Besser laufen: Wie geht das?
Die Redakteurin probiert im Selbstversuch aus, was es braucht, um die eigene Leistung beim Joggen zu steigern. Lauftrainer Johannes Kaisers und zwei Heilbronner Ärzte haben unterschiedliche Tipps.

Mit mehr Tempo laufen. Dieses Ziel habe ich mir zum Ende des Sommers selbst gesetzt – und schnell gemerkt: Mit meinen sporadischen wöchentlichen Laufeinheiten, die selten länger als sieben Kilometer sind, komme ich nicht weiter. Zudem frage ich mich, wie realistisch und sinnvoll es überhaupt ist, meine Durchschnittsgeschwindigkeit um etwa eine Minute von 6:20 pro Kilometer auf etwa 5:20 steigern zu wollen?
Lauftrainer Johannes Kaisers aus Erlenbach weiß Rat
Also suche ich professionelle Hilfe und finde sie bei Johannes Kaisers, dem Leiter einer Laufgruppe in Neckarsulm. Er will zunächst wissen, wie mein Stand ist, also verabreden wir uns in der Mittagspause zu einem lockeren Lauf von Erlenbach Richtung Weinsberg. Während des Laufs schnaufe ich viel, Johannes erzählt derweil von Intervallläufen und Trainingsplänen, fragt nach einem Pulsmesser – ich hatte noch nie einen – und lädt mich ein, mit seiner Gruppe zu laufen, die sich sonntags am Schweinshag trifft. Mir schwirrt der Kopf angesichts der vielen Informationen, denn mit Trainingsdaten und Lauf-Apps kann ich wenig anfangen. Bislang war meine Herangehensweise: Schuhe anziehen, loslaufen und schauen, wie weit ich komme. Meistens bin ich allein unterwegs, denn ich mag die Ruhe und muss mich mit niemandem messen.
Mit Intervalltraining zu mehr Tempo beim Laufen
Doch das wird sich ändern müssen, wenn ich mich verbessern will, das ist mir inzwischen klar. Johannes rät dazu, dass ich mich nicht auf das Ziel versteife, schneller zu rennen, sondern stattdessen anpeile, an Volksläufen teilzunehmen und diese in einer vernünftigen Zeit zu absolvieren. „So lernst du, Wettkampftempo zu laufen.“ Das nächste Ziel könnte dann in ein paar Monaten die Teilnahme an einem Halbmarathon sein, meint er. Dreimal pro Woche müsse man schon trainieren, um seine Leistung zu steigern, wobei im Idealfall ein langer Lauf mit über zehn Kilometern, ein kurzer schneller Lauf mit 6 bis 8 Kilometern sowie einmal Intervalltraining auf dem Programm stehen sollten. Für das Intervalltraining gibt Johannes vor: sich erst warm machen, dann versuchen, einen Kilometer in etwa fünf Minuten zu rennen. Danach wieder langsamer rennen und das schnelle Intervall ein- bis zweimal wiederholen.

Ist eine Pulsuhr notwendig für Läufer?
Als ich sonntags mit der Gruppe laufe, sehe ich: Viele tragen eine Pulsuhr am Handgelenk. „Das motiviert, weil man so sieht, dass man immer fitter wird“, meint der Trainer. Zusätzlich helfe sie gerade Anfängern, den Körper besser kennenzulernen, gefühlte und echte Anstrengung lägen bisweilen weit auseinander. Doch braucht es dieses Tool wirklich?
Es geht ums Dranbleiben, sagt der Heilbronner Kardiologe Urs Riemann
Ich rufe den Heilbronner Kardiologen Urs Riemann an, der gleichzeitig Abteilungsleiter der Neckarsulmer Leichtathleten und selbst ein begeisterter Ausdauersportler ist, wenn auch auf dem Rad. Er sagt: „Man sollte nicht so trainieren, dass das Smartphone mit einem zufrieden ist, sondern dass man sich hinterher wohler fühlt als vor dem Training.“ Gesunde Sportler brauchen laut Riemann nicht unbedingt Pulsmesser oder Fitnessuhr. „Man braucht ein Paar Turnschuhe und dann geht es ums Machen.“
Sport als Ausgleich zum Alltag
Die Regelmäßigkeit und der Spaß seien im Freizeitbereich entscheidend, denn schließlich gelte es, einen gesunden Ausgleich zum beruflichen Alltag zu schaffen. Es sei sinnvoll, sich einer Laufgruppe anzuschließen, sagt Riemann: „Das schafft Verbindlichkeit.“ Wenn ein technisches Gerät dabei ebenfalls unterstützt, sei das okay, „aber die Standardkurven, die da hinterlegt sind, verwirren auch manche Leute“. Riemanns Sicht auf Marathons ist: „Das Training auf Wettkämpfe wie den Trollinger Marathon ist super, der Wettkampf selbst ist es eher nicht.“ Die gesundheitliche Belastung sei für viele zu hoch, mancher schleppe sich mit Schmerzen durch den Wettkampf, nur, um dabei gewesen zu sein.

Heilbronner Orthopäde Felix Vatlach-Schumann rät zum Laufen in der Gruppe
Ich rufe den Heilbronner Orthopäden und Triathleten Felix Vatlach-Schumann an. Was hält er von dem Ziel, eine Minute schneller zu laufen? „Puh, schwierig“, sagt er. Sich von gut sechs Minuten auf fünf Minuten pro Kilometer zu verbessern, sei über eine Distanz von zehn Kilometern sehr ehrgeizig – und werde mit zunehmendem Alter schwieriger. Ich bin gerade 50 geworden. „Da muss man sich schon fragen, wie sehr man sich der persönlichen Leistungsgrenze nähert“, sagt er. Auch Schumann rät grundsätzlich zu Intervallläufen für eine langfristige Leistungssteigerung, dabei sollten die Intervalle eher kurz sein. Er meint, eine Uhr kann helfen, um Informationen über den Trainingszustand zu bekommen und ihn zu steigern. Gut für weniger geübte Läufer ist in seinen Augen, sich einer Gruppe anzuschließen, in der Expertise vorhanden ist. Das könne Orientierung geben.
„Kleinschrittiges, lockeres Laufen ist nicht schlecht für die Knie, das ist wissenschaftlich belegt.“
Dr. Felix Vatlach-Schumann
Mit einem Mythos räumt er auf: „Kleinschrittiges, lockeres Laufen ist nicht schlecht für die Knie, das ist wissenschaftlich belegt.“ Aber: „Je größer die Schritte, desto größer der Impact.“ Heißt: Mit höherer Laufgeschwindigkeit und Schrittlänge steigt das Verletzungsrisiko. Gerade bei „Wochenendläufern“ könnten sich Überlastungsprobleme ergeben, wenn Geschwindigkeit und Kilometer zu schnell gesteigert werden, warnt er.

Gelenkschmerzen nach dem Laufen: Woher kommen die?
Vom Ziel, mich um eine Minute zu verbessern, verabschiede ich mich nach diesen Experten-Einschätzungen, denn es erscheint mir nicht mehr sinnvoll. Stattdessen will ich künftig häufiger längere Strecken laufen und ich habe gemerkt: In der Gruppe fällt mir das deutlich leichter, denn nette Unterhaltungen lenken von der Anstrengung ab. Einen Pulsmesser brauche ich vorläufig nicht, laufe aber mit einer App, um Distanz und Zeit zu messen. Ein Problem, das fast immer auftritt: Nach dem Laufen habe ich moderate Gelenkschmerzen. Auch das werde ich mit der Gruppe besprechen. Vielleicht weiß jemand Rat.