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Kurz vor dem Ruhestand: Talheimer ärgert sich über Deutsche Rentenversicherung

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Einem 65-Jährigen aus Talheim wird kurz vor Rentenbeginn mitgeteilt, dass angeblich eine Lücke in seinem Versicherungsverlauf besteht. Was folgt, sei ein Beispiel für "galoppierenden Bürokratismus".

Versicherte erhalten regelmäßig vor Beginn des Ruhestands Informationen zu Beitragzahlungen und die Höhe der zu erwartenden Altersrente. Ob tatsächlich alle Daten korrekt erfasst sind, sollten Beschäftigte frühzeitig klären lassen.
Foto: dpa
Versicherte erhalten regelmäßig vor Beginn des Ruhestands Informationen zu Beitragzahlungen und die Höhe der zu erwartenden Altersrente. Ob tatsächlich alle Daten korrekt erfasst sind, sollten Beschäftigte frühzeitig klären lassen. Foto: dpa  Foto: Felix Kästle

Jürgen Strohhäcker aus Talheim ist seit 1. Oktober in Rente. Den Rentenantrag stellt er im Dezember 2022. Der Bescheid lässt allerdings auf sich warten. Nur wenige Tage vor dem angestrebten Beginn des Ruhestands fordert die Deutsche Rentenversicherung des Bundes (DRV) plötzlich Unterlagen zu einer längeren Krankenphase Strohhäckers im Jahr 2011. Erst einen Tag vor Renteneintritt, am Samstag, 30. September, erhält der Talheimer das wichtige Dokument. "Ein unmöglicher Vorgang", sagt der 65-Jährige.

 


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Für ihn steht das Erlebte sinnbildlich für einen "galoppierenden Bürokratismus". Dabei fordern einige Politiker, Wirtschafts- und Sozialverbände seit Jahren den Abbau langwieriger Verfahrens- und Verwaltungswege. Die Bearbeitung eines Antrags auf Altersrente dauere im Durchschnitt weniger als zwei Monate, teilt eine Sprecherin der DRV mit. Rentenbescheide würden schnellstmöglich bearbeitet. "Leider liegen oft erst kurz vor Rentenbeginn die Entgeltmeldung der Arbeitgeber oder anderer Sozialleistungsträger vor."

Plötzlich klafft bei Talheimer Rentner Lücke im Versicherungsverlauf

Nachdem Strohhäcker im Dezember 2022 den Rentenantrag gestellt hat, wartet er. Mit der Zeit wird er unruhig. Wann kommt der Bescheid? Zwei Monate vor Rentenbeginn greift er zum Telefon. Er landet in der Warteschleife. "Es hat eine halbe, dreiviertel Stunde gedauert, bis ich durchkam." Ein Mitarbeiter der Rentenversicherung habe ihm gesagt, bis Ende September sei es noch lange hin, und alle notwendigen Unterlagen lägen vor.

 


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Drei Tage nach dem Anruf erhält Strohhäcker jedoch einen Brief der Deutschen Rentenversicherung. Darin steht, es fehlten Belege für die Arbeitsunfähigkeit im Juli 2011. Damals sei er im Krankenhaus und anschließend in einer Reha gewesen, berichtet Strohhäcker. Die Reha-Zeiten sind offensichtlich im Versicherungsverlauf berücksichtigt, der Krankenhausaufenthalt angeblich nicht.

Verschickte die Deutsche Rentenversicherung ein fehlerhaftes Info-Schreiben?

Die DRV versendet regelmäßig Renteninformationen an ihre Versicherten. "Arbeitnehmer und auch alle anderen Beitragszahlende wie Selbstständige oder freiwillig Versicherte erhalten ab dem 27. Lebensjahr jährlich eine Renteninformation zugesandt, sofern bereits für 60 Monate Beiträge eingezahlt wurden", erklärt die DRV-Sprecherin. Ab einem Alter von 55 Jahren werde alle drei Jahre eine ausführliche Rentenauskunft versandt. Diese ersetzt die Renteninformation. Versicherte erhielten regelmäßig Hinweisschreiben zur Kontenklärung. In den entsprechenden Anschreiben werde auf Fehlzeiten hingewiesen.

Dass eine Lücke in seinem Versicherungsverlauf klaffen soll, erfährt Strohhäcker allerdings erst jetzt. Er sucht die angeforderten Belege über den Krankenhausaufenthalt im Jahr 2011 heraus, sendet sie nach Berlin. Dann hakt er erneut nach. Die Belege seien eingegangen, habe es geheißen, nun warte man auf eine schriftliche Bestätigung der Krankenkasse. Ein paar Tage vor Rentenbeginn teilt die Krankenkasse Strohhäcker mit, dass Unterlagen seines Krankenhausaufenthalts 2011 nicht mehr im System seien.

 


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Die Krankenkasse habe einfach nach Berlin gemeldet, er habe kein Krankengeld bezogen. "Ich hatte aber das Originalschreiben der Kasse", sagt der Talheimer im Gespräch mit dieser Redaktion. "Dieses Theater hin und her, dieses Herumgeeiere geht an die Nerven." Er habe in der Personalabteilung seines Arbeitgebers nachgefragt, ob er überhaupt wie geplant am 1. Oktober in Rente gehen könne.

Zahl der Beschwerden über Rentenversicherungsträger geht nach oben

Aus dem Rentenbescheid, der Strohhäcker seit Samstag vorliegt, geht nun hervor, dass sein Krankenhausaufenthalt 2011 als Fehlzeit eingetragen ist und Beiträge nicht berücksichtigt sind. Auswirkungen auf die Höhe seiner Rente habe das wohl nicht, sagt er. Aber was, wenn jemand längere Zeit krank ist, fragt er.

Kritik wegen der schleppenden Bearbeitung von Anträgen, Klagen über zu späte Zahlungen und eine mangelhafte telefonische Erreichbarkeit – Strohhäckers Erfahrung scheint kein Einzelfall zu sein. Die Zahl der Beschwerden über Rentenversicherungsträger wie DRV Bund, aber auch Knappschaft-Bahn-See oder Künstlersozialkasse ist 2022 stark gestiegen. Beim Bundesamt für Soziale Sicherung (BAS) gehen vergangenes Jahr 3477 Beschwerden ein, berichtet ein Sprecher. Ein Plus von 43 Prozent gegenüber dem Jahr davor. Tendenz 2023: Im Zeitraum vom 1. Januar bis 31. August ist die Zahl mit 2855 Beschwerden jetzt schon höher als im gesamten Jahr 2021.

Tipps für Versicherte zur Renteninformation

Berechnungsgrundlage: Das eigene Rentenkonto bei der Deutschen Rentenversicherung (DRV) ist die Berechnungsgrundlage für die spätere Rente. Dort sind die Beitragszahlungen eines Arbeitnehmers oder Selbstständigen gespeichert.

Anrechenbare Zeiten: Ausbildungszeiten oder Kindererziehungszeiten sowie Zeiten für die Pflege von Angehörigen sollten im Rentenkonto lückenlos hinterlegt sein.

Kontoklärung: Die Deutsche Rentenversicherung Bund schickt Versicherten regelmäßig Informationen zum Stand ihres Kontos und informiert in den Schreiben, falls Angaben fehlen. Beratungsstellen der DRV helfen bei der Kontoklärung und informieren individuell, welche Nachweise noch einzureichen sind.

Abschläge: Wer vorzeitig in Rente geht, muss mit Abschlägen bei der monatlichen Rentenzahlung rechnen. Der Abschlag beträgt für jeden vorgezogenen Monat 0,3 Prozent. Diese Abschläge lassen sich ab einem Alter von 50 Jahren durch Sonderzahlungen ganz oder teilweise ausgleichen.

Arbeiten im Ausland: Wer im Ausland arbeitet, ist in der Regel auch in dem jeweiligen Land rentenversichert. Es kann sinnvoll sein, die Versicherungspflicht in Deutschland zu beantragen oder sich freiwillig zu versichern. Wer zeitlich befristet von seinem Arbeitgeber im Ausland eingesetzt wird, bleibt in Deutschland versicherungspflichtig.

Beratung: Eine Beratungsstelle der Deutschen Rentenversicherung befindet sich in Heilbronn am Friedensplatz 4, Telefon 07131/60880.

 

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