Aus für nächtlichen Tierarzt-Notdienst in Heilbronn – Praxen spüren Folgen
Vor zwei Wochen hat die Heilbronner Anicura-Tierklinik ihren nächtlichen Notdienst eingestellt. Für Tierhalter bedeutet das längere Wege – und für die Praxen in der Region mehr Belastung.
Seit rund zwei Wochen hat die Anicura-Klinik in Heilbronn ihren nächtlichen Notdienst von 22 bis 7 Uhr eingestellt. Besitzer müssen jetzt mit akut erkrankten oder verletzten Tieren in die Partnerkliniken nach Ludwigsburg oder Stuttgart ausweichen. Aber auch Tierärzte in der Region spüren die Veränderung.
Notfall bei Haustieren im Raum Heilbronn – Tierärztin: Anicura hat viel abgefangen
Viele Tierhalter hätten die neuen Zeiten vermutlich noch nicht realisiert, glaubt Dr. Susanne Haberkern, Chefin der gleichnamigen Kleintierpraxis in Neckarsulm. „Aber das ist definitiv ein Verlust und auch für uns als Kollegen ein Einschnitt. Anicura hat viel abgefangen“, sagt sie.
Patienten hätten vor dem Ende der Notdienstzeit berichtet, dass sie nachts in der Klinik gewesen seien, bevor sie am nächsten Tag etwa zu ihr kamen. „Unfälle, eine Magendrehung, Thrombosen, akute Atemnot“, nennt sie Situationen, in denen schnelles Handeln erforderlich ist. Wenn Patienten, etwa aus Schwäbisch Hall oder Sinsheim, nochmal 20 Minuten länger unterwegs seien, „kann es schon kritisch werden“. Auch ihre Praxis hatte lange Zeit einen nächtlichen Notdienst angeboten. „Aber die Mitarbeiter haben dann tagsüber im Betrieb gefehlt, weil sie gesetzlich vorgeschrieben ihren Freizeitausgleich machen mussten. Das war organisatorisch irgendwann nicht mehr möglich.“

Bernd Seiler, ehemaliger Hundehalter aus Heilbronn, hatte zwei Mal die Situation, dass sein Schäferhundmischling nachts ärztliche Hilfe brauchte. Einmal konnte der Hund die Hinterläufe nicht mehr bewegen, rutschte hilflos und mit hängendem Kopf auf dem Hinterteil umher. „Er war wie gelähmt, hatte vielleicht einen vergifteten Köder gefressen. Ich musste ihn ins Auto tragen.“ Beim zweiten Mal spuckte das Tier nachts große Mengen an Blut. „Ich war sehr froh, dass er Hilfe bekommen hat.“
Nicht in allen Tierarztpraxen in der Region Heilbronn sind nachts OPs möglich
Generell gibt es einen tierärztlichen Notdienst nach wie vor, auch nach der nächtlichen Klinikschließung. „Alle Ärzte sind laut Kammer verpflichtet, daran teilzunehmen“, sagt Susanne Haberkern. Er deckt an Werktagen die Zeiten von 18 bis 8 und am Wochenende die Zeiten von 20 bis 8 Uhr ab.
Der Wermutstropfen: Jeder Tierarzt ist dann für einen relativ großen Umkreis zuständig. Patienten kommen aus Sinsheim oder Schwäbisch Hall. Und: Die Praxen sind unterschiedlich ausgestattet. Nicht überall sind Operationen möglich, sondern vielleicht nur eine Erstversorgung. „Für manches ist eine Klinik nötig. Das kriegt ein Praktiker allein nicht hin.“
Personalmangel: Kollege aus Ägypten verstärkt Neckarsulmer Tierarzt-Praxis
Der Grund für die nächtliche Schließung des Heilbronner Zentrums ist Personalmangel. Qualifizierte Kräfte zu finden, werde für Tierarztpraxen immer schwieriger, hatte Anicura-Pressesprecherin Janina Bruckmann im August auf Anfrage schriftlich mitgeteilt.
Auch davon kann Susanne Haberkern ein Lied singen. Über Jahre hinweg hatte sie deutschlandweit nach einer zusätzlichen Tierärztin oder einem Tierarzt gesucht. „In der ganzen Zeit gab es vielleicht zwei oder drei Vorstellungsgespräche.“ Schließlich weitete sie im vergangenen Jahr ihren Suchradius noch weiter aus: Im Januar begann schließlich ein Kollege aus Ägypten in ihrer Praxis. Er zog dafür aus Nordafrika nach Heilbronn.