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Bewegte Vorgeschichte: Vor 50 Jahren wurde das Obersulmer Mineralfreibad eingeweiht

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Das 1974 eingeweihte Mineralfreibad war das erste Projekt der neu gebildeten Gemeinde Obersulm. Ein schmerzlicher Abschied in Willsbach ging der neuen Badeanstalt voraus. Und dann kam auch noch das Hochwasser.

Bei der Einweihung des Obersulmer Mineralfreibads am 15. Juni 1974 ging Lokalprominenz baden.
Bei der Einweihung des Obersulmer Mineralfreibads am 15. Juni 1974 ging Lokalprominenz baden.  Foto: Klaus Krüger

"Gemeinschaftsleistung der jungen Gemeinde Obersulm": So titelte am 18. Juni 1974 die Heilbronner Stimme über die Einweihung des Mineralfreibads. Dem Neubau kam eine besondere Bedeutung zu, war er doch das erste Projekt der zwei Jahre zuvor gebildeten Kommune, das fertiggestellt wurde. Die Kosten von 2,3 Millionen Mark wurden aus den Fusionsprämien finanziert. Die Freizeiteinrichtung, beliebt auch bei Einwohnern aus der Umgebung, liefert ein interessantes Kapitel der Ortsgeschichte. Zum 50. Geburtstag gibt es mehrere Veranstaltungen.

Gemeinderat und Verwaltung marschierten mit Marschmusik in bunten Anzügen unter den Augen vieler Einweihungsgäste zum Wasserbecken. Mit einem Kopfsprung eröffnete der damalige Bürgermeister Horst Finkbeiner am 15. Juni 1974 die neue Freizeiteinrichtung, erinnert sich Alt-Bürgermeister Harry Murso. Er gehörte selbst zu denjenigen, die die ersten Schwimmzüge im Kombibecken machten.

"Es herrschte eine gelöste, schöne Stimmung. Das Wetter hat gepasst", weiß Murso noch. Gleich von Anfang an sei die neue Einrichtung gut besucht gewesen. Das Freibad habe die Infrastruktur Obersulms deutlich nach vorne gebracht. Vielleicht habe mancher Willsbacher am Anfang ein wenig gefremdelt, glaubt Murso mit Blick auf die Vorgeschichte.

Nach dem Hochwasser am 22. Mai 1978 traf die nächste Schlammwelle das Obersulmer Mineralfreibad am 17. Juni. Da waren die Aufräumarbeiten gerade abgeschlossen gewesen.
Nach dem Hochwasser am 22. Mai 1978 traf die nächste Schlammwelle das Obersulmer Mineralfreibad am 17. Juni. Da waren die Aufräumarbeiten gerade abgeschlossen gewesen.  Foto: Archiv

Aus den Sanierungsplänen für Willsbacher Freibad wurde nichts

Denn das Obersulmer Freibad sei bei den Verhandlungen um die zu leistenden Projekte im Zuge der  Gemeindereform ein Riesenstreitpunkt gewesen. Schließlich mussten die Willsbacher sich von ihrem eigenen Freibad neben der Jahnhalle, das von Einwohnern in Eigenleistung, allen voran dem TSV, Ende der 1920er Jahre gebaut worden war, verabschieden. Das war schmerzlich, denn wegen der räumlichen Enge sowie fehlender Erweiterungsmöglichkeiten schied dieser Standort für ein Obersulmer Freibad aus. 

Dabei waren 1968 die Pläne von Architekt Albert Schäffler zur Sanierung des 20 mal 50 Meter großen Mehrzweckbeckens und der Erweiterung um ein Sprung- sowie ein Kinderplanschbecken in Willsbach schon weit gediehen. 

Pläne in Affaltrach und Eschenau für Freibad

1968 war auch in der Nachbarschaft ein Freibad ein Thema. Affaltrach und Eschenau führten erste Verhandlungen über einen Neubau. Von 1928 bis 1962 hatte  Eschenau an der alten Straße nach Weiler schon eine Badeanstalt. Der Inhaber der Mühle, so berichtet Murso, ließ es – vermutlich mit Arbeitslosen in der damals wirtschaftlich schwierigen Zeit – errichten. Hygienische Mängel führten zur Schließung.

Am 11. September 1970 gründeten die beiden noch selbstständigen Gemeinden einen Zweckverband mit  Affaltrachs Bürgermeister Karl Vollert an der Spitze und Gemeindeinspektor Harry Murso als Verbandsrechner. Im August 1971, so ist in der Heilbronner Stimme nachzulesen, wurde die Vedewa Stuttgart mit der Planung für das Freibad "Oberes Sulmtal" in den "Gabeläckern" auf Eschenauer Gemarkung beauftragt.

Wünschelroutengänger auf der Suche nach Wasserläufen

Das 44-köpfige Mammutgremium der neuen Gemeinde Obersulm beauftragte in seiner ersten Sitzung im Mai 1972 den Hauptausschuss, die Rohbauarbeiten zu vergeben. Ende Juli lag schon die Baugenehmigung vor, im August erfolgte der Baustart. Weil der Michelbach quer durch das gewählte Areal führte, musste er erst einmal verlegt werden. Das Freibad sollte durch einen Brunnen gespeist werden. Ein Wünschelroutengänger machte sich auf die Suche nach unterirdischen Wasserläufen. "Das war höchst interessant", sagt Murso, der zum Begleittross gehörte. Probebohrungen folgten, die Analyse ergab Mineralwasser-Qualität. 


Dann der Doppelschlag durch verheerende Hochwasser 1978 mit Millionenschäden, die die nur vier Jahre alte Badeanstalt überschwemmten. "Das Freibad stand unter Wasser, die technischen Anlagen waren kaputt. Das Becken war mit Schlamm gefüllt", erinnert sich Harry Murso, damals Kämmerer von Obersulm. Dreieinhalb Wochen später, als die Unwetter-Folgen vom 22. Mai gerade beseitigt waren und das Freibad wieder einen Tag geöffnet hatte, kam am 17. Juni eine zweite Flutwelle. Innerhalb von 24 Stunden gingen 141 Liter Regen pro Quadratmeter über dem Weinsberger Tal nieder. Tonnen von Schlamm ergossen sich erneut über das Freibad.

"Es gab großen Schaden", weiß Murso noch. "Gott seit Dank", blickt er auf die Gegenwart, gehöre zu den erfolgten Hochwasserschutzmaßnahmen auch der Michelbachdamm. Ohne diesen, so der Alt-Bürgermeister, hätte das diesjährige Pfingst-Hochwasser das Freibad wieder unter Wasser gesetzt. 

2015 war der zweite Modernisierungsabschnitt an der Reihe, diesmal betraf es die Gebäude.
2015 war der zweite Modernisierungsabschnitt an der Reihe, diesmal betraf es die Gebäude.  Foto: Mugler, Dennis

2005 wurde die Breitwellenrutsche im Mineralfreibad Obersulm eingebaut

Neben diesen Katastrophen enthält das Kapitel Freibad viel Erfreuliches: etwa die beiden Sanierungen. Im Juli 2005 konnte Murso als Bürgermeister eine modernisierte Badeanstalt wieder eröffnen. Für 1,7 Millionen Euro, die durch den Verkauf der EnBW-Aktien gestemmt wurden, bekam das Freibad in sieben Monaten bis Mai 2005 neueste Technik und ein Edelstahlbecken. Die Attraktion: eine 16 Meter lange Breitwellenrutschte.

Unter Mursos Nachfolger Tilman Schmidt war zehn Jahre später die Modernisierung der Gebäude an der Reihe. 1,44 Millionen Euro flossen in den neuen Eingangs- und Sanitärbereich, in Umkleiden, Küche und Kiosk. Zudem bekam das Dach des Filtergebäudes eine Photovoltaikanlage für die Eigenstromerzeugung. Am 13. Mai 2016 war es Tilman Schmidt, der mit einem Sprung ins Wasser die Wiedereröffnung besiegelte. 

64.527 Besucher wurden im vergangenen Jahr im Mineralfreibad Obersulm gezählt. Die Einnahmen aus dem Eintritt decken bei weitem nicht die Ausgaben. 2023 betrug das Defizit 495.000 Euro. Für 2024 sind knapp 600.000 Euro prognostiziert.

Nach dem Open-Air-Kino Ende Mai feiert die Gemeinde mit weiteren Veranstaltungen den 50. Geburtstag der Freizeiteinrichtung. Am 5. Juli steigt das Freibad-Fest, am 6. Juli soll ein Kindertag folgen. Zusammen mit der VHS wird der Comedy-Abend am 12. Juli mit Bademeister Schaluppke organisiert. Die Saison klingt am 14. September mit einem DJ aus. 

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