zuletzt gab dort nach Recherchen der Stimme im Jahr 2017 nicht einmal Licht. Das Gewölbe ist eine Sackgasse, hat nur einen Zugang. Hier fanden im Zweiten Weltkrieg gut 300 Personen Schutz.

Ecke mit Notbetten für Hochschwangere

Einen Zugang zu einem alten Luftschutzstollen gab es in der Oststraße. Der Eingang zu dem Gewölbe ist zubetoniert. In den 1960er Jahren waren laut einem Dokument noch 45 solcher Stollen in Heilbronn aufgelistet - viele in Privatbesitz.

Auch in Sontheim gab es Luftschutzbunker.
Auch in Sontheim gab es Luftschutzbunker.  Foto: Friese

Auch in Sontheim gab es ein Stollensystem als Zufluchtstätte bei Bombenangriffen. "Es wurde von Bürgern und Zwangsarbeitern weit in den Berg hineingetrieben", weiß Wolfram Rudolph vom Sontheimer Offenen Kreis. Heute "ist es nicht mehr nutzbar". Die Stollen seien zum Teil mit Flüssigbeton verfüllt worden - auch aus Gründen der Einsturzgefahr.

Obendrüber soll das ersehnte Neubaugebiet Klingenäcker demnächst Gestalt annehmen. In dem Stollensystem, das einen Zugang an der Lauffener Straße hatte, sind in den Kriegsjahren auch Babys auf die Welt gekommen. Eine Ecke mit Notbetten war für Hochschwangere eingerichtet. Nur provisorisch war die Fläche mit Jutesäcken als kleinem Sichtschutz abgetrennt.


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Was bleibt, sind viele private Kellerräume in der Stadt oder Tiefgaragen, die im Notfall als kurzfristige Schutzräume genutzt werden könnten. Für die Theater-Tiefgarage wird in älteren Dokumenten ein ausgebauter Luftschutzraum genannt. Räume tief unter der Erde und ein gutes Luftaustauschsystem wären wichtig. Als britische Bomber Heilbronns Altstadt am 4. Dezember 1944 zerstörten, starben viele Bürger auch in Kellerräumen. Tödliches Kohlenmonoxid war nach dem Abwurf Tausender Brandbomben in die Keller eingedrungen.

Nirgends ein öffentlich nutzbarer Schutzraum? Den kennt auch der Heilbronner Ortsverband des Technischen Hilfswerks nicht. Ihm sei "nichts Intaktes" mehr bekannt, stellt der kommissarische THW-Leiter Daniel Edinger fest.

 

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