"Parkplatzvernichtung" – Händler üben scharfe Kritik an Neckarsulmer Oberbürgermeister
In einem offenen Brief wenden sich einige Neckarsulmer Händler an Oberbürgermeister Steffen Hertwig. Von „Parkplatzvernichtung“ bis zu „nicht eingehaltenen Absprachen“ reichen die Vorwürfe in dem Schreiben.

In ungewöhnlicher, bisher nicht da gewesener Schärfe haben sich Geschäftsleute aus Neckarsulm in einem offenen Brief an Oberbürgermeister Steffen Hertwig gewandt. Darin werden eine Reihe von Vorwürfen genannt von „Parkplatzvernichtung“ bis zu „nicht eingehaltenen Absprachen“ mit dem Gemeinderat.
„Kritische Lage des Gewerbes“ in der Neckarsulmer Innenstadt
Das vom Arbeitskreis Innenstadt der Neckarsulmer Gewerbetreibenden namentlich von Berthold Lederwaren, der Buchhandlung Chardon, Eli’s Mode, kleidsam und Stilvoll Mode unterzeichnete vierseitige Schreiben listet zur „kritischen Lage des Gewerbes in der Neckarsulmer Innenstadt“ etliche Punkte sehr detailliert auf.
Schon vor einem Jahr habe man sich an den OB gewandt, so die Geschäftsleute, der aber nur „mit Unverständnis, dann mit Hinhaltetaktik“ reagiert habe. Man gewinne immer mehr den Eindruck, „Neckarsulm wäre nur ein Stadtteil Heilbronns“, eine möglichst „autofreie Vorstadt mit Wohnbunkern und Lieferverkehr“. „Es wundert uns daher nicht mehr, dass die Stadtverwaltung selbst einfachste Maßnahmen zur Verbesserung der Aufenthaltsqualität unterlässt und stattdessen auf eine leblose Vorstadtatmosphäre hinarbeitet.“
Neckarsulmer Händler wünschen sich Erhalt der Parkplätze
Konkret wird kritisiert, dass Parkplätze „vernichtet“ und nicht wieder hergestellt werden, beispielsweise am Wohnprojekt Trudi oder durch ein „City-Deck“ bei der Post und damit das Wildparken zunehme. „Hier ist Ihnen die Ideologie der Parkplatzvernichtung wichtiger als die Aufenthaltsqualität in der Innenstadt.“ Das Gewerbe sei auf Parkplätze angewiesen, deshalb stehe man der Vergrößerung der Fußgängerzone, die von Autofahrern ohnehin nicht beachtet werden, sehr kritisch gegenüber.
Es gebe „keinen Beschluss des Gemeinderats, eine Verkehrsberuhigung der Innenstadt weiter voranzutreiben“, heißt es dem Schreiben. Stattdessen würden versprochene „Wasserspiele“ und die Beschattung am Marktplatz auf die lange Bank geschoben. Statt die „Steinwüsten“ Marktplatz, Christian-Schmidt-Platz oder VHS-Vorplatz zu begrünen, werde nun die Fläche vor dem Zweiradmuseum zum „Luftschloss-Platz“ gestaltet, womit unter anderem für eine Arztpraxis weitere Stellplätze wegfallen sollen. Eine Bürgerinitiative sammelt gegen den Beschluss noch bis 8. Februar Unterschriften.
Neckarsulmer Förderprogramm habe „harsche Bedingungen“
Das vom Gemeinderat beschlossene Förderprogramm für Händler und Gastronomen habe so „harsche Bedingungen“, dass sie „von kaum einem Betrieb erfüllt werden konnten“. Zudem habe die Beschränkung auf die Innenstadt zu Unmut bei Gewerbetreibenden in den Ortsteilen geführt.
Das Reformhaus ist seit Jahresende geschlossen, die Einhornapotheke stehe seit einem Jahr leer, und auch für die Ladenfläche im neuen Gewerbe- und Wohnprojekt Trudi gebe es keine geeigneten Mieter. „Als nächstes wollen Sie die Buchhandlung Chardon und den NKD loswerden und durch einen weiteren Wohnklotz ersetzen. DerAbwärtstrend der Marktstraße ist bereits sichtbar.“
Neckarsulmer Gewerbevereinsvorsitzender und OB weisen Vorwürfe zurück
Nico Härdtner als Vorsitzender des Gewerbevereins in Neckarsulm, kann „diese Generalabrechnung nicht nachvollziehen“. Auch wenn einzelne Punkte wie die Sauberkeit an und um die Parkhäuser berechtigt seien, handle es sich seiner Ansicht nach „im Wesentlichen um persönliche Vorwürfe“ einzelner Händler.
Oberbürgermeister Steffen Hertwig zeigt sich „äußerst verwundert“, so in seiner Stellungnahme zum offenen Brief. „Ich weise die Vorwürfe des Arbeitskreises Innenstadt entschieden zurück und halte sein Vorgehen für nicht akzeptabel. Der persönlich angreifende Ton des Schreibens ist unangemessen und lässt Gesprächsbereitschaft vermissen.“ Das Parkplatzkonzept sei Konsens im Gemeinderat.
OB Hertwig: Neckarsulm ist kein Vorort von Heilbronn
Die „Nähe der Marktplätze von Neckarsulm und Heilbronn“ bedeute starke Konkurrenz, aber nicht, dass Neckarsulm nur noch ein Vorort sei. Die Innenstadt vom Verkehr zu entlasten, sei ein „erklärtes Ziel des Gemeinderates“. Auf dem Marktplatz sei eine Beschattung und zusätzliche Bäume nicht umsetzbar. Noch im Frühjahr 2025 werde ein Wasserspiel installiert, so Hertwig.
City-Manager Daniel Bürkle meint: „Es ist nicht alles umsetzbar, was wünschenswert ist.“ Von einer Überforderung oder Demotivation könne nicht gesprochen werden. „Frustrierend sind vielmehr die ständig wiederkehrenden Diskussionen in der Stadt, mit denen wir aber keine konkreten Probleme lösen und mit denen wir das Image unserer Innenstadt eher schädigen.“


          
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