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Ilsfelds Bürgermeister Bernd Bordon: "Ich habe schon besser geschlafen"

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Bernd Bordon spricht im Stimme-Interview über sein erstes Jahr als Bürgermeister der 9900-Einwohner-Gemeinde Ilsfeld. Vor allem die Finanzsituation der hochverschuldeten Kommune beschäftigt den 41-Jährigen.

Vor genau einem Jahr hatte Bernd Bordon seinen ersten Arbeitstag im Ilsfelder Rathaus. Zuvor war er zehn Jahre Bürgermeister in Untereisesheim.
Vor genau einem Jahr hatte Bernd Bordon seinen ersten Arbeitstag im Ilsfelder Rathaus. Zuvor war er zehn Jahre Bürgermeister in Untereisesheim.  Foto: Kunz, Christiana

Vor genau einem Jahr, am 1. Juli 2022, hatte Bernd Bordon seinen ersten Arbeitstag als Ilsfelder Bürgermeister. Wie er in dieser Zeit im Ort und bei den Menschen angekommen ist, und dass einiges sich anders entwickelt hat als erhofft, darüber spricht der 41-Jährige im Stimme-Interview.

 

Herr Bordon, was ist typisch Ilsfeld?

Bernd Bordon: Typisch Ilsfeld, das sind für mich die sehr engagierten und herzlichen Menschen. Ich wurde sehr gut aufgenommen, habe sehr schöne Erlebnisse bei Geburtstagen, Jubiläen, Veranstaltungen. Der Ilsfelder an sich ist aber auch jemand, der nicht sofort eine Veränderung möchte. Hier wird zum Teil sehr deutlich kommuniziert, das macht mir Spaß.

 


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Was ist anders als in Untereisesheim, wo sie vorher zehn Jahre lang Bürgermeister waren?

Bordon: Der größte Unterschied, abgesehen von der Gemeindegröße und den Ortsteilen: Hier sind die Generationen - vom Opa bis zum Enkel - alle noch da. Die Ilsfelder lieben und leben ihren Flecken. Untereisesheim ist eher ein Zuzugsort, wo die vielen alten Namen nicht mehr so präsent waren, wie Brod, Armbruster, Lauterwasser in Ilsfeld oder Bartenbach in Auenstein. Aber auch hier gibt es mehr Zuzüge.

 

Sie wussten, dass Ilsfeld eine der am höchsten verschuldeten Kommunen in Baden-Württemberg ist. Hat Sie das nicht abgeschreckt?

Bordon: Ich hatte eine wunderbare Zeit in Untereisesheim, aber man merkt im Leben, wenn es Zeit ist für einen Wechsel. Es war einfach der Moment, den nächsten Schritt zu gehen. Da hat Ilsfeld diese Perspektive vor der Haustür geboten. Dass Ilsfeld monetäre Herausforderungen hat, war mir bewusst. Seit ich aber hinter die Kulissen blicke, ist mir erst klar geworden, wie umfangreich diese tatsächlich sind. Das eine ist der Wahlkampf, dann aber übernimmt man die Verantwortung. Im Wahlkampf war der wirtschaftliche Schiefstand, zum Beispiel beim Nahwärmebetrieb, so nicht absehbar. Der letzte Jahresabschluss war von 2019.

 

Haben Sie jetzt schlaflose Nächte?

Bordon: Ich habe schon besser geschlafen. Und ich glaube, es ist nachvollziehbar, dass in der jetzigen Situation auf dem Bürgermeister ein nennenswerter Druck liegt. Und dass der nicht spurlos an mir vorbeigeht, obwohl ich Verwaltungserfahrung habe, ist, glaube ich, auch nachvollziehbar.

 

Bereuen Sie Ihre Bewerbung?

Bordon: Mit dem Wissen, das ich jetzt habe, hätte ich von einer Kandidatur abgesehen. Allerdings habe ich ein sehr gutes Umfeld in der Verwaltung, einen Gemeinderat, der die Zeichen der Zeit erkannt hat und eine Bürgerschaft, die auch verstanden hat, dass es nicht so weitergehen kann wie in den letzten zehn Jahren. Das stimmt mich für die Zukunft durchaus positiv. Man kann die Zeit nicht zurückdrehen. Ich bin jetzt hier, ich gebe mein Bestes, und ich bin nicht allein.

 


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Aber es wird Einschnitte geben. Im Raum stehen Steuererhöhungen.

Bordon: Wir müssen in den nächsten Wochen/Monaten einige schmerzhafte Entscheidungen vorbereiten, gemeinsam mit der Haushaltsstrukturkommission und dem Gemeinderat Prioritäten setzen und für zwei, drei Jahre durch ein tiefes Tal gehen. Dass es weitere schlaflose Nächte und Widerstände geben wird, das ist klar. Aber, um nochmal aufs Beispiel Nahwärme zurückzukommen: Es gibt ganz sicher einfachere Termine, als vor 500 Menschen zu stehen und zu sagen, die Nahwärme wird teurer. Aber da war eine objektive Fairness in der Tiefenbachhalle. Hier geht man auch bei unterschiedlichen Meinungen gut miteinander um.

 

Neben der Finanzsituation gibt es weitere Baustellen.

Bordon: Über allem steht die Lage im Gesamthaushalt. Hier gilt es, ein Fundament zu schaffen. Ausgehend davon müssen wir weitere Aufgaben anpacken. Das ist primär der Sanierungsstau, den wir nicht nur bei den Hochbauten, sonderen auch bei Straßen und Kanälen haben. Zudem ist es mir wichtig, die Nahwärme voranzutreiben. In all den politischen Diskussionen um Wärmepumpe und Co. merkt man, dass wir mit unserem Nahwärmenetz ein großes Pfund haben. Wir haben auch Pflichtaufgaben wie Flüchtlingsunterbringung oder Betreuungsthemen. Wir sind ein starker Schulstandort, diesen Standard wollen wir halten. Das eine sind emotionslose monetäre Entscheidungen, aber gleichzeitig wollen wir unseren Bürgern einen liebens- und lebenswerten Ort erhalten. Diesen Spagat müssen wir am Ende meistern.

 


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Ilsfeld ist in den letzten zehn Jahren sehr stark gewachsen. Was geht noch?

Bordon: Aktuell haben wir noch den "Blauen Berg II" und ein, zwei kleinere Bebauungspläne zur Ortsarrondierung. Für die Zukunft wünsche ich mir einen Gemeindeentwicklungsplan, in dem wir als Verwaltung mit Gemeinderat und Bürgerschaft definieren, was wir wollen. Ilsfeld ist eine der letzten Kommunen, die eine sehr, sehr gute Landwirtschaft vorweisen kann. Neue Wohngebiete können wir nur angehen, wenn wir die Kinderbetreuung abbilden können. Und wie es beim Gewerbe aussieht, darüber muss ich mit dem Gemeinderat sprechen. Das war in den letzten zwölf Monaten noch kein Thema.

 

Auch für die geplante Ortsumfahrung werden Flächen benötigt.

Bordon: Sicher. Aber die Umgehung für Ilsfeld ist essentiell für die Zukunft der Gemeinde.

 


Zur Person

Bernd Bordon ist 1981 in Hermannstadt (Rumänien) geboren. Aufgewachsen ist er in Neckarsulm. Der Diplom-Verwaltungswirt lebt mit seiner Frau und seinen beiden Töchtern in Flein. Von 2012 bis 2022 war er Bürgermeister in Untereisesheim. Im März 2022 wurde er in Ilsfeld mit 51,6 Prozent der Stimmen zum Nachfolger von Thomas Knödler gewählt, der nach 24 Jahren Amtszeit nicht mehr antrat. Seit 2019 ist Bordon Fraktionsvorsitzender der SPD im Heilbronner Kreistag.

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