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"Möchte andere warnen": Seniorin aus Raum Heilbronn fällt auf Gewinnspielversprechen herein

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Ein halbes Jahr lang hofft eine Frau aus der Region Heilbronn auf den versprochenen Gewinn. Der kommt nicht. Stattdessen verliert sie ihr komplettes Erspartes. Verbraucherschützer kennen solche Fälle.


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Menschen, die auf eine Betrugsmasche hereingefallen sind, schämen sich oft. Sie hadern und geraten in Selbstzweifel. Ganz besonders ausgeprägt ist das bei Senioren. Oft wissen noch nicht einmal die Angehörigen von dem Vorfall. Geschweige denn die Öffentlichkeit. Vor allem sogenannten Enkeltrick-Betrügern und falschen Polizisten gehen ältere Menschen immer wieder auf den Leim. Erst vor wenigen Wochen wurde ein spektakulärer Fall vor dem Amtsgericht Heilbronn verhandelt

Mit einer anderen Methode wurde eine Seniorin aus dem Landkreis Heilbronn um ihr Erspartes gebracht. Sie möchte, dass ihre Geschichte öffentlich wird. Ihren Namen möchte sie nicht in der Zeitung lesen.

Garantierte Gewinn-Zusage: Von versprochenen Summen keinen Cent gesehen

Ein Brief, ein Gewinnspielversprechen, ein paar bunte Seiten, dünn wie Pergament-Papier, dazu ein Formular, das aussieht wie ein Scheck. Und die garantierte Zusage auf einen Gewinn. So fing es bei der Seniorin im Spätherbst vergangenen Jahres an. „Ich wollte meinen Enkeln aus der Finanzfalle helfen und bin selbst reingelegt worden“, sagt die 83-Jährige. Die Firmen heißen „Janus“, „Kloster Marien-Quell“, „Bela Vita“, „Aqua Vitalis“ oder „Der gute Preis“. Mal sind es 8400 Euro Hauptgewinn, mal 5600 Euro, mal 9200 Euro und ein Mal 38.900 Euro, die die Frau gewonnen haben soll. Treue-Schecks, „unterschrieben vom Direktor oder vom Geschäftsführer“, sagt sie.

Heute weiß sie, dass sie auf ein Gewinnspielversprechen reingefallen ist. Von den versprochenen Summen sieht sie keinen Cent. 

Durch falsche Gewinnversprechungen verliert eine Seniorin ihr Erspartes. Foto: Jürgen Kümmerle
Durch falsche Gewinnversprechungen verliert eine Seniorin ihr Erspartes. Foto: Jürgen Kümmerle  Foto: Kümmerle, Jürgen

Verbraucherzentale Baden-Württemberg spricht von geschicktem Vorgehen

Die Verbraucherzentale Baden-Württemberg kennt die Methode. „Die machen das sehr geschickt“, sagt Sprecher Oliver Buttler. „Wenn im Kleingedruckten steht, dass dies erst der Beginn eines Gewinnspiels sei, ist es in vielen Fällen zulässig.“ Oft sei die Schrift des Hinweises aber so klein gestaltet, dass Senioren diese nicht lesen können, erklärt er. „Wenn Gewinnzusagen getätigt wurden, muss auch ausbezahlt werden. Dann wäre das Unternehmen verpflichtet, den Gewinn herauszugeben.“ Schwierig sei es, wenn der Anbieter die Teilnahme am Gewinnspiel mit dem Kauf von Produkten koppele. Man müsse im Detail schauen, wie das Gewinnspielversprechen formuliert sei, erklärt der Verbraucherschützer.

Seniorin wartet mit jeder Bestellung auf angeblichen Gewinn

„Ich musste immer erst etwas bestellen. Aber der Scheck kam nie“, sagt die Seniorin. Naturheilmittel, drei Fläschchen Sekt, Salben, eine Lupe, Tabletten, ein Elixier zur Gewichts-Reduzierung, Mittelchen für dies und jenes Wehwehchen, das alte Menschen plage. Das meiste davon verschenkt sie weiter. Sie wartet auf das Geld, das sie angeblich gewonnen hat. Stattdessen verliert sie alles. 3000 Euro von ihrem Konto, 5000 Euro von ihrem Sparkonto, 5000 Euro von ihrer Sterbeversicherung und mit 4500 Euro überzieht sie ihr Konto.

Ende August erstattet sie Anzeige bei der Polizei. Der Beamte, der ihren Fall aufnimmt, sei nett gewesen. Einen Anwalt kann sie sich jedoch nicht mehr leisten. Der Polizist verweist sie ans Amtsgericht. Dort könne sie um einen kostenlosen Rechtsbeistand bitten.

Mit Adressen wird viel Schindluder getrieben

Den Anbietern rechtlich beizukommen, sei schwierig, erklärt Buttler von der Verbraucherzentrale. Die Unternehmen seien oft in den Niederlanden beheimatet. „Da kommt man juristisch nur schwer dran.“ Dass die Seniorin gleich von mehreren Firmen angeschrieben wurde, wundert Buttler nicht. Mit Adressen werde gehandelt. „Da wird viel Schindluder getrieben.“ Das Darknet sei voll mit Adressen von Opfern, von denen bekannt sei, dass sie falschen Versprechungen auf den Leim gingen.

Dabei hätte es so weit nicht kommen müssen. Während die Seniorin mit jeder Bestellung auf den erhofften Gewinn wartet, vertraut sie sich ihrem Sohn an. „Der hat mir gesagt, ich soll es lassen. Es seien alles Betrüger. Ich bin trotzdem darauf reingefallen.“ Dafür schämt sie sich. Von den Kindern wolle sie trotz ihrer desaströsen Situation keine finanzielle Hilfe annehmen. Sie sei doch immer die gewesen, die gegeben habe. Für Tiere, für hilfsbedürftige Menschen habe sie gerne gespendet. Ihre Enkel im Rahmen ihrer Möglichkeiten unterstützt. Selbst nach ihrem Tod sollten ihre Hinterbliebenen frei von finanziellen Belastungen sein. Für ihre Beerdigung habe sie Geld weggelegt. Aber auch dieses Geld habe sie für die Gewinnversprechen und für die Waren ausgegeben. „Ich möchte andere Menschen warnen. Macht das nicht.“

Rat und Informationen

Die Verbraucherzentrale (VZ) Hamburg hat eine „Schwarze Liste der Abzocker“ im Internet veröffentlicht. Dort sind Namen und Vorgehensweisen der Firmen aufgeführt. Nach Ansicht der VZ werde in „den Mitteilungen oft gelogen, dass sich die Balken biegen“. Die Verbraucherzentrale rät, egal ob am Telefon, per Brief oder E-Mai: Für Betroffene sei in Sachen Gewinnspiel die beste Methode, nicht zu reagieren, nicht auf eine „Kaffeefahrt“ mitzufahren, nichts zu bestellen, nicht anzurufen. Firmen sitzen im sicheren Ausland. Versuche, den Gewinn einzufordern, scheitern daher. red

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