Post-Covid-Syndrom: Lauffenerin berichtet, wie ihr Mann zum Pflegefall wurde
Zwei Mal wird Ralf Dalisdas aus Lauffen mit dem Coronavirus infiziert. Sein Gesundheitszustand verschlechtert sich nach und nach. Jetzt ist er ein Pflegefall. Seine Frau Katarina erzählt, wie das ihr Leben völlig verändert hat.
Sie leben in der „ziemlich besten Hölle“, sagt Katarina Dalisdas. Die Hölle ist, dass ihr Mann Ralf am Long-Covid-Syndrom leidet. Seit Anfang des Jahres ist er bettlägerig. Am Gespräch mit dieser Zeitung kann er nicht teilnehmen. Das Leben der beiden ist vollkommen auf den Kopf gestellt. Sie machen das Beste draus.
Katarina Dalisdas ist ein lebendiger Mensch. Die 37-Jährige erzählt wortgewandt und reflektiert. Drei Mal geimpft, steckt sich Ralf Dalisdas (46) Mitte des Jahres 2022 mit dem Coronavirus an. Auch sie erwischt es. Die Verläufe? Wie eine heftige Erkältung, erinnert sich Katarina Dalisdas. Nach gut einer Woche ist es überstanden. Danach aber habe sich ihr Mann schlapp gefühlt. „Matschig.“ Er stellt Konzentrationsprobleme fest. Er, „ein Sonnenanbeter“, entwickelt eine Sonnenallergie. Er schwitz und friert schnell. Trotz der gesundheitlichen Probleme: Er geht arbeiten. In Heilbronn ist der Sozialpädagoge als Streetworker unterwegs und in der Suchtberatung tätig.
Seiner Frau zufolge schont er sich nicht. Es dauert ein gutes halbes Jahr, bis er sich wieder vollkommen hergestellt fühlt. Dann, von heute auf morgen, erzählt Katarina Dalisdas, kommen die Beschwerden zurück und obendrein im April 2023 erneut eine Corona-Infektion. Der Verlauf? „Sogar leichter als beim ersten Mal“, sagt sie.

Der Zustand verschlechtert sich zusehends – Post-Covid-Ambulanz stellt Diagnose
Der Hausarzt habe die Beschwerden ihres Mannes als psychische Belastung eingestuft, als Burn-out oder gar eine Depression, erzählt Katarina Dalisdas. Ihr Mann kenne sich aufgrund seines Studiums und seines Berufs mit solchen Themen gut aus, sagt sie. „Er wusste, dass es nichts Psychisches ist. Er will, aber sein Körper kann nicht.“
Eine Erkältung Ende Juli des vergangenen Jahres zieht ihm den Stecker. Seitdem sei ihr Mann krankgeschrieben. Der Zustand verschlechtert sich. Seit Mitte Januar kann er nicht mehr aufstehen und benötigt bei allen alltäglichen Verrichtungen Hilfe. Ralf Dalisdas ist ein Pflegefall, extrem lichtempfindlich, trägt Augenmaske, kann weder Musik hören noch lesen oder Fernsehen gucken, beschreibt Katarina Dalisdas seinen Zustand.
Die Post-Covid-Ambulanz der Heidelberger Universitätsklinik stellt die Diagnose: Post-Covid-Syndrom mit schwerer Funktionseinschränkung und ein postinfektiöses chronisches Fatigue-Syndrom mit einer Belastungsintoleranz. Die Heilbronner Stimme sieht die ärztlichen Dokumente und die Einstufung des Medizinischen Dienstes ein. Der vergibt den Pflegegrad drei.
Sie absolviert eine Ausbildung zur Steuerfachangestellten und erhält ein Lob
Die Beschwerden und Schmerzen im Einzelnen aufzuführen, sprengt den Rahmen der Berichterstattung. Und dennoch: „Ich bin überrascht, wie gut er mental dasteht“, sagt die 37-Jährige über ihren Mann. „Das zeigt, was für ein positiver Mensch er ist.“ Der Glaube und die Hoffnung auf Genesung oder zumindest eine Verbesserung seiner Lage seien da. „Aber natürlich gibt es auch schwere Tage.“
Die Krankheit des Mannes verändert das Leben des Paares. Katarina Dalisdas absolviert während der Zeit eine Ausbildung zur Steuerfachangestellten, die sie jetzt mit einem Lob abgeschlossen hat. Sie pflegt ihren Mann, zieht ihm morgens Kompressionsstrümpfe an, reicht ihm ein Smoothie – seine Kiefermuskulatur ist ausgefallen -, setzt eine Thrombosespritze, übernimmt die Körperpflege. Wegen der Belastungsintoleranz müssen lange Pausen zwischen einzelnen Arbeitsschritten eingehalten werden. Das macht das Hinzuziehen eines auf Effizienz getrimmten Pflegedienstes schwierig. Etwa jede Stunde schaue sie nach ihrem Mann.
Katarina Dalisdas vermisst das alte Leben mit ihrem Mann
Als Erschwernis kommt hinzu, dass das Ehepaar zwar eine gesicherte Diagnose hat. Hilfe und Therapien sind aber rar. Hausärzte wüssten noch viel zu wenig über die Krankheiten, meint die 37-Jährige. Mühsam sucht sie verfügbare Informationen zu allen Aspekten der Krankheiten zusammen, nimmt Kontakt zu den wenigen spezialisierten Einrichtungen wie die Ambulanz in Heidelberg auf. „Schwer erkrankt und unterversorgt“ – so bewertet sie die vorhandene medizinische Hilfe in diesen Fällen. Ihr Wunsch ist es, dass sich daran etwas ändert. Das sei der Grund, warum sie und ihr Mann mit ihrer Geschichte an die Öffentlichkeit gehen.
Unterstützung erfahren Katarina und Ralf Dalisdas durch seine Mutter. Ohne sie wäre der Alltag nicht zu stemmen. Katarina Dalisdas managt den Alltag und schaut, dass sie selbst dabei nicht untergeht. Ein Mal am Tag guckt sie bei ihrer Mutter auf einen Kaffee vorbei. Sie geht schwimmen und hält mit Freunden telefonisch Kontakt.
Inzwischen seien es nur noch Momente und keine längeren Tiefs mehr, in denen sie verzweifelt sei, traurig und einsam. „Mir fehlt mein Partner, mein bester Freund, mein Liebhaber, mein Wanderfreund.“ Es habe lange gedauert, bis sie gelernt habe, mit diesem Vermissen umzugehen.
Sein Leben hat sich das Paar anders vorgestellt. Sie seien aktive Menschen, die sich viel bewegten, gern wanderten, sagt die 37-Jährige. Jetzt ist alles verändert. Nur eines nicht: „Ich bin loyal“, sagt Katarina Dalisdas. „Die Liebe ist ungebrochen.“

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