Ärzte ermutigen zu Impfung mit Astrazeneca
Für über 60-Jährige gibt es keine besonderen Risiken. Ärztesprecher Martin Uellner beobachtet trotzdem eine gesunkene Impf-Bereitschaft, was das Vakzin von Astrazeneca angeht.

Das Internet ist voll von Berichten über Menschen über 60 Jahre, die zwar impfberechtigt sind, aber eine Impfung mit dem Vakzin von Astrazeneca ablehnen. Zu groß ist offenbar die Verunsicherung, die bei einigen geblieben ist, nachdem in Zusammenhang mit der Gabe des Vektor-Impfstoffs sehr seltene Hirnvenenthrombosen aufgetreten waren und das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) die Impfung kurzzeitig ausgesetzt hatte.
Auch in der Region gibt es einige Skepsis, das zeigen unter anderem Leserbriefe an die Stimme-Redaktion. Der Schwaigerner Arzt Ulrich Enzel, der sich bundesweit in Sachen Impfaufklärung engagiert, berichtet ebenfalls von "hysterischen, panischen Reaktionen". Dabei ist für Enzel völlig klar: "Eine Covid-Erkrankung ist sehr viel gefährlicher als alles, was möglicherweise durch eine Impfung drohen könnte."
Nicht allein auf extrem seltene Nebenwirkungen fokussieren
Man dürfe doch die Risiken der Krankheit nicht aus den Augen verlieren und sich stattdessen allein auf die "extrem seltenen Nebenwirkungen bei der Impfung" fokussieren, sagt er. Für die Gruppe der über 60-Jährigen, für die der Impfstoff in Deutschland empfohlen ist, gelte ohnehin: "Der Impfstoff kann völlig gefahrlos verimpft werden, in dieser Altersgruppe sind keine Probleme aufgetreten."
Auch Martin Uellner, Heilbronner Ärztesprecher und Pandemiebeauftragter sagt: "Für über 60-Jährige ist das ein guter Impfstoff." Gleichzeitig sei es Fakt: "Die Bereitschaft, sich mit Astrazeneca impfen zu lassen, ist gesunken, das ist nicht wegzudiskutieren."
Drosten kritisiert, dass Impfberechtigte das Präparat auswählen wollen
Der Charité-Virologe Christian Drosten hatte sich in seinem jüngsten NDR-Podcast kritisch zu älteren Impfberechtigten geäußert, die das Vakzin ablehnen und stattdessen warten, bis sie das Präparat von Biontech/Pfizer bekommen können. "Da muss man wirklich sagen, dann nimmt man im Juni einem Jüngeren die Impfung weg. Und das ist wirklich nicht in Ordnung", so der Virologe. "Ich finde es nicht gut, wenn Ältere jetzt an dieser Stelle wählerisch sind."
Doch das Thema könnte sich nach Meinung von Martin Uellner demnächst ohnehin etwas relativieren. Biontech habe in den vergangenen Tagen so große Liefermengen angekündigt, dass er davon ausgeht, dass der Großteil des in den kommenden Wochen ausgelieferten Impfstoffs von diesem Hersteller kommen wird. Das sei auch von der Regierung so gewollt und werde an die Ärzte so kommuniziert, sagt er: Durch weniger aufwendige Aufklärung verspreche man sich eine Beschleunigung beim Impfen. Es sei jedoch völlig klar: "Wenn Astrazeneca-Impfstoff da ist, sollte er auch vollständig verimpft werden."
In Sachsen ist die Priorisierung für den Impfstoff von Astrazeneca aufgehoben
Sachsen hat gestern als erstes Bundesland die Impf-Priorisierung für das Vakzin von Astrazeneca komplett aufgehoben. Ab sofort können sich alle Bürger nach einer ausführlichen Aufklärung in einer Arztpraxis damit impfen lassen.
Impfkampagne in Deutschland hat nach Ostern deutlich Fahrt aufgenommen
Die Impfkampagne insgesamt hat in Deutschland kräftig Fahrt aufgenommen. Am Dienstag meldete das Robert-Koch-Institut (RKI), dass 20,2 Prozent der etwa 83 Millionen Menschen mindestens eine Dosis bekommen haben - also rund jeder Fünfte. Zu dieser Beschleunigung hat unter anderem das Einbeziehen von Hausarztpraxen nach Ostern beigetragen. Bis zum Ende des Sommers hat die Politik ein Impfangebot für jeden Erwachsenen in Aussicht gestellt. Ob das klappt, lässt sich jedoch schwer vorhersagen, das haben die vergangenen Monate gezeigt.
Die Frage ist: Kommen die angekündigten Liefermengen und weiteren Impfstoff-Zulassungen wie erhofft? Aus Deutschland ist der mRNA-Impfstoff der Tübinger Firma Curevac im Zulassungsverfahren - mit einer Entscheidung wird laut Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) zum Ende des zweiten Quartals gerechnet. Eine weitere Unwägbarkeit sind Virusvarianten. Derzeit sorgen Meldungen über den in Indien verbreiteten Untertyp B.1.617 bei einigen Experten für Besorgnis. Möglicherweise, so die Furcht, könnten Geimpfte und Genesene vor einer Ansteckung mit dieser Variante weniger gut geschützt sein.