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Hansjürgen Köhler von der Ufo-Meldestelle im Interview

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Der Odenwälder Hansjürgen Köhler geht mit seiner Ufo-Meldestelle außergewöhnlichen Himmelsphänomenen nach. Im Stimme-Interview spricht er über seltsame Sichtungen, geheime Militärdokumente und die Hoffnung auf den Besuch Außerirdischer.

von Armin Rößler
Interessiert an Raumfahrt und Astronomie, skeptisch, was Ufo-Sichtungen angeht: Hansjürgen Köhler.
 Foto: Armin Rößler
Interessiert an Raumfahrt und Astronomie, skeptisch, was Ufo-Sichtungen angeht: Hansjürgen Köhler. Foto: Armin Rößler  Foto: Rößler, Armin

Quasi täglich klingelt bei Hansjürgen Köhler in Lützelbach im hessischen Odenwald das Telefon oder es wenden sich Ratsuchende per E-Mail an ihn. Köhler betreibt mit dem "Centralen Erforschungsnetz außergewöhnlicher Himmelsphänomene" (Cenap) den ungewöhnlichen Service einer Ufo-Meldestelle. 

 

Herr Köhler, Hand aufs Herz: Gibt es Außerirdische? Und haben sie uns schon besucht?

Hansjürgen Köhler: Außerirdische gibt es wahrscheinlich. Aber sie waren noch nicht da.

 

2020 wurden Ihnen 895 Ufo-Sichtungen gemeldet, überdurchschnittlich viele. Was war los?

Köhler: Wenn neue Dinge am Himmel erscheinen, haben wir sofort einen Hype. Im November 2019 ist so ein neues Phänomen am Himmel aufgekreuzt: die Starlink-Satelliten von Elon Musk. Jede Rakete transportiert 60 Kleinsatelliten, die im Orbit getaktet abgestoßen werden. Dann fliegen die wie eine Perlenkette schön brav hintereinander her. Das sieht beeindruckend aus. Was viele Leute verblüfft: Die werden von der Sonne angestrahlt, kommen in den Erdschatten und sind plötzlich weg. Dann rufen die Leute hier an.

 


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Und die nicht so leicht erklärbaren Phänomene?

Köhler: Wenn wir einen Fall für unseren Giftschrank kriegen, an dem wir uns erst einmal die Zähne ausbeißen, schicken wir dem Beobachter einen Fragebogen. Dann wird der Fall auseinander gebröselt und es werden alle möglichen Dinge hinterfragt. Wir brauchen Datum, Uhrzeit, Ort, Himmelsrichtung, vielleicht auch Fotos oder Skizzen. Wenn wir den Fall trotzdem nicht lösen können, sehen wir das aber nicht als Beweis für außerirdischen Besuch. Meist gibt es zumindest Hinweise auf einen astronomischen Hintergrund oder einen irdischen Flugkörper. Diese Fälle ruhen, bleiben aber griffbereit.

 

Der frühere US-Präsident Barack Obama hat im amerikanischen Fernsehen Ufo-Sichtungen des US-Militärs als echt bestätigt. Was sagen Sie dazu?

Köhler: Das sind Äußerungen, da rollen sich mir die Fußnägel hoch. Diese Aussage ist zwar eigentlich richtig, die Filme sind echt. Sie zeigen aber kein echtes außerirdisches Objekt. Auch wenn das Ufologen gerne glauben würden.

 

Das gilt dann sicher auch für den neuen Pentagon-Bericht über "unidentifizierte Luftphänomene"?

Köhler: Es sind ja in den letzten Jahrzehnten immer wieder Geheimdokumente von Luftwaffen aus Brasilien, Spanien, Dänemark oder England offengelegt worden. Darum wurde vorab immer ein riesiger Hype gemacht. Letztlich sind das dann aber die gleichen Beschreibungen, die wir auch kriegen. Das Militär hat nur nie große Nachforschungen gemacht. Dazu kommt die elektronische Kriegsführung, da ist vieles sehr leicht zu manipulieren.

 


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Sie betreiben das "Centrale Erforschungsnetz außergewöhnlicher Himmelsphänomene" seit 1976. Haben Sie das Thema damals ähnlich nüchtern gesehen? Oder steckte die Hoffnung dahinter, doch einem echten Ufo auf die Spur zu kommen?

Köhler: Es gab damals viele schöne Sachen zu lesen und man ließ sich auch von dem Totschlag-Argument leiten: Es gibt tausende von Beobachtungen, da muss doch etwas dran sein. So bin ich da schon reingerutscht. Wenn man dann aber den gesunden Menschenverstand einschaltet, kann man das ganz anders beurteilen.

 

Heute erhalten Sie Anrufe und E-Mails aus ganz Deutschland. Wie läuft ein typischer Fall ab?

Köhler: Das Telefon klingelt, ich melde mich. Der Anrufer sagt: "Ich habe heute gegen 21 Uhr etwas ganz Komisches gesehen." Das lasse ich mir beschreiben. Es ist dann zum Beispiel ein Objekt, das in allen Farben blinkt, der Beobachter hat den Eindruck, dass es hüpft, sich dreht und Lichtstrahlen aussendet. Ich fahre dann auf meinem Laptop das Astro-Programm hoch. Mit der Himmelsrichtung kann ich in diesem Fall den Fixstern Sirius identifizieren, der ständig für falsche Interpretationen sorgt.

 

Geben sich Anrufer immer gleich mit der Erklärung zufrieden? Oder ernten Sie auch öfter mal Widerspruch, weil mancher mehr gesehen haben will als er tatsächlich gesehen hat?

Köhler: Das haben wir natürlich auch. Aber 95 Prozent der Beobachter sind mit der Erklärung zufrieden, weil sie einfach nur wissen wollen, was sie gesehen haben.

 

Sternschnuppen, Disco-Scheinwerfer oder die Venus am Nachthimmel - was sind die häufigsten natürlichen Erklärungen für Ufo-Sichtungen?

Köhler: Vor allem astronomische, also Fixsterne und Feuerkugeln, die großen Schwestern der Sternschnuppen. Da gibt es irre schöne Aufnahmen, da kann man verstehen, wenn die Leute verrücktspielen. Aus solchen Sachen wurden Legenden, darauf baut die ganze Ufologie auf.

 

Aktuell machen die Starlink-Satelliten den Löwenanteil Ihrer Arbeit aus. Die sind für Sie eher Fluch als Segen, oder?

Köhler: Ja, eigentlich schon mehr Fluch. Nachdem wir letztes Jahr so viele Fälle hatten, habe ich gedacht, das müsste sich irgendwann relativieren. Bei schlechtem Wetter war auch alles gut. Aber sobald man abends wieder draußen sitzen konnte, sind die Dinger wieder aufgetreten. Ich werde mich also wohl auch die nächsten Jahre noch mit ihnen beschäftigen müssen.

 

Welche Nuss war am härtesten zu knacken?

Köhler: In den Anfängen war mir nicht bewusst, dass ich mich gut in Astronomie und Meteorologie auskennen und mich ständig im Luft- und Raumfahrtwesen schlaumachen muss. Auch im Eventbereich gibt es alle möglichen Spielarten, mit denen man die Leute belustigen kann und einen Kilometer weiter zum Rätseln bringt. Anfang der 2000er Jahre gab es diese Himmelslaternen. Da wurden jeden Tag orangerote Feuerbälle gesehen. Davor gab es einen Hype mit den Scheinwerfern auf den Discos. Und in den Siebzigern gab es diese Mini-Heißluftballons. Da haben wir uns jahrelang die Zähne dran ausgebissen.

 

Wie haben Sie den Fall gelöst?

Köhler: 1980 bekamen wir Fotos mit orangeroten, verwackelten Flugspuren. Die Leute haben erzählt, sie hätten etwas Flammenfeuriges gesehen, mindestens zehn Minuten lang. Es gab dann weitere Fälle. Bis wir das an Silvester 1980/81 in Mannheim selbst gesehen haben. Provozierend langsam ist das Ding von Feudenheim in Richtung Heidelberg geflogen. Am nächsten Tag fanden wir heraus, dass Piloten am Flugplatz gefeiert hatten und diese kleinen Heißluftballons fliegen ließen. Wir haben für 20 Mark einen gekauft und ausprobiert. Am Montag danach stand im Mannheimer Morgen: Viernheimer beobachtet Ufo. Da haben wir uns also selbst Arbeit verpasst.

 

Skurriler geht es kaum, oder?

Köhler: Doch. Eine Frau hat sich gemeldet. Sie sehe seit einem halben Jahr ein Objekt, habe es auf der Autobahn von Trier in Richtung Luxemburg verfolgt, aber nie erwischt. Es würde immer seine Form verändern. Sie hatte sogar Buch geführt. Ich habe mir das angeschaut - und es war eindeutig der Mond. Es kam raus, dass ihre Brille kaputt ist. Und sie hatte nur noch eine Kontaktlinse. So ist sie ein halbes Jahr über die Autobahn gedonnert und hat den Mond verfolgt.

 

Zurück zur ersten Frage: Wie reagieren Sie, wenn Sie eines Tages doch auf ein echtes Ufo stoßen?

Köhler: Endlich! Ich bin 65 und habe hoffentlich noch ein bisschen Zeit, dass dieser Fall eintritt. Aber ich bin sehr skeptisch.

 

 

Zur Person

1956 geboren, hat Hansjürgen Köhler die erste Mondlandung gespannt am Fernseher verfolgt. Damals wurde sein Interesse für Astronomie und Raumfahrt geweckt. Nachdem er früher noch Streitgespräche mit seinem Vater über Ufo-Meldungen führte, wurde er später zum Skeptiker. 1976 gründete er zusammen mit dem 2016 verstorbenen Werner Walter das "Centrale Erforschungsnetz außergewöhnlicher Himmelsphänomene" (Cenap), um Ufo-Meldungen auf den Grund zu gehen. Beruflich war er als Kaufmann tätig, die letzten Jahre auf Helgoland, jetzt ist er seit ein paar Monaten Rentner.

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