Närrischer Ausnahmezustand in Brackenheim: Faschingsumzug begeistert Zuschauer
Tausende Zuschauer verfolgen den schwäbisch-alemannischen Fastnachtsumzug in Brackenheim. Es ist in der Region die erste größere Faschingsveranstaltung.
Früher Samstagnachmittag in Brackenheim. Auf dem Schulhof herrscht Trubel, wie man ihn nur einmal im Jahr erlebt: wenn sich hier über 70 Narrenzünfte aus ganz Baden-Württemberg versammeln, um am ersten närrischen Großereignis der Saison teilzunehmen – in aufwendigen Kostümen, mit Musikinstrumenten, allerlei Gerätschaften und Fahrzeugen.
Bevor sich der Gaudiwurm durch die Innenstadt, gesäumt von zahllosen Hasen, Bären und Prinzessinnen, schlängelt, herrscht im Ort bereits Hochbetrieb, vor allem im Narrendorf auf dem Kirchplatz oder in der Bar der Zechweiber in der umfunktionierten Rathaus-Tiefgarage. Überall ertönt Partymusik, die sich später mit der Guggemusik einiger Narrenzünfte mischt. Eine markdurchdringende Beschallung je nach Standort. Die ausrichtende 1. Fasnetzunft Brackenheim e.V. samt Zechweiber feiert mit dem 14. Umzug ihr 20-jähriges Bestehen und das Wiederaufleben der Tradition der Weiberzeche.
Brackenheimer Faschingszug startet: "Weiber! Zeche! Narri Narro!"
Kurz nach 14.30 Uhr setzt sich der Zug in Bewegung. Zuvor sorgt die Brackenheimer Zunftmeisterin Beate Ramm mit ihren Assistentinnen schon für Stimmung und übt den ersten Narrenruf ein: "Weiber! Zeche! Narri Narro!" Bis die Lautstärke stimmt. "Danke! Bitte!" An der Kreissparkasse animiert Hartmut Weiß das Publikum zum Mitmachen.
Begleitet werden die Zechweiber von den Waldstrafblechern, die einst, 1798, die Strafe dafür bezahlen mussten, dass ihre Weiber aus Ärger über die Abschaffung der Weiberzeche eine Eiche im Gemeindewald fällten.
Faschingsumzug Brackenheim: Bürgermeister Thomas Csaszar wird zum städtischen Superhelden
Einige Zechweiber kommen wie Rotkäppchen mit einem großen Korb und verteilen Brot und Wein an Frauen, nach alter Weiberzeche Sitte. Mit dabei ist auch ein prominenter "Mundschenk" mit Zylinder: Bürgermeister Thomas Csaszar, den die Zechweiber mit diversen Accessoires ausgestattet und ihn zum städtischen Superhelden deklariert haben. Und da sich der Zechweiber-Novize so gut als Weinausschenker bewährt, hoffen sie auf eine Fortsetzung im nächsten Jahr.

Weiter geht’s mit freundlichen Drills, Hexen und Trollen, einem Prinzenpaar, aber auch furchteinflößenden Teufelsgestalten, Dämonen und wilden Tieren. Die Zaunreiter ziehen ein paar Meter eine junge Frau, Elisa, in einem Drehkäfig hinter sich her. "Mir ist ganz schwindelig", sagt sie lachend, als sie aus ihrem Gefängnis aussteigen darf.
Einem kleinen Jungen sind die Gestalten, die mit Farbstiften Gesichter "verschönern", mit Schweinsblasen am Stock vor Nasen herumfuchteln oder Haare verwuscheln, nicht geheuer, bis ihm ein Dämon persönlich Bonbons in die Hand drückt. Aber da verläuft der Nachmittag entspannter.
Highlights sind die akrobatischen Pyramiden vieler Gruppen, die Guggemusiker, die bei zunehmender Kälte für willkommene Tanzschritte sorgen. Und immer wieder müssen Zuschauer zur Sicherheit zurückgedrängt werden, wenn die Wobachspatzen ihre Karbatschen schwingen und knallen lassen.
In Brackenheim wird bis zum späten Abend gefeiert
Zwischendurch wird ein Zechweib auf einer Ziege entführt, aber schon bald darf sie zurück zum Mikrofon, um die Gruppen anzukündigen und die jeweiligen Narrenrufe anzuleiten.
Das Ende des Umzugs ist noch lange nicht das Ende des närrischen Tages. Bis in den späten Abend wird bei der After-Umzugs-Party im Narrendorf mit DJ und Güglinger Gassafäger weitergefeiert. Eine Trompeterin ist froh, dass sie unter ihrem Kostüm noch einige Schichten Kleidung trägt. "Eisig, aber so cool", ist das Fazit einer Bad Friedrichshaller Teilnehmerin. Und für eine nicht mehr ganz junge Zuschauerin ist die Lautstärke das Größte: "Ist doch geil, der Lärm!" Auch beim Zunftmeisterempfang im Rathaus pulsiert noch das närrische Leben.
Fröhliche, offene und friedliche Faschingsstimmung in Brackenheim
"Ihr habt Brackenheim gerockt", bedankt sich Beate Ramm bei den Zünften und eingeladenen Vertretern einiger Parteien, was diese mit donnerndem Applaus und lautem Rätschen quittieren. "Jetzt geht’s mit der Fasnet erst richtig los."
Grund zur Freude ist für Bürgermeister Thomas Csaszar die fröhliche, offene, friedliche Stimmung des Tages, die "etwas Positives nach vorne getragen hat." Allerdings unter erhöhten Auflagen, die den Umzug erst ermöglicht haben: das Brandschutzkonzept für die Tiefgarage sowie die massiven Absperrungen der Zufahrten in die Innenstadt durch Bauhof, Polizei und Feuerwehr.