Die Nilgans ist afrikanischen Ursprungs und zählt zu einer gebietsfremden invasiven Vogelart. In den letzten Jahrzehnten breitete sich die Nilgans hauptsächlich von den Niederlanden kommend, entlang des Rheins in Mitteleuropa aus, wobei sie inzwischen vielfach in städtischen Parks und an Badeseen vorkommt. Zur Eindämmung der Tiere wäre ausnahmsweise auch eine Jagd in sogenannten befriedenden Gebieten möglich. Dazu müsste die Heilbronner Jagdbehörde eine Ausnahmeverfügung erlassen. Die Durchführung im Neckarbogen und am Neckarufer würde sich in der Praxis aber als schwierig erweisen. Zudem müssen sich auch Jäger finden, die eine Bejagung durchführen.
Nilgans sorgt für Probleme: Invasive Vogelart verbreitet sich im Raum Heilbronn
Die Wildvögel haben im Heilbronner Raum eine beachtliche Population aufgebaut. Eine Eindämmung der Nilgänse ist kaum noch möglich. Sind heimische Tierarten wie Enten dadurch bedroht?
Nun grasen sie wieder in der Stadt Heilbronn, am Breitenauer See, am Mühlbach in Eppingen und in manch anderen Gemeinden der Region. Vor allem an den Ufern der Flüsse, an Badeseen und auf Wiesen in Schwimmbädern nerven sie die Badegäste und verschmutzen Gehwege und Rasenflächen mit ihrem auffälligen grünen Kot. Dabei scheint ihre Verbreitung unaufhaltsam. "
Die Nilgans ist anpassungsfähig, kann alle urbanen Lebensräume besetzen, ist wehrhaft, aggressiv und profitiert auch von der intensiven Landwirtschaft mit ihrem nährstoffreichen Futterangebot", fasst Klaus Lachenmaier die Gründe für die Ausbreitung der Wildvögel zusammen, die ursprünglich in Afrika beheimatet sind. "Im Heilbronner Raum kam die Nilgans bereits 2009 als Brutvogel an und hat seither eine beträchtliche Population aufgebaut", erläutert der Referent für Wildbiologie und Wildtierforschung beim Landesjagdverband Baden-Württemberg.
Nilgänse vermehren sich im Heilbronner Raum – Jagd nur eingeschränkt möglich
Das bestätigen auch Vogelkundler. "Im Frühjahr 2016 gehörten Nilgänse bereits zum regelmäßigen Erscheinungsbild an vielen Gewässern im Heilbronner Raum", schreibt die Ornithologische Gesellschaft Baden-Württemberg in einer umfangreichen Dokumentation aus dem Jahre 2017. Seither dürften zahlreiche weitere Brutpaare hinzugekommen sein. Lachenmaier nennt sogar "ein Mehrfaches wie bis 2015 dokumentiert". Aktuelle verlässliche Zahlen sind nur schwer zu bekommen, weil die Kommunen selbst keine Zählungen vornehmen.
In Heilbronn sind die Gänse schon seit Jahren ein Ärgernis. "Derzeit treten die Tiere insbesondere im Bereich der Götzenturmbrücke und in Teilen des Wertwiesenparks auf", sagt Pressesprecherin Nadine Izquierdo. Auch am Neckarufer entlang der Badstraße, im Neckarbogen und im Pfühlpark sind aktuell zahlreiche Tiere mit ihren heranwachsenden Jungen zu sehen. Schon im Herbst 2022 hatten Heilbronner Stadträte ein härteres Vorgehen gegen die Nilgänse gefordert und beantragt, Stadtjäger einzusetzen.
"Auf jagdbaren Flächen wurde die Bejagung deutlich erhöht. 2022/23 wurden mit 50 Nilgänsen beinahe doppelt so viele Tiere geschossen wie im Jahr zuvor", schildert Izquierdo. In diesem Jahr waren es allerdings nur noch 35 Nilgänse. Die Jagd auf die Tiere ist nur auf den Außenflächen des Neckars vor allem in Sontheim und Horkheim möglich. Zudem dürfen die Wildvögel in der Schonzeit vom 16. Februar bis 1. August nicht gejagt werden.
Bedrohen die Nilgänse heimische Tierarten? Meinungen sind unterschiedlich
Klaus Lachenmaier geht inzwischen sogar davon aus, dass sich die Nilgänse nicht mehr eindämmen lassen. "Selbst Managementprojekte, die mit Eingriffen weit über die Jagd hinaus gearbeitet haben, könnten maximal einen weiteren Bestandanstieg verhindern", betont der Wildtierexperte. Zu weitergehenden Eingriffen zählen die Entnahme oder der Austausch der Eier. Lachenmaier schlägt inzwischen auch eine längere Jagdzeit vor. "Nilgänse sind sehr aggressiv und konkurrieren mit anderen Vogelarten um Brutplätze", erklärt der Experte. Leidtragende seien oft auch Enten.
Beim Naturschutzbund Deutschland (Nabu) sieht man das anders. "Von einer dramatisch wachsenden Ausbreitung kann keine Rede sein", sagt Marco Lutz vom Nabu Baden-Württemberg. Auch die Vertreibung anderer Arten sei wissenschaftlich nicht nachweisbar, so Lutz. Lachenmaier geht dagegen davon aus, dass sich der Bestand der Nilgänse weiter drastisch erhöht. "Über die massive Zunahme entsteht auch ein Verdrängungseffekt im Ökosystem, bei dem heimische Arten wie Stockenten und Blässhuhn an den Gewässern zurückgedrängt werden. Auch Nistplätze können an Nilgänse verloren gehen", erläutert der Wildtierexperte.

Stimme.de
Kommentare