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Löwensteins Bürgermeister Birk unter Druck – Kritik an Amtsführung wächst

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Im Rathaus von Löwenstein hängt der Haussegen schief. Stadtoberhaupt Eberhard Birk wird für seine lasche Amtsführung kritisiert. Seine drei Stellvertreter haben nun einen bemerkenswerten Schritt unternommen. 

Von Bernd Günther
Im Wahlkampf hat Dr. Eberhard Birk viele Versprechungen gemacht. Seit eineinhalb Jahren ist er nun Bürgermeister von Löwenstein, die Kritik an seiner Amtsführung wächst.
Im Wahlkampf hat Dr. Eberhard Birk viele Versprechungen gemacht. Seit eineinhalb Jahren ist er nun Bürgermeister von Löwenstein, die Kritik an seiner Amtsführung wächst.  Foto: Christiana Kunz

Sie klingen verzweifelt, die Warnrufe von Löwensteiner Kommunalpolitikern, ob der Vorgänge in ihrem Rathaus. Ein fehlender Haushaltsplan fürs laufende Jahr, Personalwechsel in der Verwaltung, eine schleppende Beteiligung an regionalen Projekten, wie Wärmeplanung oder Kläranlagenbau – es sind wichtige politische und administrative Themen, die im Argen liegen. Die Kritik an Löwensteins Bürgermeister Dr. Eberhard Birk wächst weiter.

Löwensteiner Bürgermeister-Stellvertreter äußern sich besorgt über das Stadtoberhaupt

Seine Stellvertreter haben nun den fraktionsübergreifenden Schulterschluss gesucht. Harald Koppenhöfer (Freie Wählervereinigung), Tobias Schock (Unabhängige Bürger) und Dieter Sammet (Offenes Forum) äußern sich im Gespräch mit der Stimme besorgt über das Stadtoberhaupt. Seine Amtsführung sei lasch, und gegenüber Kritik schotte sich Birk ab, meinen die drei Kommunalpolitiker, die schon mehrere Wahlperioden dem Gemeinderat angehören.

Koppenhöfer hat als Stellvertreter von Birk, während dessen krankheitsbedingter zweimonatiger Auszeit Anfang diesen Jahres, die Amtsgeschäfte geführt. Dabei hat er Akten eingesehen und die Stimmung im Rathaus erlebt – und ist ernüchtert: „Herrn Birk fehlt die Wahrnehmung dafür, was wichtig ist“, so Koppenhöfer. Birk handle kurzfristig, oft auf den letzten Drücker und lasse weitsichtiges Handeln vermissen.

Während der Erkrankung von Bürgermeister Birk (l.) hat sein Stellvertreter Harald Koppenhöfer (r.) die Amtsgeschäfte geführt. Er arbeitete Birk nach dessen Rückkehr wieder in die laufenden Amtsgeschäfte ein.
Während der Erkrankung von Bürgermeister Birk (l.) hat sein Stellvertreter Harald Koppenhöfer (r.) die Amtsgeschäfte geführt. Er arbeitete Birk nach dessen Rückkehr wieder in die laufenden Amtsgeschäfte ein.  Foto: Gustav Döttling

Ein Beispiel sei die Kinderbetreuung in Löwenstein und die viel kritisierte Kündigung des Kooperationsvertrages mit der Einrichtung Villa Ackermann. Die öffentliche Kritik setze die Stadt unter Druck. Es fehle bisher ein Kindergartenbedarfsplan. Wenn Birk fachliche Defizite habe, müsste er mit den Fachleuten in der Stadtverwaltung kommunizieren. „Ein Bürgermeister muss kein Referat verfassen, aber er sollte informiert und entscheidungsfähig sein“, moniert Koppenhöfer.

Unzureichende Kommunikation von Löwensteins Bürgermeister Birk wird kritisiert

Diese unzureichende Kommunikation sei symptomatisch, meinen seine Kritiker und fürchten nachteilige Folgen – zuvorderst für die Stadtverwaltung. Auch die Arbeit im Gemeinderat leide unter dem verstockten Auftreten von Birk. Tobias Schock schildert, dass Birk in Sitzungen – nicht nur einmal – auf an ihn gerichtete Fragen lediglich mit Schweigen reagiert habe. „Das macht gerade keinen Spaß“, bestätigt Dieter Sammet.

Birk sei schon auf sein Verhalten angesprochen worden – ergebnislos. Die Stellvertreter befürchten, dass die Stadt Schaden nehme. Sie berichten von Bürgern, die E-Mails an den Bürgermeister gesendet hätten, die unbeantwortet geblieben seien. Wenn dies bei Anrufen von Investoren geschehe, „sehen wir eine Gefahr für die Belange der Stadt“, warnt Koppenhöfer.

Löwensteins Bürgermeister Birk reagiert gefasst auf die Vorwürfe

Birk reagiert im Gespräch mit der Stimme auf die Vorwürfe seiner Ratskollegen eher gefasst, als überrascht. Er sei erstmals Bürgermeister und zu Selbstkritik bereit. Dass an seine Kommunikation und sein Auftreten im Amt offenbar andere Ansprüche gestellt würden, habe er bemerkt. „Das ist mir vom Grundsatz her schon bewusst.“

Und dass er gelegentlich stumm bleibe? Er könne nicht auf alles reagieren und wolle nichts Falsches sagen, verteidigt sich Birk. „Dann sage ich lieber nichts“, so der 58-Jährige. Er nehme die Sachverhalte aber zur Kenntnis. Dass das Schweigen als Überforderung ausgelegt werden könne, ist ihm bewusst. „Ja, das mag so wirken.“ Auch räumt er ein, nicht auf Mails reagiert zu haben. Er bekomme viele Schreiben, könne aber nicht auf alle antworten, dann leite er die Mails an Mitarbeiter weiter. „Womöglich habe ich das mal vergessen.“ Auf Anrufe würde er aber reagieren. Birk weiß, dass er im Wahlkampf viele Versprechen gegeben hat. „Ich wollte mehr machen, als ich jetzt hinbekomme. Ich habe Erwartungen initiiert, was nun zum Nachteil gereicht.“

Ist Löwensteins Bürgermeister Birk überfordert?

Dass Birk im Amt schlicht überfordert wirke, meinen seine Kritiker und bekräftigen, dass für Birk die „Zeit des Welpenschutzes“ vorüber sei. Bürgermeister hätten in Baden-Württemberg zwar eine starke Stellung. Birk könnte aber selbst die Reißleine ziehen und zurücktreten. „Die Hoffnung habe ich gehabt“, gesteht Koppenhöfer.

Noch sei das Tischtuch nicht zerschnitten, man sei aber ratlos, wie es weitergehe. Vor allem der fehlende Haushalt lähme die Stadt. „Es lassen sich nur noch wenige Dinge umsetzen“, sagt Koppenhöfer. Man habe es auch mit einem raueren Ton gegenüber Birk versucht. „Das ist alles verpufft, das hat das Fass nicht zum Überlaufen gebracht – im Gegenteil, da hat es schon so oft reingeregnet“, resigniert Koppenhöfer. Schock und Sammet nicken zustimmend.

Der Bürgermeister beim Aktenstudium. Die Gemeinderäte erwarten von Birk nunmehr klare Entscheidungen und Führung.
Der Bürgermeister beim Aktenstudium. Die Gemeinderäte erwarten von Birk nunmehr klare Entscheidungen und Führung.  Foto: Andreas Zwingmann

Sie wurmt die ausbleibende Reaktion. Dabei sorgen sie sich nicht nur um das Gemeindewohl, sondern auch um Birk und sein zuweilen ominöses Verhalten. „Reaktion oder Nicht-Reaktion – was ist die Ursache dafür“, fragt Koppenhöfer und mutmaßt, dass Birk gesundheitlich noch nicht vollkommen fit sei. Immerhin war Birk, der Anfang März an den Schreibtisch zurückgekehrt ist, zuvor wegen einer Grippe und eines Erschöpfungszustands mit Burnout-Symptom ausgefallen.

Bürgermeister-Stellvertreter: Löwenstein braucht Klarheit und Führung

Birk bestätigt, dass die Arbeit im Rathaus Neuland sei und es für ihn „Nachschärfungsaufgaben“ gebe. Er bekräftigt aber: „Ich bin nicht überfordert.“ Auch sei er voll einsatzfähig.

Löwenstein brauche hier Klarheit und Führung, appellieren seine Stellvertreter. Immerhin verbleiben Birk noch gut sechs Jahre seiner Amtszeit. Und schon am Donnerstagabend, im Gemeinderat, müssen sie wieder gemeinsam am Sitzungstisch Platz nehmen.

Zur Person

Dr. Eberhard Birk wurde im Januar 2024 als Nachfolger von Klaus Schifferer gewählt. Im April 2024 ist der heute 58-Jährige als hauptamtlicher Bürgermeister von Löwenstein verpflichtet worden. Birk ist kein gelernter Verwaltungsfachmann, sondern Politikwissenschaftler und Historiker. Er arbeitete vor Amtsantritt als Dozent für Militärgeschichte und Politische Bildung an der Offiziersschule der Luftwaffe in Fürstenfeldbruck. Sein Vater Ernst war von 1966 bis 1992 Bürgermeister von Löwenstein.

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