Herrnhut mit seinen Ortsteilen ist eine Stadt im sächsischen Landkreis Görlitz in der Oberlausitz. Ab 1722 wird die Gegend von Glaubensflüchtlingen besiedelt. Der vom Pietismus geprägte Reichsgraf Nikolaus Ludwig von Zinzendorf stellte ihnen Land zur Verfügung. Die Gründung der Brüdergemeine (wie Unität) datiert auf das Jahr 1727. Herrnhut wurde fortan zum Ausgangspunkt einer ausgedehnten Missionstätigkeit. Heute ist die Herrnhuter Brüdergemeine auf vier Kontinenten beheimatet.
Wie ein Stern aus dem Mathe-Unterricht weltweites Symbol für Weihnachten wurde
Auch in der Region werden zur Adventszeit Herrnhuter Sterne aufgehängt. Was wenige wissen: Der Stern hat seinen Ursprung im Mathematik-Unterricht. Zu DDR-Zeiten war er Exportschlager und Devisenbringer.
Der Herrnhuter Stern mit seinen charakteristischen spitzen Zacken schmückt jedes Jahr zur Weihnachtszeit Kirchen und Weihnachtsmärkte auf der ganzen Welt. Was wenige wissen: Seine Ursprünge hat der Stern in einer Schule, dem Knabeninternat der Herrnhuter Brüdergemeine im sächsischen Niesky.
Im sogenannten Pädagogium, das im Schloss in Niesky untergebracht war, lebten im 19. Jahrhundert vor allem Missionarskinder, während die Eltern in Afrika oder Asien ihren oft gefährlichen Missionen nachgingen.

Weihnachtssymbol: Stern als Hilfsmittel für den Geometrie-Unterricht
Um 1820, so die Überlieferung, habe ein Lehrer des Internats im Mathematik-Unterricht einen Stern aus Pappe als geometrisches Hilfsmittel genutzt, um so anschaulich Winkel und Körperformen erklären zu können. Die Schüler hätten dann begonnen, den Stern weiterzuentwickeln und ihre selbst gebastelten Sterne in der Adventszeit aufgehängt. „Die ersten Sterne trugen dabei die Farben weiß/rot – weiß für die Reinheit und rot für das Blut Jesus Christus. Fortan bastelten die Kinder stets am ersten Sonntag im Advent ihre Sterne und trugen damit diesen Brauch in ihre Familien“, heißt es auf den Internetseiten des Onlineshops der Herrnhuter Manufaktur.

Seit über 170 Jahren werden Herrnhuter Sterne in Sachsen von Hand gefertigt
Zunächst wurden die Sterne aus Papier gefertigt, später auch aus Karton. 1897 begann schließlich die kommerzielle Herstellung, um der wachsenden Nachfrage gerecht zu werden. Seitdem werden Herrnhuter Sterne – heute meist aus Papier oder Kunststoff und mit Innenbeleuchtung – weltweit exportiert, gelten aber weiterhin als authentisches Produkt dieser Region an der Grenze zu Polen.
Die heute gebräuchliche Bauweise ist mit 17 viereckigen und 8 dreieckigen Zacken versehen, dieses Modell mit insgesamt 25 Zacken entspreche auch dem 1925 angemeldeten Patent für den ersten körperlosen Stern, heißt es weiter auf den Seiten der Manufaktur.
Exportschlager und Devisenbringer für die DDR
In der DDR wurde der Stern zum Exportschlager und zum Devisenbringer. „Der Stern stammt zwar aus Niesky, aber wir hatten zu DDR-Zeiten keinen solchen Stern“, sagt Ilka Korn, die aus der sächsischen Kleinstadt stammt und heute als Lehrerin am Albert-Schweitzer-Gymnasium in Neckarsulm arbeitet. Gegen Devisen sei fast die gesamte Produktion in den Westen verkauft worden, erzählt die 53-Jährige.
Von ihrer Mutter, die bis heute in Niesky lebt, weiß sie: Nur die Reste wurden als sogenannte „Bückware“ unter dem Ladentisch an DDR-Bürger abgegeben. Der große Stern, der heute zur Weihnachtszeit die Wohnung ihrer Eltern schmückt, sei ein Nachwende-Geschenk des Bruders an die Eltern gewesen. „In der DDR hat solch einen Stern fast keiner gehabt“, sagt Korn. Einzig in der Evangelischen Kirche am Zinzendorfplatz, der Kirche der Brüdergemeine, sei damals schon „ein riesiger Stern“ gehangen, wie sie sich erinnert, „ich habe gelesen, es sei mit 145 Zacken und zwei Metern Durchmesser der größte der Welt“.

Betrieb wird in der DDR verstaatlicht und dann zurückgegeben
Die Produktion zu DDR-Zeiten lief zunächst unter staatlicher Lenkung im Volkseigenen Betrieb (VEB) Oberlausitzer Stern- und Lampenschirmfabrik. Doch die Handfertigung, noch dazu von Sternen, dem christlichen Symbol für Weihnachten, passte nicht in das Bild sozialistischer Industrieproduktion.
„Es kam zu einem zu jener Zeit außergewöhnlichen Vorgang: Rückübertragung an die Brüder-Unität. Die geschäftliche Lage blieb jedoch prekär, da auch der neue Betrieb staatlichen Planungen unterworfen war“, heißt es auf den Internetseiten der Manufaktur.
In der Neckarsulmer Martin-Luther-Kirche hängt ebenfalls ein Stern
Auch in unserer Region hängen Herrnhuter Sterne, in Privathaushalten wie in Kirchen. „Unsere Kirche ist erst 40 Jahre alt und wir haben bei uns quasi schon immer einen solchen Stern zur Advents- und Weihnachtszeit“, sagt Dieter Steiner, Pfarrer der Evangelischen Martin-Luther-Gemeinde in Neckarsulm. Der gelb-rote Stern, der seit etwa zehn Jahren den Eingangsbereich schmückt und eine Vorgängerversion ersetzt, sei ein Geschenk der Partnergemeinde aus Greiz-Caselwitz im thüringisch-sächsischen Grenzgebiet, sagt er. „Mit dieser Gemeinde hatten wir schon zu DDR-Zeiten einen engen Austausch.“ In der evangelischen Kirche sei der Stern ein bekanntes Symbol, genauso wie die Herrnhuter Losungen.

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