Bad Friedrichshall in Schockstarre – so erlebten Menschen vor Ort die Bluttat
Der Schock nach der Bluttat in Bad Friedrichshall sitzt tief: Ein Täter tötete zwei Männer, verletzte einen schwer. Bürger berichten von ihren Eindrücken.
Noch immer sitzt der Schock in Bad Friedrichshall tief: Ein maskierter Täter hat am Dienstagabend, 7. Januar, in der Firma Hänel zwei Männer erschossen und einen weiteren lebensgefährlich verletzt. Wie haben die Bürger die Tat erlebt und wie haben vor allem diejenigen reagiert, die an dem Abend ganz nah dran waren? Welche Schlüsse ziehen sie aus der Tat? Die Heilbronner Stimme hat sich umgehört.
Etwa kurz vor 18 Uhr erreichte Bürgermeister Timo Frey die Nachricht des Polizeieinsatzes vor der örtlichen Firma. „Ich war geschockt und erschrocken. Es ist natürliche eine Meldung, die nicht spurlos an einem vorbeigeht.“ Mehrere Mitarbeiter der Stadt seien mobilisiert worden, um Polizei und Einsatzkräfte zu unterstützen. „Im Laufe des Abends habe ich mich vor Ort begeben, um an der Sammelstelle für die Pressevertreter zu erscheinen und zur Geschäftsleitung der betroffenen Firma Kontakt herzustellen.“
Zwei Tote in Kochendorfer Firma: Bürgermeister und Stadt unterstützten polizeiliche Arbeit
„Wichtig ist in so einem Fall, dass sich alle Akteure abstimmen. Dass nicht jeder macht, was er denkt oder für richtig hält, sondern dass strukturiert abgestimmt und vorgegangen wird.“ Erst um Mitternacht kehrte Frey nach Hause zurück - er habe aber signalisiert, weiter per Handy erreichbar zu sein. „Die Aufgabe der Stadtverwaltung in solchen Situationen ist es, ihr Netzwerk zu aktivieren und im Rahmen ihrer Möglichkeiten die polizeiliche Arbeit zu unterstützen.“ Dafür sei es notwendig, dass die entsprechenden Mitarbeiter auf Abruf einsatzbereit seien.
„Wir haben zwar keine direkte Warnung bekommen, haben aber gegen 18.30 Uhr Sirenen gehört und Blaulicht gesehen“, sagt eine Mitarbeiterin vom Nordbahnhöfle - einem Bistro, das direkt um die Ecke der Firma Hänel liegt. „Als ich erfahren habe, dass der Täter noch nicht gefasst ist, habe ich um etwa 19.30 Uhr das Restaurant zugemacht“, sagt die Frau, die anonym bleiben möchte. Während sie sich auf den Heimweg gemacht habe, habe sie Straßensperrungen und Kontrollen beobachtet.
Bluttat in Bad Friedrichshall: Fußballtraining abgebrochen - Trainer und 15 Kinder flüchteten in Kabine
Auch beim Fußballtraining des Friedrichshaller FSV musste das Training zeitweise unterbrochen werden, wie Ute Geiger von der FSV-Geschäftsstelle berichtet. Der Trainingsplatz liegt etwa 1000 Meter Luftlinie vom Tatort entfernt. „Als der Hubschrauber über Bad Friedrichshall kreiste, gab es natürlich wilde Spekulationen“, sagt Geiger. „Als wir die Warnung bekommen haben, dass man nicht auf die Straße soll, habe ich den Trainer auf dem Platz informiert.“ Gemeinsam mit den 15 Kinder sei der Trainer in die Kabine gegangen.
Edeltraud Smolka, Schulleiterin am Friedrich-von-Alberti-Gymnasium, war gerade zuhause angekommen, als sie über eine Nachricht von ihrem Hausmeister von dem Vorfall erfuhr. „Schlimm, dass es in unserer Gesellschaft Menschen gibt, die keine andere Strategie finden, als ihren Frust so auszuleben“, sagt sie.
Bad Friedrichshaller Gymnasium ist für Gefährdungssituationen gerüstet
Bereits seit dem Amoklauf in Winnenden 2009 sei man auch an den Schulen für Gefährdungssituationen dieser Art gewappnet. „Alle Schulen Baden-Württembergs müssen einmal jährlich einen Krisenplan vorlegen“, sagt Smolka. „Dieser wird an die Stadt geschickt, aber auch an die Feuerwehr, die Polizei und das Regierungspräsidium.“
Ob Geiselnahme, Bomben-Alarm oder Amoklauf: Die Schulen sind laut Smolka für diverse Gefährdungssituationen gerüstet. „Alle Schulen haben einen Amok-Knopf, mit dem sie verschiedene Räume versehen müssen.“ Die Sicherheitskonzepte werden regelmäßig überarbeitet – was sinnvoll sei, da man in solchen Situationen flexibel reagieren müsse. „Wir sind auch sehr vorsichtig beim Veröffentlichen von Stundenplänen, damit niemand gezielt in Klassenzimmer gehen kann, um sich an einem Lehrer zu rächen.“
Nach Bluttat: „Ich möchte so etwas an meiner Schule nicht erleben“
Mit Schießereien an der Schule hat Smolka schon Erfahrungen sammeln können, als sie von 2026 bis 2020 für vier Jahre eine Schule in Mexiko leitete. „Die gravierendste Erfahrung, die ich damals machte, war ein Schusswechsel zwischen Polizei und Autodieben. Und die Querschläger flogen über den Schulhof. Eltern, Schüler und Lehrer haben sich dann panisch auf den Boden geworfen.“ Wer ins Ausland gehe, erhalte jedoch vorher eine Gefahrenschulung, die einen auf solche Fälle vorbereite. Für Smolka steht fest: „Ich möchte so etwas an meiner Schule nicht erleben.“
Private Spendenaktion gestartet
Nach dem tragischen Vorfall scheint in Bad Friedrichshall nichts mehr wie zuvor. Im Rahmen einer privaten Spendenkampagne im Netz rufen Freunde der Hinterbliebenen zur Unterstützung der Familie auf. „Zu unserem großen Bedauern handelt es sich bei den Opfern um den Vater und den Onkel unseres engen Freundes“, heißt es in dem Aufruf.
Die Tragödie lasse die Familie nicht nur in tiefer Trauer, sondern auch mit unerwarteten Kosten zurück. Bei der Spendenaktion kamen innerhalb eines Tages bereits mehr als 7.500 Euro zusammen.