Pro & Contra zu Format „Mama geht tanzen“: Freiheit feiern oder Klischees bedienen?
Im Januar startet „Mama geht tanzen“ in Heilbronn erneut: Ein Partyformat, das Müttern kurze Auszeiten vom Alltag bietet. Doch die Veranstaltungsreihe sorgt für kontroverse Diskussionen.
Als Mutter einen angenehmen Partyabend zu einer elternfreundlichen Uhrzeit verbringen: Das ist bald in Heilbronn wieder möglich. Unter dem Motto „Mama geht Tanzen“ sollen Mütter, Frauen und Mitglieder der LGBTQIA-Community ausgelassen zusammen feiern. Am 17. Januar haben sie dazu zwischen 20 und 23 Uhr im Club Creme 21 in der Lichtenbergerstraße 17 Gelegenheit. Heterosexuelle Männer dürfen dagegen nicht mit feiern – was vor allem in Beiträgen auf Social Media für kontrovers diskutiert wurde.Auch bei unseren Stimme-Autorinnen gehen die Meinungen über die Sinnhaftigkeit einer solchen Party-Reihe auseinander.
Pro
von Linda Möllers
Geht Party auf Knopfdruck? Dass sich das Format „Mama geht tanzen“ großer Beliebtheit erfreut, spricht wohl dafür. Das Partyangebot speziell für Mütter – und teilweise für Väter – trifft derzeit zweifelsohne einen Nerv. Die Besucherinnen erhoffen sich Me-Time, ein bisschen Zeit für sich, eine Auszeit vom Alltag mit Job, Kindern und mentaler Belastung. Es sei ihnen gegönnt: Einmal abschalten, zumindest für drei Stunden, was bei chronischem Schlafdefizit schon großzügig ausgelegt sein kann. Auch die Zeit von 20 bis 23 Uhr ist familienfreundlich, es lassen sich Babysitter organisieren, was gerade für alleinerziehende Frauen einen Bonus darstellt.
Eine Umfrage der Veranstalterinnen in Heilbronn hat ergeben, dass die Mütter bei den Partys lieber unter sich bleiben. Welche Frau wünscht sich schon die unliebsamen Seiten des Ausgehens zurück – schmierige Anmachsprüche, hartnäckiges Antanzen, Übergriffigkeit oder die Angst, dass der Drink in einem unbeobachteten Moment mit Betäubungsmitteln versetzt wurde.
Dass Personengruppen wie Hetero-Männer von „Mama geht tanzen“ in Heilbronn ausgeladen werden, um einen Safe Space zu schaffen, kann kritisiert werden. Doch nicht die Ausgrenzung der Männer, sondern die Notwendigkeit. ist das ist das Problem. Und dass in regulären Clubs Notrufkampagnen wie „Luisa ist da“ weiterhin nötig sind.

Contra
von Tanja Ochs
Das Format „Mama geht tanzen“ erfreut sich großer Beliebtheit, weil es Müttern eine vermeintlich verloren gegangene Freiheit zurückgibt. Endlich dürfen sie die Fesseln der Care-Arbeit abstreifen und feiern. Ganz unter sich, ohne Männer und zu einer Zeit, die sich an den Bedürfnissen des Kindes orientiert. „So wie früher“, aber ausdrücklich „in der ersten Tiefschlafphase“ des Nachwuchses.
Für Väter gibt es so ein Angebot nicht. Wenn sie Freunde treffen, machen sie das gelegentlich bis in die frühen Morgenstunden in Lokalen, in denen auch Frauen erlaubt sind. Warum auch nicht? Es sei ihnen gegönnt, selbst wenn ihre Kinder am nächsten Morgen um 6 Uhr wieder bespaßt werden müssen. Nur sollten sie im Gegenzug die Frühschicht übernehmen, wenn ihre Frauen ausgehen.
„Mama geht tanzen“ zieht diese Option nicht in Betracht, dabei sollte sie in einer gleichberechtigten Beziehung doch selbstverständlich sein. Das Angebot als Safe-Space zu bewerben, impliziert zudem, dass alle Herren auf der Jagd und alle Mütter auf der Suche nach Abwechslung sind. Nicht nur, um solche Unterstellungen zu entkräften, stünde allen Müttern durchaus mehr Selbstbewusstsein gut zu Gesicht: Sie können tanzen, wann und mit wem sie Lust haben. Sie können nein sagen oder neue Menschen kennenlernen. Sie entscheiden. Denn ein Kind ist wunderbar, aber kein Grund zur Selbstaufgabe.