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Teuer wie nie
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Wird der Führerschein billiger? Das sagen Fachleute aus der Region Heilbronn

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Der Pkw-Führerschein kostet in Baden-Württemberg im Schnitt 3400 Euro. Die künftige Bundesregierung will die Ausbildung überarbeiten. Ziel ist es, die Kosten spürbar zu senken.


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Der Koalitionsvertrag der künftigen Bundesregierung beschäftigt sich auch mit dem Thema Verkehr. Ein kleines, nicht ganz unbedeutendes Thema dabei ist die Reform des Führerscheins. „Das Auto ist ein wichtiges Fortbewegungsmittel, vor allem für die Menschen im ländlichen Raum“, heißt es in dem Papier. „Unter Wahrung hoher Standards wird die Fahrausbildung reformiert, um den Führerscheinerwerb bezahlbarer zu machen.“

Der Reformwille selbst ist nicht neu. Schon im Oktober 2024 kündigten sich unter der damaligen Ampelregierung Veränderungen bei der Fahrausbildung in Deutschland an. 2026 sollten diese umgesetzt werden. 

Führerschein-Reform geplant: Ausbildung soll günstiger werden

Unter anderem war damals schon der Fragenkatalog für die Theorieprüfung in der Kritik. Die 1300 Fragen, die beantwortet werden müssen, zu entstauben, das hält Mirko Skeide, Eigentümer der Neckarsulmer Fahrschule Fahrwerkk und Kreisvorsitzender des Fahrlehrerverbands Baden-Württemberg in Heilbronn, bei einer Durchfallerquote von über 50 Prozent für überfällig.

Skeide hat 1995 seinen Führerschein gemacht: „1300 Fragen, das sind 1000 Fragen mehr, als wir damals hatten. Dabei waren die Regeln damals die gleichen wie heute“, sagt er. Viele der aktuellen Fragen würden die hohen Anforderungen an die Sicherheit gar nicht berühren und seien daher unsinnig: „Um die Sicherheit im Straßenverkehr als oberstes Gebot zu gewährleisten, braucht es keine 1300 Fragen“, betont Skeide. 

Führerschein soll billiger werden: Durchfallquote bei theoretischer Führerscheinprüfung liegt bei über 50 Prozent

Jede Wiederholung einer Prüfung führt auch zu weiteren Kosten. Und die sind mit durchschnittlich 3400 Euro in Baden-Württemberg gegenüber 3238 Euro im Vorjahr ohnehin schon hoch. Es seien die Rahmenbedingungen, die den Führerschein verteuerten, sagt Mirko Skeide: „Die Fahrschulen reichen ihre Kosten nur weiter.“ 

Noch liegen seitens der künftigen Regierung keine konkreten Vorschläge vor. „Im Moment zu spekulieren, wo wir noch nicht einmal wissen, wer Verkehrsminister wird, ist zu früh“, sagt Jochen Klima, Vorsitzender des baden-württembergischen Fahrlehrerverbands. Die Fahrschulen nimmt Klima dabei in Schutz: „Es sind die externen Faktoren, die die Kosten in die Höhe getrieben haben“, sagt auch er und nennt unter anderem Anschaffungskosten für Schalt- und Automatik-Wagen, Versicherungen oder Werkstattkosten: „Die liegen alle über der Inflationsrate.“

Teuer wie nie: Kosten für den Führerschein treiben Fahrschulen in der Region Heilbronn um

„Manche bürokratische Hürde müsste wegfallen“, fordert Jochen Klima, der selbst außerdem auch ein Verfechter der Reduzierung der überbordenden Prüfungsstandards ist. Auch in der Praxis: Allein dort habe sich die Prüfungszeit von 45 auf 55 Minuten erhöht: „Das hört sich nicht nach viel an“, so Klima, „aber um jemanden fit zu machen, damit dieser 55 Minuten durchhält, muss man mehr üben.“ Eine reguläre Fahrstunde kostet im Schnitt 68,35 Euro. „Die Regierung darf Fahrschulen auf keinen Fall bei 60 Euro deckeln“, sagt der Kreisverbandsvorsitzende Skeide.

„Das Thema Kosten beschäftigt uns sehr, weil wir hier zu Unrecht in der Kritik stehen“, sagt Wolfgang Fischer als langjähriger Fahrlehrer aus Bad Wimpfen und Dozent in der Ausbildung an der DVPI in Heilbronn. Dabei würden die Voraussetzungen immer schwieriger. Für Fahrschulen und für Fahrschüler.

Führerscheinausbildung soll vereinfacht werden: Verkehrsministerium formuliert zu hohe Standards in der Fahrprüfung

Die müssten heute bei der Prüfung nicht nur ein Mal, sondern drei Mal einparken. Sie müssten technisches Wissen mitbringen, „jetzt kommen noch die Assistenzsysteme dazu“. Geprüft wird das Fahren und Einparken mit und ohne technische Hilfen.

Dass Fahrschüler heute weniger Verkehrskompetenz mitbringen, weil sich die Gesellschaft verändert hat, beobachten alle drei Fachleute. Kinder, die überall hingefahren würden, während der Fahrt das Handy nutzten, statt aus dem Fenster zu schauen, und selbst nicht aktiv, etwa als Fahrrad- oder Mofafahrer, am Straßenverkehr teilnehmen würden, müssten praktisch mehr geschult werden, lautet ihr Fazit. Heißt: mehr Fahrstunden. Heißt: höhere Kosten.

Führerschein verteuert sich auch durch lange Wartezeiten bei der Antragstellung

„Die zehn vorgeschriebenen Schaltwagenstunden verteuern den Führerschein nicht“, betont Wolfgang Fischer. Doch könnten Fahrschulen ihren Fuhrpark reduzieren, wenn sie nicht mehr so viele unterschiedliche Pkw vorhalten müssten.

Durch den Wegfall der Automatikregelung, nach der Fahrschüler zur Zeit sowohl auf Schalter- als auch auf Automatik-Fahrzeugen lernen müssen, könne er vier Fahrzeuge einsparen, sagt Skeide. Pro Fahrlehrerteam von zwei Personen müsse er beide Fahrzeugtypen vorhalten: „Das heißt, ein Auto steht immer still.“

Schließlich würden auch die langen Wartezeiten, etwa zwischen Antragstellung und Genehmigung des Führerscheins die Kosten in die Höhe treiben: „Vieles ist dann nicht mehr parat und muss aufgefrischt werden“, so Fischer: „Wir Fahrschulen sind nicht teurer geworden. Aber die Schüler brauchen mehr Stunden, um ihren Führerschein durchzuziehen.“ Im Schnitt 40. Das Auto habe bei jungen Leuten nicht mehr den Stellenwert, den es in seiner Generation noch hatte, lautet Wolfgang Fischers Fazit.

Wird der Führerschein billiger? Tipp vom Fachmann: Mit den Eltern auf dem Verkehrsübungsplatz üben

Dennoch gilt Autofahren als Kernkompetenz. Jochen Klima hat deshalb einen konkreten Vorschlag, wie der Pkw-Führerschein billiger werden könnte: durch die Abschaffung der Mehrwertsteuer, wie das beim Lkw-Führerschein schon der Fall ist. „Würde der Führerschein als Allgemeinbildung betrachtet, dann wäre er gut 20 Prozent günstiger“, sagt er. Das könnte man sogar relativ schnell umsetzen. 

Und noch etwas würde Geld sparen, darauf verweist Mirko Skeide: üben, üben, üben. „Wenn die Jugendlichen mit den Eltern regelmäßig auf den Verkehrsübungsplatz gehen, dann spart auch das Geld.“

Das kostet der Pkw-Führerschein aktuell

Eine normale Fahrstunde in Baden-Württemberg kostet im Schnitt 68,35 Euro. Besondere Ausbildungsfahrten wie Autobahn oder Nachtfahrten schlagen mit 77,50 Euro zu Buche. Hinzu kommt ein Grundbetrag von 352,99 Euro für Theorieunterricht und Verwaltung.

Die Gebühren für die Theorieprüfung betragen 80,62 Euro, die für die praktische Prüfung 195,24 Euro. „Das sind nur die Kosten für die Fahrschule“, sagt Jochen Klima, Vorsitzender des Fahrlehrerverbands Baden-Württemberg. Hinzu kommen TÜV-Gebühren für Theorie (24,99 Euro) und Praxis (162,67 Euro).

Die Zahlen sind aktuell, Klima hat sie für die Verbandsversammlung aufbereitet. In Baden-Württemberg haben voriges Jahr zwei Prozent der Fahrschüler ihren Führerschein für unter 2000 Euro gemacht, das seien Schüler gewesen, die aus welchem Grund auch immer vorher schon fahren konnten so Klima. Drei Prozent mussten nicht mehr als 2500 Euro bezahlen,

28 Prozent kamen mit unter 3000 Euro weg, 34 Prozent mit unter 3500 Euro und 24 Prozent mit unter 4000 Euro. Fünf Prozent der Anwärter zahlten mehr als 4000 Euro. Drei Prozent machten keine Angaben. Der durchschnittliche Preis für einen Führerschein liegt in Baden-Württemberg aktuell bei 3400 Euro (2024: 3238 Euro), im Bundesdurchschnitt liegt er bei 3228 Euro (2024: 3070 Euro). rik

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