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Vor Auftritt bei Würth-Open-Air
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Zoe Wees über Provokation im Pop, häusliche Gewalt und ihr nächstes Album

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Am Freitag, 27. Juni, tritt die Hamburger Sängerin und Songwriterin Zoe Wees in Künzelsau auf. Im Interview vorab spricht die 23-Jährige über Provokation im Musikbusiness, über ihr nächstes Album und ihre Urlaubspläne.

Zoe Wees steht am Freitag, 27. Juni, auf der Bühne in Künzelsau. 2020 wurde die Sängerin mit ihrem Hit „Control“ bekannt.
Zoe Wees steht am Freitag, 27. Juni, auf der Bühne in Künzelsau. 2020 wurde die Sängerin mit ihrem Hit „Control“ bekannt.  Foto: Alexander Massek

Eigentlich hat Zoe Wees einen freien Tag und spannt am See aus. Für ein Interview vor ihrem Auftritt beim ausverkauften Würth-Open-Air diesen Freitag in Künzelsau nimmt sich die 23 Jahre alte Sängerin aus Hamburg dann aber doch Zeit. Und schlägt während des Gesprächs vor, ob man nicht zum Du übergehen könne.

Lass uns mit einem Aufreger-Thema einsteigen, liebe Zoe. Sabrina Carpenter steht für ihr Cover zum neuen Album „Man’s Best Friend“ aktuell in der Kritik. Es zeigt die US-Sängerin auf allen Vieren im schwarzen Minikleid, während ein gesichtsloser Anzugträger sie an den Haaren zieht. Was hältst Du davon?

Zoe Wees: Das ist eine Art von Kunst. Ich habe das Gefühl, dass da noch mehr dahintersteckt und es tiefgründiger ist als nur das, was wir sehen. Man sollte nicht immer auf den ersten Blick urteilen, vielleicht kommt da ja noch eine Auflösung. Wir sehen das Gesicht von der Person nicht, vor der sie kniet. Ich kann mir vorstellen, dass sie damit sich selbst meint.

Wie viel Provokation braucht Pop?

Wees: Schon sehr viel. Provokation bewirkt viel, weil die Leute darüber diskutieren. Und mittlerweile sind die Hater beziehungsweise die Leute, die darüber reden und etwas nicht so cool finden, diejenigen, die einem Künstler am meisten Reichweite bringen.

Welches Maß an Provokation gestattest du dir selbst?

Wees: Ich würde mich jetzt nicht hinknien und mir an den Haaren ziehen lassen. Aber mittlerweile ist es ja schon provokant, wenn man sich als Künstlerin nur in einem BH zeigt. Viele Leute fühlen sich heutzutage schnell provoziert; dadurch lasse ich mich in meiner Kunst aber nicht einengen. Deswegen mache ich das, was ich für richtig halte. Wenn andere drüber reden, das als eklig oder doof empfinden, dann ist das so; ich kann damit leben.

Zur Person: Zoe Wees

Zoe Wees, Jahrgang 2002, ist Sängerin und Songwriterin. Geboren und aufgewachsen ist Wees in Hamburg bei ihrer alleinerziehenden Mutter. Einem größeren Publikum stellt sie sich mit ihrem Auftritt 2017 in der TV-Castingshow „The Voice – Kids“ vor, wobei es Wees bei dem Wettbewerb nicht ins Finale schafft. Als Kind und Jugendliche leidet Zoe Wees an einer Form von Epilepsie, die Erkrankung thematisiert sie auch in ihrer Piano-Ballade „Control“. Die Debütsingle wird ein großer Erfolg für die damals 18-Jährige. 2023 erscheint ihr Debütalbum „Therapy“. Nach einer kurzen Auszeit hat sich Wees in diesem Jahr zurückgemeldet mit den neuen Singles „Traitor“ und „Hello again“.

2020 hattest du deinen Durchbruch mit dem Hit „Control“, es folgten Auftritte in US-Late-Night-Shows, Konzerte in den USA, Großbritannien, Europa, 2023 erschien dein Debütalbum „Therapy“, dann folgte eine kleine Auszeit. Ging dir alles zu schnell?

Wees: Mir ging es nicht unbedingt zu schnell, ich war nur nicht mehr so kreativ. Das, was ich gemacht habe, hat mich nicht mehr so berührt. Ich hatte das Gefühl, ich brauche ein bisschen Zeit für mich, um mich wiederzufinden in meiner Musik.

Als du 14 Jahre alt warst, wurde ein Musiklehrer auf deine Stimme aufmerksam und hat dich gefördert, später ist er dein Manager geworden. Gab es je einen Plan B zur Musik?

Wees: Nein, eigentlich nicht. Ich hätte vielleicht was mit Mode gemacht, aber an sich war die Musik schon immer mein größter Traum.

Aktuell arbeitest du an Album Nummer zwei. Wie geht’s voran?

Wees: Ich arbeite Stück für Stück daran. Aber zunächst will ich ein paar Singles veröffentlichen. Ich schreibe viel neue Musik, die von Herzen kommt, und das sind zunächst Songs, die ich fühle und die mir wichtig sind. Ein zweites Album erscheint im nächsten Jahr, aber da brauche ich noch etwas Zeit, um die richtigen Songs dafür auszuwählen.

„Ein zweites Album erscheint im nächsten Jahr.“

Zoe Wees

Woran merkst du, dass ein Song für dich stimmig ist?

Wees: Wenn ich reinhöre und ich nichts spüre, keine Wärme, keine Gänsehaut, kein Gefühl, dann ist das auf keinen Fall ein Song, den ich rausbringe. Ich bin eine Künstlerin, ich habe so viele verrückte Ideen in meinem Kopf, ich habe Songs in so vielen verschiedenen Musikgenres geschrieben, ich muss alles rauslassen, aber nicht alles ist relevant für meine Karriere.

Von wie viel Prozent reden wir?

Wees: Von 20 Songs wird es vielleicht einer. Ist nicht viel. Als Künstler will man aber natürlich hinter seiner Musik stehen. Und das habe ich halt nicht so oft, aber wenn ich es habe, dann fühle ich mich meistens sehr wohl damit.

In deiner jüngsten Single „Hello again“ greifst du das Thema häusliche Gewalt auf und verarbeitest private Erfahrungen. Welche Reaktionen gab es seit der Veröffentlichung?

Wees: Ich habe sehr viel Feedback von Betroffenen erhalten – leider, mich erschreckt das ehrlich gesagt ein bisschen. Es tut mir echt für jede Person leid, die sowas durchmachen muss, so wie ich es musste.

Du kommst diesen Sommer viel rum, trittst auf Konzerten und Festivals auf wie diesen Freitag beim Würth-Open- Air. Der Urlaub muss warten?

Wees: Ich verreise tatsächlich privat nicht so gerne, weil ich so viel im Job unterwegs bin. Ich mache nicht so richtig Urlaub, ich verbinde das meistens mit dem Job. Wenn ich irgendwohin fliegen muss, bleib ich einfach ein paar Tage länger dort.

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