"Ohne Skrupel": Edeka Ueltzhöfer beklagt zunehmenden Ladendiebstahl in großem Stil
Steffen Ueltzhöfer ärgert sich über dreiste Diebe, die es auf teure Waren abgesehen haben. Auch beim baden-württembergischen Handelsverband spricht man von "alarmierenden Zahlen".
Oft sind sie im Supermarkt zu zweit unterwegs, stehen sich gegenseitig Schmiere: professionelle Ladendiebe, die mitunter Waren im Wert von mehr als 1000 Euro stehlen. Steffen Ueltzhöfer von Edeka Ueltzhöfer mit Märkten in Heilbronn und der Region stellt eine aktuelle Häufung solcher Fälle fest - und sieht die Politik gefordert, dem Treiben Einhalt zu gebieten.
"Was ist los?", schreibt Ueltzhöfer verärgert in einem Facebook-Beitrag. "Gestern wieder zwei Ladendiebe, Champagner für 2000 Euro." Das sei doch Wahnsinn, diese Dreistigkeit in der Vorgehensweise. "Die wissen jeden Schritt, den sie tun, hochprofessionell, geplant, ohne Skrupel." Sein Team sei echt demoralisiert.
Die Tat hätten sie auf Video, sagt Ueltzhöfer im Gespräch mit der Heilbronner Stimme. Am liebsten würde er das auch veröffentlichen, aber Datenschutz stehe ja vor schwerem Raub, so der Marktleiter genervt. Er hoffe, die Polizei könne mit dem Bildmaterial etwas anfangen. Ueltzhöfer sieht zwei große Probleme: Zum einen würden die Täter nicht durch harte Strafen abgeschreckt. Zum anderen stelle die Staatsanwaltschaft regelmäßig Verfahren ein wegen mangelnden öffentlichen Interesses.
Ladendiebstahl im Supermarkt: Verfahrenseinstellungen sind laut Staatsanwaltschaft eher die Ausnahme
In der Gesamtschau seien Verfahrenseinstellungen eher die Ausnahme, sagt dagegen Mareike Hafendörfer, Sprecherin der Heilbronner Staatsanwaltschaft. In der Praxis würden auch bei Ersttätern die Taten verfolgt oder zumindest gegen eine Sanktion eingestellt - wenn nicht ausnahmsweise im Einzelfall Gründe vorlägen, ein öffentliches Interesse zu verneinen. Wiederholungstäter würden ganz überwiegend zu Gericht gebracht und zum Teil auch mit Freiheitsstrafen ohne Bewährung sanktioniert. Hafendörfer: "Der subjektive Eindruck lässt sich eventuell damit erklären, dass die Geschädigten in der Regel Mitteilungen nur bei Einstellungen zugesandt bekommen. Gehen Verfahren vor Gericht, erfahren die Geschäftsinhaber das in aller Regel gar nicht."
Hinter den Diebstählen stecken nach Erfahrungen von Ueltzhöfer oft rumänische und georgische Banden, die offenbar kaum Sorgen vor Konsequenzen haben. Die Kriminellen seien oft auf der Durchreise, es gebe aber auch zunehmend Täter, die in der Region ansässig seien, schildert er. Die hochwertigen Waren würden dann unter anderem über Onlineportale vertickt.

Handelsverband verweist auf hohe Dunkelziffer
Unterstützung erfährt Ueltzhöfer vom baden-württembergischen Handelsverband, in dessen Vorstand er selbst Mitglied ist. Angesichts der alarmierenden Zahlen aus der polizeilichen Kriminalstatistik Baden-Württemberg 2023 fordere man ein entschiedenes Vorgehen gegen Ladendiebstahl, heißt es in einer Mitteilung der Verbands. Mit einem Anstieg der Ladendiebstähle um 24,4 Prozent auf 47052 Fälle und einem Schaden von rund 5,8 Millionen Euro sei ein neuer Höchststand seit 2005 erreicht. "Diese Zahlen spiegeln die polizeilich registrierten Fälle wider, die Dunkelziffer ist jedoch enorm hoch", heißt es weiter.
Ladendiebstahl sei ein Problem, das den Einzelhandel seit jeher beschäftige. "Besonders der organisierte und gewerbsmäßige Ladendiebstahl hat in den letzten Jahren schmerzliche Verluste verursacht." Es sei nun ein Punkt erreicht, "an dem die Zunahme der Ladendiebstähle eine besondere Dimension annimmt und besondere Aufmerksamkeit erfordert".
Nach Angaben der Heilbronner Polizei werden immer wieder größere Ermittlungsverfahren gegen professionelle Diebesbanden geführt - so zum Beispiel das Verfahren „Klinge“, das sich gegen georgische Täter richtete, die 2022 und 2023 enormen Schaden verursachten. Auch litauische und rumänische Banden sind in der Vergangenheit aufgefallen.
Polizei: Zahl der Ladendiebstähle ist 2024 tendenziell abnehmend
Aktuell sind die Zahlen laut Polizeisprecherin Annika Schulz in der Region allerdings rückläufig, nachdem man 2023 im Vergleich zu den beiden Vorjahren einen Höchststand erreicht hatte. 3070 Ladendiebstähle wurden demnach im Bereich des Heilbronner Polizeipräsidiums im Jahr 2023 verzeichnet - davon 1112 im Stadtkreis und 1002 im Landkreis. Vergleichsweise gering fielen diese Zahlen für den Hohenlohekreis aus, da waren es 233. In allen Kreisen sei derzeit die Tendenz abnehmend, so Schulz.
Bei Edeka Uelzhöfer liegen regelmäßig Videoaufnahmen vor, die die Täter beim Diebstahl zeigen. "Früher hätte man an den Markteingang Bilder aufgehängt: Wanted", meint Steffen Ueltzhöfer. Es entstehe durch den hohen Schaden letztlich auch ein nicht zu unterschätzender Steuerausfall. "Aber wir bleiben dran", sagt er. Man erwarte Konsequenz von Politik und Justiz.
Forderungskatalog des Handelsverbands an Politik und Justiz
Konkret fordert der Handelsverband härtere Strafen gegen Ladendiebe, um eine abschreckende Wirkung zu verstärken, mehr Polizei für die Verfolgung, eine Schadensersatzpflicht für die erwischten Täter - die den verursachten Schaden vollständig ersetzen sollen. Und: keine Verfahrenseinstellungen aufgrund von mangelndem öffentlichen Interesse. "Öffentliches Interesse muss ab dem ersten Euro vorhanden sein."
Auch für eine Herabsetzung des Strafmündigkeitsalters setzt sich der Verband ein. Wie Sprecher Michael Heinle mitteilt, sei es inzwischen regelmäßig so, dass Täter in Kolonnen vorgingen, zum Beispiel in Bekleidungsgeschäften. Eine erste Gruppe von Erwachsenen spähe aus, eine zweite Gruppe entsichere Ware, eine dritte führe den Diebstahls aus. Manchmal seien das ganz bewusst strafunmündige Kinder und Jugendliche.