Geplante Cannabis-Legalisierung steht kurz bevor – Blick nach Heilbronn
In Heilbronn gibt es derzeit einen Cannabis Social Club. Die Anzahl dürfte sich aber bald erhöhen, wenn die Cannabis-Legalisierung Realität wird. Auf Gerichte kommt dann mehr Arbeit zu: Unzählige Akten müssen händisch geprüft werden.

Die Pläne für eine Legalisierung von Cannabis für Erwachsene befinden sich auf der Zielgeraden. Der Besitz und Anbau von Cannabis soll in Deutschland ab April legalisiert werden. Die Ampel-Koalition will das Gesetz am Freitag durch den Bundestag bringen – trotz breiter Kritik von Medizinverbänden, aus der Justiz sowie unter anderem auch von den Innenministern der Länder.
Experten rufen derweil zur Teil-Legalisierung auf. Auch Gesundheitsminister Karl Lauterbach verteidigt die geplante kontrollierte Freigabe. Wenn in Cannabis-Clubs und im Selbstanbau künftig genug Material angeboten werde, breche die Nachfrage auf dem Schwarzmarkt drastisch ein, so der SPD-Politiker.
Legalisierung von Cannabis – in Heilbronn gibt es schon einen Social Club
Ähnlich sieht das Julian Steiner, der den Cannabis Social Club namens „TenTen“ in Heilbronn gegründet hat. Hier wolle man eine Vorreiterrolle bei der Wende in der deutschen Drogenpolitik einnehmen, so der 31-Jährige.
Der Club, der sich vor knapp einem Jahr gegründet hat und zu einem der ersten in Deutschland zählt, sieht sich vor allem in der Verantwortung, Menschen zu Ärzten weiterzuleiten beziehungsweise sie in die therapeutische Schiene zu lenken, sollte es sich bei ihnen um mehr als nur einen Freizeitkonsum handeln, sagt Steiner. „Viele kommen aus dem Schwarzmarkt und sehen das nicht mehr, wenn mehr dahintersteckt.“
Heilbronner Cannabis Social Club: „Wir können und wollen nicht Arzt spielen"
Wichtig ist ihm zu betonen: „Wir können und wollen nicht Arzt spielen. Ein Medizinprodukt zu bieten ist nicht unser Anspruch.“ Der 31-Jährige nennt ein Beispiel zur Veranschaulichung: Bei Menschen, die ein schlechtes Immunsystem haben, beispielsweise durch eine vorausgegangene Krebserkrankung, könne verunreinigter Cannabis fatale Folgen haben. Schimmelspuren oder dergleichen seien jedoch nicht immer auszuschließen, weil es sich um ein Naturprodukt handelt.
Durch die geplante Legalisierung rechnet Julian Steiner, dass es mehr Ärzte geben wird, die künftig Cannabis verschreiben werden, und die Heilpflanze und ihre Wirkung weniger mit Scheuklappen, sondern wissenschaftlich betrachtet wird.
Heilbronner Cannabis Social Club will eventuell weitere gründen
Die Pläne für eine Legalisierung haben bei dem Heilbronner Social Club für Aufschwung gesorgt, sagt er. Rund 280 Mitglieder sind mittlerweile dabei.
Laut Cannabisgesetzentwurf dürfen die Clubs aber nur bis zu 500 Mitglieder verzeichnen. Man sei nicht abgeneigt, weitere zu gründen, so der 31-Jährige. Um den Bedarf in Heilbronn abzudecken brauche es mindestens 50 Clubs. „Sonst ist es schwer, den Schwarzmarkt auszutrocknen, wenn die Mitgliederzahl begrenzt ist.“
Zehntausende Akten müssen händisch überprüft werden
Wegen der vorgesehene Freigabe von Cannabis sieht der Deutsche Richterbund eine „gewaltige Mehrbelastung auf die ohnehin schon überlastete Strafjustiz“ zukommen. Allein der geplante rückwirkende Straferlass werde dazu führen, dass Zehntausende Akten händisch geprüft werden müssten, erklärte Bundesgeschäftsführer Sven Rebhuhn.
Das wird auch auf die die Staatsanwaltschaft Heilbronn zukommen, wie Christiane Triaa auf Stimme-Anfrage erklärt. Eine genaue Anzahl kann Triaa nicht nennen. Die Staatsanwältin rechnet aber mit einem „zwangsläufig erhöhten Arbeitsaufwand“.
Rückabwicklung bereits vollstreckter Strafen nicht vorgesehen
Staatsanwältin und Pressesprecherin Mareike Hafendörfer ergänzt, dass der Gesetzesentwurf an zwei Stellen eine Art Rückwirkung der geplanten Straflosigkeit auch für vergangene Verurteilungen vorsieht: So sollen Verurteilungen für Handlungen, für die das neue Gesetz keine Strafe oder nur noch Geldbußen vorsieht, aus dem Bundeszentralregister getilgt werden können. „Zum anderen soll eine Amnestie erfolgen – für verhängte Strafen für Handlungen, für die das neue Gesetz keine Strafe und keine Geldbuße vorsieht.“ Eine Rückabwicklung bereits vollstreckter Strafen sei nicht vorgesehen.
Michael Reißer, Pressesprecher beim Amtsgericht Heilbronn, rechnet ebenfalls mit einem erhöhtem Arbeitsaufwand. Wie genau das später einmal aussehen werde, sei - solange das Gesetz noch nicht verabschiedet ist - nur Spekulation.
Das ist zur Cannabis-Legalisierung geplant
Das Gesetz soll am 1. April in Kraft treten. Erwachsene sollen dem Entwurf zufolge bis zu 25 Gramm Cannabis besitzen dürfen. Anbau und Abgabe der Droge sollen ab Mitte des Jahres im Rahmen von kontrollierten Cannabis-Clubs erlaubt werden.
Für den öffentlichen Konsum soll es zahlreiche Regeln geben, etwa dass er in Sichtweite von Schulen, Spielplätzen, Kitas und Jugendeinrichtungen verboten ist. Für Jugendliche bis 18 Jahre bleibt Cannabis verboten.

Stimme.de