Plädoyer im Doppelgängerinnen-Mordprozess – Staatsanwalt: Angeklagte gehen über Leichen
Jetzt also ist es soweit: Die Staatsanwaltschaft Ingolstadt trägt ihr Plädoyer vor im Fall eines mutmaßlichen Mordes an einer Frau aus Eppingen. Prozesszuschauer reagieren erleichtert.

Jetzt also ist es soweit: Die Staatsanwaltschaft hat am Dienstag am Landgericht Ingolstadt ihr Plädoyer vor im Aufsehen erregenden Fall eines mutmaßlichen Mordes an einer Frau aus Eppingen im Sommer vor zwei Jahren vorgetragen – zumindest zum Teil. Fortgesetzt werden soll es kommende Woche.
Als es tatsächlich noch konkret wurde am Dienstagnachmittag im Landgericht mit dem Plädoyer, gab es kurzen Jubel unter den Zuschauern. Immer wieder an den vergangenen Prozesstagen war etwas dazwischen gekommen. Auch am Dienstag versuchten die Verteidiger, den Fortgang zu erschweren. Richter Konrad Kliegl schloss die Beweisaufnahme trotzdem. Der letzte Zeuge wurde am Vormittag des 47. Prozesstags befragt.
Doppelgängerinnen-Mordprozess: Kopfschütteln über Vorgehen der Verteidiger
Die Verteidiger der beiden Angeklagten widersprachen in der Folge auch noch dem Beginn des Plädoyers der Staatsanwaltschaft – da Richter Kliegl eine audiovisuelle Aufnahme des Plädoyers nicht gestattete. Später gipfelte dieser Widerspruch in einem Befangenheitsantrag gegen die gesamte Kammer. Das Unverständnis von Staatsanwalt Jochen Metz über den Antrag der Verteidiger war spürbar. Er verwies darauf, dass vier von sechs Anwälten der beiden Angeklagten ja am heutigen Prozesstag anwesend seien. "Man kann erwarten, dass die Anwälte da sind und ihren Job machen", so Metz in aller Deutlichkeit.
Auch Monja Szerafy aus Mosbach, die den Vater des 23 Jahre alten Opfers aus Eppingen vertritt, schüttelte über das Vorgehen der Verteidiger der Angeklagten nur noch den Kopf. Auf Nachfragen von Richter Kliegl, ob sie eine Stellungnahme abgeben möchte, antwortet sie jeweils mit einem knappen Nein.
Mord an Eppingerin: Opfer wurde laut Staatsanwalt "brutalst niedergemetzelt"
Nach einer Mittagspause am Gericht gab Richter Kliegl bekannt: Die Beweisaufnahme bleibt geschlossen. Erst gegen 16.30 Uhr und weiteren Einwänden der Strafverteidiger begann allerdings, was so lange erwartet wurde: das Plädoyer der Staatsanwaltschaft. Jochen Metz warf Schahraban K. vor, zwei Mordpläne gefasst zu haben. Zuerst habe sie ihren Schwager ermorden lassen wollen, den sie für das Scheitern ihrer Beziehung verantwortlich gemacht habe. Als dies gescheitert sei, habe sie den nächsten Plan gefasst: eine ihr möglichst ähnlich sehende Frau zu finden und ihren eigenen Tod vorzutäuschen. Das Opfer Khadidja O. habe ihr "bis auf die Fingernagelspitzen" ähnlich gesehen, sagte Metz.
Schahraban K. habe mit Sheqir K. ihren Komplizen für die Tat gefunden und ihr Opfer unter einer List in Eppingen abgeholt. Im Waldgebiet Stöckach in Bad Rappenau-Fürfeld hätten sie O. dann "brutalst niedergemetzelt".
Staatsanwalt bei Plädoyer: "Zwei Angeklagte, die ohne jede Gnade über Leichen gehen."
Die beiden Angeklagten hätten aus niederen und eigennützigen Motiven gehandelt. "Das einziges Unglück ihres Opfers bestand darin, Schahraban K. ähnlich zu sehen", so Metz. Dies sei das Ergebnis von Verhandlung und Beweisaufnahme. Zu anwaltlichen Behauptungen über angebliche Ermittlungsfehler sagte Metz: "Es gab keine." Was es aber gegeben habe: "Zwei Angeklagte, die ohne jede Gnade über Leichen gehen."
Aus einer Gesprächsaufzeichnung in Zusammenhang mit dem Mordplan am Schwager könne man lernen, dass Schahraban K. "willens und in der Lage ist, bis ins kleinste Detail einen perfiden Mordplan zu entwerfen", führte Metz aus. Die Angeklagte sei auch "keineswegs so zart besaitet, dass sie bei Anblick des getöteten Opfers in Schock verfällt". Sie soll im Gegenteil den Mitangeklagten Sheqir K. mehrfach aufgefordert haben, keine Gnade zu zeigen. Der Mordplan am Schwager belege: Schahraban K. habe sich nicht selbst die Finger schmutzig machen wollen, sondern jemanden für die "Drecksarbeit" gebraucht. Sie könne Tage und Wochen lang auf die Ausführung einer Tat drängen, ohne von Bedenken und Gewissen befallen zu werden. Vieles blieb im ersten Teil des Plädoyers noch unklar. Antworten auf offene Fragen könnte die Fortsetzung kommende Woche bieten.
Prozesszuschauer aus dem Umfeld des Opfers empfinden Abläufe "respektlos"
Während der Angeklagte Sheqir K. am Dienstag über Stunden regungslos war, unterhielt sich Schahraban K. immer wieder angeregt mit einem ihrer Verteidiger, lachte viel, machte einen fröhlichen Eindruck. Freundinnen des Opfers Khadidja O., die viele Prozesstage als Zuschauerinnen verfolgen, empfanden das Verhalten der Angeklagten und auch das der Strafverteidiger als "respektlos". Sie störe auch die Taktik der Anwälte, die nur Verfahrensfehler abziele, sagt eine am Dienstag aus Heilbronn angereiste Frau. Nebenklage-Vertreterin Monja Szerafy wird voraussichtlich am 14. November ihr Plädoyer halten.