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Brackenheimer Bereitschaftspraxis schließt – was jetzt für Patienten geplant ist

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Zum 30. November schließt die Bereitschaftspraxis in Brackenheim. Der Förderverein Gesundheitsversorgung im Zabergäu will eine Ersatzlösung zum hausärztlichen Bereitschaftsdienst prüfen.


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Es ist ruhig geworden um die Brackenheimer Bereitschaftspraxis, doch an der geplanten Schließung hat sich nichts geändert. Ende November streicht die Kassenärztliche Vereinigung Baden-Württemberg (KVBW) den Standort als einen der letzten von insgesamt 18 Praxen im Land. Grund ist eine flächendeckende Umstrukturierung des hausärztlichen Bereitschaftsdiensts. Seit dem Bekanntwerden vor einem Jahr wurden die Schließungspläne der KVBW von viel Protest begleitet, auch im Zabergäu.

Die KVBW will ihre Dienste bündeln, um die Regelversorgung während der normalen Praxiszeiten zu gewährleisten. Patientinnen und Patienten aus dem Zabergäu sollen bei akuten Beschwerden, die außerhalb der regulären Praxiszeiten auftreten, die SLK-Bereitschaftspraxis am Heilbronner Gesundbrunnen aufsuchen. 

Bereitschaftspraxis in Brackenheim schließt: Akteure wollen kommunales MVZ gründen

„Wir werden immer wieder darauf angesprochen, wie es nun weitergeht“, sagt Joachim Esenwein vom Förderverein Gesundheitsversorgung Zabergäu und Umgebung. Der Verein hatte versucht, die Brackenheimer Praxis vor der Schließung zu bewahren, ohne Erfolg.

Am 31. November schließt die Bereitschaftspraxis im Brackenheimer Gesundheitszentrum. Wie stehen die Chancen für ein MVZ in kommunaler Trägerschaft?
Am 31. November schließt die Bereitschaftspraxis im Brackenheimer Gesundheitszentrum. Wie stehen die Chancen für ein MVZ in kommunaler Trägerschaft?  Foto: Blass, Valerie

Die Akteure sind überzeugt: Mit dem Wegfall der Bereitschaftspraxis wäre der ländliche Raum bei der ambulanten hausärztlichen Versorgung außerhalb der Sprechzeiten nicht ausreichend versorgt. Nach dem aktuellen Versorgungsbericht der KVBW sind im Landkreis Heilbronn 199 Hausärzte niedergelassen, davon sind 33 Prozent über 60 Jahre alt. Doch gerade ältere Menschen sorgten sich, wie sie den Weg in die Praxis nach Heilbronn auf sich nehmen sollen, weiß Vereinsmitglied Doris Schuh.

Verein nennt gültigen Kreistagsbeschluss als Grundlage

Derzeit prüft der Verein unterschiedliche Alternativen zur Notfallpraxis. Die Idee, eine eigene, hausärztliche Praxis mit Sprechzeiten an Samstagen und mit Honorarärzten zu betreiben, wäre laut SLK-Kliniken rechtlich jedoch unzulässig. Deshalb verfolgt der Gesundheitsverein einen neuen Ansatz: die Gründung eines kommunalen medizinischen Versorgungszentrums (MVZ) – eine hausärztliche Praxis, die vorwiegend am späten Nachmittag und Abend sowie an Samstagen geöffnet ist. Das solle keinen Ersatz, sondern eine Ergänzung zu den Öffnungszeiten niedergelassener Hausärzte darstellen.

Voraussetzung für ein solches MVZ ist, dass sich eine Genossenschaft gründet und ein Vertragsarzt für die Einrichtungen gefunden wird. Auch eine Bürgschaft wäre zu leisten. 

Grundsätzlich sei das Interesse am Aufbau genossenschaftlicher Versorgungszentren groß, meint Joachim Esenwein. Bei den Ärzten im Zabergäu klopft der Verein derzeit die Bereitschaft ab. Platz für das MVZ sieht die Aktionsgruppe in den den angestammten Räumen im Brackenheimer Gesundheitszentrum. 

Den SLK-Klinikverbund würde man für den Betrieb eines MVZ – sollte es denn kommen – als Krankenhausträger gerne ins Boot holen. Als Grundlage zieht der Förderverein den gültige Kreistagsbeschluss von 2016 heran, der den Versorgungsauftrag für das Zabergäu festlegt. „Das war ein sehr weitsichtiger Beschluss“, findet Fördervereinsvorsitzender Rolf Kieser: dass die SLK-Kliniken in Brackenheim eine „bedarfsgerechte, qualitativ gute und ambulante hausärztliche Versorgung“ sicherstellen müssen. Explizit wird als Maßnahme auch die Gründung eines medizinischen Versorgungszentrums genannt. 

Ettlingen legt kommunales MVZ als Pilotprojekt auf drei Jahre aus 

In Ettlingen wurde vor Kurzem ein kommunales Ärztezentrum als ein auf drei Jahre ausgelegtes Pilotprojekt auf den Weg gebracht, es wurden dafür auch schon Ärzte gefunden – und auch die KVBW hatte sich den Plänen gegenüber positiv geäußert. In Ettlingen geht man von einem Anfangsdefizit von rund 63.000 Euro in den ersten beiden Jahren aus, da eine Randzeitenpraxis weniger Honorar pro Patient bekommt als eine Regelpraxis. Ab dem dritten Jahr könnte sich die Praxis finanziell tragen.

Für den Förderverein Gesundheitsversorgung Zabergäu und Umgebung wäre die Finanzierung eines kommunalen MVZ in Brackenheim je nach Bedarf auch längerfristig vorstellbar, so Rolf Kieser.

Das sagt die Kassenärztliche Vereinigung zu den Plänen

Und wie steht die KVBW zu ersten Plänen eines genossenschaftlichen MVZ in Brackenheim? „Die KVBW begrüßt es, wenn es zusätzliche Versorgungkapazitäten gibt“, teilt Sprecher Kai Sonntag auf Stimme-Nachfrage mit. Grundsätzlich sei ein genossenschaftliches MVZ „kein Teil des Bereitschaftsdienstes, sondern der Regelversorgung. Das bedeutet, dass das normale hausärztliche Behandlungsspektrum abgebildet werden müsste“, schreibt Sonntag. Ebenso könnte das MVZ nicht an den Sonn- und Feiertagen geöffnet sein. „Und natürlich wären die Ärzte zur Teilnahme am Bereitschaftsdienst verpflichtet.“ 

Die KVBW bietet am Donnerstag, 13. November, 18.30 Uhr, einen Informationsabend im Bürgerzentrum an, um die Bevölkerung darüber zu informieren, wie der Bereitschaftsdienst ab 1. Dezember organisiert ist.

Diesen Termin, meint Brackenheims Bürgermeister Thomas Csaszar, wolle man zunächst abwarten. Die Idee eines kommunalen MVZ sieht er kritisch: „Uns ist die umfassende medizinische Versorgung in der Region wichtig“, betont er, jedoch gebe es die Rückmeldung der Ärzteschaft im Zabergäu, wonach der Bedarf für einen Randzeitenpraxis nur bedingt vorhanden sei. „Wir beobachten aber genau, was in Ettlingen passiert“, sagt Csaszar – auch wenn die dortige Lage nicht mit Brackenheim vergleichbar sei.

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