Schimmel, Schädlinge, große Sorgen: Dauerregen vernichtet Erdbeer-Ernte
Der starke Regen zuletzt hat Freilandkulturen stark geschädigt. Immer mehr Landwirte reduzieren Anbauflächen für Erdbeeren – oder geben ganz auf.

"Es ist eine Katastrophe, wir können im Freiland kaum gesunde Früchte ernten“, seufzt Elisabetha Wormser. Die Ehefrau des Untergruppenbacher Landwirts Siegbert Wormser deutet auf einem Erdbeerfeld in der Nähe des Beerenhofs Wormser auf die Wälle mit Erdbeerpflanzen. Zwischen den Reihen ist Stroh gestreut, um die Erdbeeren vor direktem Bodenkontakt, Nässe und Verschimmeln zu schützen. Die Haut vieler Früchte ist durch die Wucht von Regentropfen massiv verletzt.
Doch trotz Stroh und mit Folie bedeckten Wällen schimmeln die Beeren stark. Schädlinge wie Schnecken und Insekten wiederum fallen über die geschädigten Beeren her. Elisabetha Wormser schätzt, dass im Betrieb zwischen 80 und 90 Prozent der Freiland-Erdbeeren durch den Starkregen der vergangenen Tage vernichtet wurden. „Bei einigen Feldern haben wir es vor dem Regen nicht mehr geschafft, Stroh zu streuen, um die Pflanzen zu schützen“, erzählt die Bäuerin.
Pflücker wollten trotz zusätzlicher Prämien nicht mehr auf die Felder
Auf einem anderen Feld ohne Stroh steht in Fahrspuren und zwischen den Wällen noch das Regenwasser. Der Boden ist schlammig. „Als es so stark geregnet hat, wollten unsere Pflücker nicht mehr auf die Felder, obwohl wir zusätzliche Prämien bezahlt haben“, berichtet Wormser. Die Äcker hätten beim ernten ausgesehen wie Schlachtfelder. Sie habe für die 30 Pflückerinnen und Pflücker des Betriebs wegen des schlechten Wetters Regenbeleidung bestellt und übergangsweise für die Mitarbeiter aus Müllsäcken einen Regenschutz hergestellt.
Ein großes Problem sei, dass der Beerenhof als Direktvermarkter wegen der Ernteausfälle die 20 Verkaufsstände in der Region, einen Großhändler und eine Bäckerei nicht mehr ausreichend mit Früchten versorgen könne. „Nachdem die Erdbeerernte in unseren Folienhäusern zu Ende war und wir im Freiland starten wollten, kam der Regen, jetzt ist die Arbeit eines ganzen Jahres fast umsonst“, klagt Siegbert Wormser.
"Erdbeeren werden zum Luxusgut": Hohe Kosten beim Landwirt
Der Kostendruck durch Mindestlohn, Investitionen in neue Pflanzen und Pflanzenschutz, Gewächshäuser, Bewässerung und Kisten sei enorm. Die hohen Kosten könne man kaum an die Verbraucher weitergeben. Ein Mindestlohn von 15 Euro pro Stunde würde das Aus für seinen Erdbeeranbau bedeuten. „Erdbeeren werden wegen der hohen Betriebskosten zum Luxusgut, sechs Euro für 500 Gramm Erdbeeren sind bei den Verbrauchern die Schmerzgrenze“, meint Siegbert Wormser. Überhaupt habenRegen und Hochwasser für große Schäden in der Landwirtschaft gesorgt.
Waren es 2021 noch 20 Hektar, so hat der Landwirt seine Erdbeeranbaufläche bis heute aus wirtschaftlichen Gründen auf elf Hektar verkleinert. Im nächsten Jahr will er um weitere drei Hektar reduzieren. Bei der Vermarktung hat der Landwirt ebenfalls Probleme. „Wir haben bei der Stadt Heilbronn einen Verkaufsstand auf dem Wochenmarkt sowie einen Stand im Stadtgebiet beantragt, beides wurde abgelehnt“, berichtet Elisabetha Wormser.
Erdbeeren sind die Kultur mit dem höchsten Risiko
Solche Probleme hat Andreas Frank, Chef des landwirtschaftlichen Bio-Betriebs Früchte-Frank in Weinsberg-Gellmersbach nicht. „Wir haben unsere gesamte Produktion auf Bio umgestellt und bauen Erdbeeren nur noch in unseren 44 Folienhäusern an“, berichtet Andreas Frank. 2018 kultivierte der Landwirt auf 15 Hektar Erdbeeren, heute sind es noch zweieinhalb Hektar im 35 Hektar großen Biobetrieb. Erdbeeren seien die Kultur mit dem höchsten Risiko. „Durch den Klimawandel hat sich die Erntezeit nach vorne verschoben, die Erdbeersaison dauert sechs Wochen“, erläutert Frank.
Gepflückt werde nur noch für den Hofladen, einen Verkaufsstand, die Bäckerei Grimmeißen sowie auf Bestellung. Auch eine Selbstpflücker-Saison gebe es von Mitte bis Ende Mai. „Die deutsche Erdbeere hat beim Verbraucher eine so gute Reputation, dass unsere Kunden sie wertschätzen und kaufen“, stellt Frank fest.
Marion und Marcus Föll aus Ilsfeld-Wüstenhausen haben in ihrem landwirtschaftlichen Biobetrieb von 1995 bis 2022 auf rund zwei Hektar Erdbeeren angebaut. Dann haben sie den Anbau aufgegeben. „Weil wir keine geeigneten Ackerflächen hatten, um die wasserliebenden Erdbeerpflanzen zu bewässern“, sagt Marion Föll.
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