Der Erfrierungsschutz in der Neckarhalde, den die Aufbaugilde Heilbronn-Franken organisiert, läuft von November bis Ende März 2026. Menschen, die auf der Straße leben, können in dieser Zeit kostenlos in den Räumen übernachten, die in der Sommersaison den Mitarbeitern des Freibads zur Verfügung stehen. Platz ist für 16 Personen, bei mehr Andrang gibt es eine Absprache mit der Obdachlosenunterkunft in Heilbronn. Eine Besonderheit ist, dass im Erfrierungsschutz Hunde erlaubt sind. Die Not wird größer, die Nachfrage ist in den vergangenen Jahren stetig gestiegen, sagt Hans-Martin Klenk, Leiter der Wohnungsnotfallhilfe und des Unterstützungszentrums. Auch dort fehlt es derzeit an Schlafsäcken, Isomatten und Rucksäcken. Zudem können Geldspenden immer sinnvoll eingesetzt werden.
Heilbronner Erfrierungsschutz öffnet ab November – Ehrenamtliche mit Herzblut dabei
Sie sind jung oder älter, haben ihr Arbeitsleben hinter sich oder sind mittendrin. Drei Ehrenamtliche erzählen, warum sie sich im Winter beim Erfrierungsschutz in der Heilbronner Neckarhalde engagieren.
Sie sind erst seit kurzem dabei oder schon seit vielen Jahren, aber eines verbindet sie miteinander: Die Freude an ihrem Ehrenamt und daran, obdachlosen Menschen zu helfen. Uli Lambert (72), Wolfgang Kümmerle (68) und Lena Döttling (28) sind drei von insgesamt 25 Ehrenamtlichen der Aufbaugilde Heilbronn-Franken im Bereich Erfrierungsschutz. Von der Lehrerin bis zum Ingenieur, vom Schüler über Studenten bis hin zu Rettungsdienstmitarbeitern: Sie alle sind oder waren schon im Team der Freiwilligen.
Aufbaugilde bietet 16 Übernachtungsplätze im Freibad Neckarhalde
Ab 1. November öffnet die Aufbaugilde wieder die angemieteten Mitarbeiterräume des Freibads Neckarhalde und bietet dort 16 Übernachtungsplätze für zwölf Männer und vier Frauen plus ihren Hunden, falls vorhanden. Bechtle-Azubis packen mit an, um alle Klappbetten aufzustellen und die Unterkunft vorzubereiten.

An die erste Nacht, in der er im Erfrierungsschutz Dienst hatte, erinnert sich Wolfgang Kümmerle noch gut. „Ich war zeitig da, und drei Männer saßen schon vor der Türe. „Hey Kumpel, du bist zu früh, die machen erst um 8 Uhr auf“, habe einer gerufen. Berührungsängste kennt der ehemalige Verwaltungsangestellte nicht. Mit der Übersetzungshilfe auf dem Handy kommuniziert er mit Bulgaren oder Rumänen. „Die Arbeit ist einfacher, als ich es mir vorgestellt habe“, sagt er. „Jeder hat sein eigenes Potenzial und seine eigene Geschichte. Es ist gut, mit den Leuten in Kontakt zu kommen.“
Ehrenamtlich im Erfrierungsschutz: Artikel in Heilbronner Stimme als Inspiration
Ein Artikel in der Heilbronner Stimme hat ihn vor Jahren dazu inspiriert, sich hier zu engagieren. „Das fand ich eine sinnvolle Aufgabe und hab es mir auf die Bucket-Liste geschrieben, wenn ich mal in Rente bin. Ich hatte ein glückliches Leben und will etwas zurückgeben.“
Darin, anderen zu helfen, hat er Übung. 20 Jahre hat der ehemalige Verwaltungsangestellte gemeinsam mit seiner Frau als Bereitschaftspflege-Familie Kinder aufgenommen, die wegen akuter Notfälle nicht mehr bei ihren Eltern bleiben konnten. Zusätzlich zu den eigenen drei Kindern hat das Ehepaar ein Pflegekind mit geistiger Behinderung aufgezogen. „Jugendarbeit in der Kirche habe ich auch immer gemacht“, sagt der 68-Jährige. „Wobei selbst unter den Obdachlosen erschreckend viele junge Menschen sind.“
Uli Lambert: Früher war der Alkohol viel stärker Thema
Eine Entwicklung, die auch Uli Lambert beobachtet. Auffällig sei zudem die Zahl wohnungsloser junger Frauen. „Das ist erschreckend.“ Die ehemalige Lehrerin, die im Ruhestand als Springerin im Kindergarten arbeitet, ist seit 20 Jahren beim Erfrierungsschutz engagiert, der sich anfangs noch im alten Fährhaus auf dem ehemaligen Buga-Gelände befand . „Damals war der Alkohol viel stärker Thema. Heute sind es sämtliche Drogen.“
Auch sie hat mit ihrem Mann zusätzlich zu den zwei eigenen Kindern mehrere Pflegekinder aufgezogen. Mitzuhelfen, dass Menschen einen Schlafplatz haben, dass sie sicher sind und es warm haben, ist ihr ein Anliegen. „Die Mietpreise sind viel zu hoch, es gibt viel zu wenig Sozialwohnungen, und viel zu viele fallen durchs Raster.“
Dankbarkeit und Hilfsbereitschaft erlebt sie bei ihren Einsätzen. „Wenn ich das Laub kehre, nimmt mir immer einer den Besen aus der Hand und sagt, ,komm ich mach das’. Oder wenn die Toilette gewischt werden muss, übernimmt das auch ganz selbstverständlich jemand.“
Lena Döttling macht mit ihrem Verlobten Dienste im Heilbronner Erfrierungsschutz
Lena Döttling, die als Studentin vor vier Jahren im Erfrierungsschutz begonnen hat, erinnert sich an den Mann, der im vergangenen Jahr mit Milch, Kaffee und Süßigkeiten für seine ehemaligen Weggenossen vor der Tür stand, und der inzwischen eine eigene kleine Wohnung gefunden hatte. „Wenn so etwas klappt, das ist einfach schön,“ sagt die Hydrologin, die Vorsorgekonzepte für Starkregen und Hochwasser für Kommunen erarbeitet.
Nach den Diensten kehrt sie voller Dankbarkeit in ihre Wohnung zurück, in der sie duschen, heizen und essen kann. „Dann wird mir bewusst, was für ein Privileg das ist.“ Sie freut sich auf ihre Einsätze, die meisten verliefen ruhig. „Aber natürlich gibt es auch Leute, die sehr herausfordernd sind.“
Den neu eingerichteten monatlichen Stammtisch, an dem sich die Ehrenamtlichen austauschen, befürwortet sie genauso wie ihre Kollegen. „Es ist gut, im Austausch zu sein.“ Durchweg positiv sind die Rückmeldungen in der Familie auf ihr Ehrenamt. Auch ihr Verlobter ist davon angetan. „Ich habe eine Saison allein im Erfrierungsschutz gearbeitet. Danach ist er mit eingestiegen.“