Ab Samstag ist Heilbronn Universitätsstadt
Der Titel Universitätsstadt ist für Heilbronn keine Anerkennung für Geleistetes, sondern ein Symbol der Verheißung. Der Aufbruch rund um den Bildungscampus geht mit hoher Geschwindigkeit weiter.

Heilbronn bekommt am Samstag einen Satz neue Ortsschilder. Mit der Ergänzung "Universitätsstadt" werden Besucher künftig begrüßt. 220 Jahre nach dem Verlust der Rechte als "Reichsstadt" steht dieser neue Titel für alles, was hier noch möglich sein soll. Für Oberbürgermeister Harry Mergel ist die Entwicklung Heilbronns zur Studenten-, Hochschul- und Unistadt "die nachhaltigste Entwicklung für die Zukunftsfähigkeit unserer Stadt". Und er freue sich natürlich "über die vielen jungen Menschen, die unsere Stadt bereichern".
Kein Wort vom Stifter Dieter Schwarz
Von demjenigen, der die Chancen einer solchen Entwicklung frühzeitig erkannte und mit viel Geld förderte, ist auch zu diesem Tag nichts zu erfahren. Der "Stifter", wie er häufig nur genannt wird (als ob man seinen Namen besser nicht erwähnte) äußert sich öffentlich grundsätzlich nicht.
Was Dieter Schwarz mit seiner Heimatstadt vorhat, die er seit rund 20 Jahren mit mit Millioneninvestitionen unterstützt, ist trotzdem kein Geheimnis. Es geht darum, hier ein Umfeld zu schaffen, das Innovationen begünstigt, von dem die Wirtschaft der gesamten Region profitiert.
Das Engagement für die TU München geht weiter
Wird das mit "Universitätsstadt" alles zusammengefasst? Wahrscheinlich nicht. Doch der Geschäftsführer der Dieter-Schwarz-Stiftung, Reinhold Geilsdörfer, sagt: "Wir freuen uns, dass Heilbronn diese Adelung bekommt. Und wir arbeiten weiter daran, dass die Stadt den Titel zu Recht trägt." Also noch mehr Uni für Heilbronn?
Konkrete Aussagen gibt es von der Stiftung dazu nicht. Doch offenbar soll es nicht bei den langfristig finanzierten 20 Professuren für die die Technische Universität München (TUM) bleiben, mit denen die bayerische Uni nach Heilbronn gelockt wurde.
Alles bewegt sich in Richtung Digitalisierung
Damit würde sich die Frage stellen, wie es mit der TUM in Heilbronn weitergeht. Bleibt die Technische Uni hier beim engen Fokus auf den Wirtschaftswissenschaften? Oder werden im Sinne der Digitalisierung neue Schwerpunkte gesetzt? Künstliche Intelligenz und IT spielen bereits an der Hochschule, an der DHBW und bei wissenschaftlichen Einrichtungen im Umfeld eine wachsende Rolle.
Vieles ist im Fluss. Die Universität war nicht nur Voraussetzung für den Titel Universitätsstadt, sondern mit ihr steht und fällt auch vieles im Umfeld. Geilsdörfer betont, dass alle Bausteine des Bildungs- und Forschungssektors in der Stadt zusammengehören und sich nun auch zusammen weiterentwickeln müssen. Das passiert. "Ein Fraunhofer-Institut und das Steinbeis-Institut sind wegen der TU München hier", sagt Geilsdörfer. Und die Stiftung sei in Verhandlungen mit weiteren Instituten, die nach Heilbronn kommen könnten.
Von der Idee zum Titel
Mit dem Baustart des Bildungscampus vor zehn Jahren war die Vision verbunden, Heilbronn zur "Wissensstadt" zu machen. Weder dieser Name noch die "Hochschulstadt" durften imagefördernd auf ein Ortsschild geschrieben werden. Beim Antrag auf die "Universitätsstadt" lenkte die Landesregierung im Dezember vergangenen Jahres ein.
Auch die Hochschule will kräftig wachsen - mit IT
An den Hochschulen wird im Hintergrund fleißig geplant und verhandelt. Angesichts rückläufiger Studentenzahlen wachsen die Bäume hier von Landesseite nicht in den Himmel. Trotzdem könnte sich in Heilbronn bei allen Hochschularten noch etwas nach vorn bewegen. Bei der DHBW gibt es nach der Einigung mit Mosbach nun mehr Spielraum bei der Digitalisierung.
Und in die gleiche Richtung geht es auch an der Hochschule Heilbronn (HHN). Geht der Plan von Rektor Oliver Lenzen auf, dann könnte sich die Zahl der Studenten in den IT-Disziplinen der HHN in den nächsten Jahren von 1000 auf etwa 2000 verdoppeln. "Das geht aber nicht mit Bordmitteln", sagt Lenzen. Auch hier liegen große Hoffnungen auf der Dieter-Schwarz-Stiftung. Lenzen ist überzeugt, dass der Bedarf da ist. "Die Region braucht ITler."
Der Bildungscampus stößt an Grenzen
Das alles bedeutet auch, dass der Bildungscampus schon bald aus allen Nähten platzt. Der Baubeginn für das Gründungszentrum der Campus Founders erfolgt Ende des laufenden Jahres. Weitere freie Flächen gibt es derzeit nicht. Jede Erweiterung, jeder Neu-Zuzug wird die Situation verschärfen.
Neue Unternehmen sollen hochqualifizierte Arbeitsplätze schaffen
Die Schwarz-Stiftung bleibt hier am Ball, auch wenn sie Spekulationen nicht kommentiert. Die Hoffnung besteht aber, dass all die Investitionen sich letztlich lohnen - und zwar nicht, wie viele sofort vermuten, indem das Lidl- und Kaufland-Management hier eine riesige Ausbildungsstätte bekommt.
Nein. Wenn neue Firmen die Region entdecken, hier hochqualifizierte Arbeitsplätze schaffen, dann würde letztlich die gesamte Raumschaft profitieren. OB Mergel hofft jedenfalls darauf, dass sich "eine Vielzahl Unternehmen in den Zukunftstechnologien sowie eine lebendige, kreative und innovative Start-Up-Szene entwickeln" wird.
Geilsdörfer: Keine 600 Jahre Uni-Geschichte, aber...
Der Titel ist somit weniger Belohnung als Versprechen. Reinhold Geilsdörfer sagt dazu: "Wir haben hier keine 600 Jahre Universitäts-Historie, das ist richtig. Ob wir den Titel zu Recht zuerkannt bekommen haben, wird man also wohl erst in 50 Jahren beurteilen können."