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Leingarten
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Ahnenforscher aus Leingarten verfolgt Familienlinien bis ins 17. Jahrhundert

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Kuno Krieger ist 93, kennt Leingarten wie seine Westentasche und betreibt Ahnenforschung mit Leidenschaft. Seine Recherchen reichen bis nach Amerika – und zu Barack Obama.

Ahnenforscher Kuno Krieger an seinem Arbeitsplatz: Täglich forscht er zwei bis drei Stunden in der Vergangenheit.
Ahnenforscher Kuno Krieger an seinem Arbeitsplatz: Täglich forscht er zwei bis drei Stunden in der Vergangenheit.  Foto: Ferdinand, Ben

Als Malermeister mit 36 Jahren Berufserfahrung kennt er seine Heimat Leingarten in- und auswendig, fast jede Person beim Namen – oft sogar mit Adresse. Und durch das Handwerk hat er selbst mit 93 Jahren noch einen festen Händedruck, der lange nachwirkt.

Kuno Krieger, ein zugänglicher, redefreudiger Herr, hat seit seinem Renteneintritt ein ganz besonderes Hobby: die Ahnenforschung. Zwei bis drei Stunden täglich widmet er sich Geburtsurkunden, Geschichtsbüchern, Stammbäumen oder Online-Recherchen am Laptop. Viele Aufträge, vor allem aber „die eigene Neugier“, treiben ihn an, erzählt Krieger. Bereits am selben Morgen erreichte ihn ein Anruf, er solle doch bitte ein paar Nachforschungen anstellen, verrät er. Natürlich hat er zugesagt. „Ein Hobby braucht der Mensch. Der eine verraucht oder versäuft sich – ich mach’ halt das“, witzelt Krieger und lacht.

Der 93-jährige Kuno Krieger kennt Leingartens Familiengeschichten besser als jeder andere

Mit 63 ging Kuno Krieger in Rente – und „es war klar, was ich danach machen werde“, sagt er. Schon während seines Berufslebens interessierte er sich für Archäologie. Zusammen mit einem Freund vom Heilbronner Stadtarchiv entdeckte er im Kappmannsgrund einen Bronzering und Tonscherben aus der Steinzeit. Anhand von Lehmproben stieß er auf Hinweise auf einen mutmaßlichen Pestfriedhof nahe dem heutigen Leingartener Hauptbahnhof. Die Faszination für die Vergangenheit ist bei Kuno Krieger schon immer lebendig.

Der Schritt zur Ahnenforschung war daher nicht groß, berichtet er. „Ich habe im Kirchenbuch nach meinen Vorfahren gesucht.“ Daraus entwickelte sich eine regelrechte „Sucht“, versucht der 93-Jährige seine Begeisterung zu beschreiben. Bis ins Jahr 1616 kann er seine Familie zurückverfolgen – eine Linie führt bis heute in die USA. „Über 1000 Kriegers oder ,Craeger’ leben dort“, berichtet er stolz und zeigt auf ein paar Bilder auf seiner Kommode. Über die Jahre kam es zu Treffen mit den Verwandten, der Kontakt schlief jedoch ein.

16-Jähriger aus Großgartach in Napoleons Armee

Um das Jahr 2000 war es in den USA ein regelrechter Trend, seine Vorfahren zu erforschen, erinnert sich Krieger. Viele Anrufe und Anfragen erreichten ihn, über 400 Familien hat er untersucht. Heute lagert alles fein säuberlich in vollgestopften Leitz-Ordnern. Vor rund zehn Jahren kam sogar eine Reisegruppe aus Amerika nach Leingarten, die Krieger herzlich begrüßte.

Einige Funde aus seinen Recherchen sind ihm besonders im Gedächtnis geblieben. So wurde 1806 ein damals 16-Jähriger aus Großgartach – damals noch ein eigenständiges Dorf, heute Stadtteil von Leingarten – in Napoleons Armee eingezogen. Er wurde bei der Schlacht von Waterloo verletzt, desertierte und floh nach Amerika. Seine Nachfahren leben bis heute zahlreich in Leingarten, erzählt Krieger und blättert in seinen Unterlagen, zeigt eine Geburtsurkunde – und die belegbare Abstammung bis heute.

Barack Obama ist verwandt mit Gourmetkoch Uwe Straub aus Leingarten

Ein weiterer kurioser Fund: „Barack Obama hat Verwandtschaft in Großgartach“, sagt Krieger und breitet einen Stammbaum aus. Die Familienlinie von Obamas Mutter, Ann Dunham, führt zurück zur Großgartacher Familie Straub.

„Die Bietigheimer und Stuttgarter Zeitung haben geschrieben, seine Vorfahren seien aus Bietigheim – die haben einen Zauber gemacht“, lacht Krieger. „Ich hab denen dann schön geschrieben, dass sie aus Großgartach kommen und erst später nach Bietigheim gezogen sind.“ Gourmetkoch Uwe Straub wurde deshalb von Funk und Fernsehen im Jahr 2008 besucht.

Ahnenforscher Kuno Krieger: „Ich helfe gerne, es macht mir Spaß“

„Ein Professor hat mal gesagt: Ahnenforschung betreibt nur, wer viel Zeit hat“, erzählt Kuno Krieger nachdenklich. „Die habe ich als Rentner reichlich.“ Anfragen erhält er bis heute, nimmt aber kein Geld an. „Ich helfe gerne, es macht mir Spaß“, sagt er. Auf der öffentlichen Plattform Family Tree Maker trägt er seine Ergebnisse ein oder forscht weiter.

Dabei bleibt er sich treu: „Wenn ich mir nicht hundertprozentig sicher bin oder etwas nicht klar belegen kann, lass ich es bleiben.“ Oft findet er Fehler, etwa wenn Personen plötzlich 216 Jahre alt sein sollen – dann schüttelt er nur den Kopf. Seine Informationen stammen aus Kirchenbüchern, die online einsehbar sind, und aus alten Verzeichnissen von Auswanderern nach Amerika. Wer bei Krieger etwas über seine Familiengeschichte erfahren möchte, erhält fundierte Informationen – und einen festen Händedruck, der bei Begrüßung und Abschied lange nachwirkt.

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