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Zu wenige Unterschriften: Volksbegehren gegen XXL-Landtag droht zu scheitern

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Seit Monaten wirbt die FDP um Unterstützer für ihr Volksbegehren. Das Ziel: Das Wahlrecht soll geändert werden, damit der Landtag schrumpft. Doch das Vorhaben wird absehbar scheitern.

Zwei Mal wurden Volksbegehren gestartet mit dem Ziel, den baden-württembergischen Landtag zu verkleinern. Nun steht auch die zweite Initiative vor dem Aus.
Zwei Mal wurden Volksbegehren gestartet mit dem Ziel, den baden-württembergischen Landtag zu verkleinern. Nun steht auch die zweite Initiative vor dem Aus.  Foto: Bernd Weißbrod

Zwei Mal wurde monatelang um Unterstützer geworben, zwei Mal hat es nichts gebracht: Auch das zweite Volksbegehren für einen kleineren Landtag in Baden-Württemberg steht vor dem Aus. Das geht aus einem Zwischenstand der Unterschriftensammlung aus dem Innenministerium hervor, der unserer Redaktion vorliegt.

Demnach sind bis Ende September nur 29.469 Unterstützer zusammengekommen. Erfolgreich wäre das Begehren, wenn 770.000 Menschen unterschrieben hätten, die Frist dafür läuft am 4. November ab. Mit anderen Worten: Das Scheitern des Vorhabens ist absehbar.

Heilbronner FDP-Politiker Weinmann: Beim Volksbegehren ist der Druck raus

Einer, der immer wieder um Stimmen geworben hat, ist der Heilbronner FDP-Abgeordnete Nico Weinmann. Zwar betont er, dass viele Stimmzettel noch unterwegs zum Innenministerium sind, räumt aber ein: „Wir werden das Ziel, das wir erreichen wollten, nicht erreichen.“

Dass so wenige Menschen ihre Unterschrift leisten, hat für Weinmann mehrere Gründe. „Ich nehme wahr, dass die Menschen die Relevanz für die kommende Landtagswahl nicht mehr sehen und sagen: Selbst wenn ich unterschreibe, bringt es für die nächste Wahl nichts. Damit ist natürlich der Druck raus.“

Digital abstimmen? Für Volksbegehren im Land ist das nicht möglich

Außerdem sei das Verfahren zu kompliziert, viele würden nicht verstehen, warum sie mehrmals unterschreiben müssen – erst für die Zulassung, dann für die eigentliche Unterschriftensammlung, manche haben sowohl beim ersten Volksbegehren des Privatmanns Dieter Distler als auch jetzt bei der FDP abgestimmt.

„Ich hatte Menschen bei mir am Infostand, die vier Mal für dasselbe Anliegen unterschrieben haben“, berichtet Weinmann. Wenn man direkte Demokratie ernst nehme, müsse man das Verfahren einfacher und digital machen. Das Innenministerium argumentiert, das sei nicht möglich. Für Volksbegehren gelten hohe verfassungsrechtliche Hürden, ähnlich wie bei Wahlen, die Möglichkeit digitaler Volksbegehren ist daher nicht geplant.

FDP-Politiker Weinmann kritisiert Innenministerium: Mussten zweigleisig fahren

War es rückblickend ein Fehler, dass der Privatmann Distler und die FDP zwei unterschiedliche Volksbegehren mit dem gleichen Ziel gestartet haben? Für Nico Weinmann nicht. Es sei anfangs nicht absehbar gewesen, dass das Innenministerium von Thomas Strobl (CDU) das FDP-Volksbegehren als verfassungswidrig einstuft, dagegen geklagt werden muss und so Monate ins Land gehen. „Durch das Manöver aus dem Innenministerium waren wir ein Stück weit gezwungen, zweigleisig zu fahren.“

Zeitgleich ist in Hamburg am Sonntag eine Volksabstimmung angenommen worden, die die Hansestadt zu deutlich mehr Klimaschutz zwingt. Obwohl fast alle Fraktionen im Landesparlament sich gegen die Initiative Zukunftsentscheid stellten, erreichte sie mit fast 304.000 Befürwortern das Quorum.

Mit Spekulationen, wie das gelang, will sich Nico Weinmann zurückhalten. „Lokale Themen können eine gewisse Eigendynamik entwickeln“, vermutet er. „Möglicherweise ist das Thema Landtagsverkleinerung nicht sexy genug.“

Debatte um Landtagsgröße könnte erst nach der Wahl wieder aufflammen

Wie groß der baden-württembergische Landtag nach der Wahl am 9. März tatsächlich wird, bleibt abzuwarten. Experten halten mit dem neuen Zwei-Stimmen-Wahlrecht bis zu 200 Abgeordnete für möglich, aktuell sind es 154 – die Sollgröße des Landtags in Stuttgart beträgt laut Gesetz 120 Parlamentarier.

Weinmann geht davon aus, dass die Größe des Landtags spätestens dann Aufsehen erregt, wenn die Prognosen eintreffen. „Wenn es Richtung 200 Abgeordnete geht, wie Experten befürchten, wird das enorme Folgen für den Ausbau des Landtags haben.“ 50 zusätzliche Büros müssten geschaffen werden, was den Druck auf die neue Landesregierung erhöht, das Thema Wahlrecht noch mal aufzuschnüren.

Grüne und CDU wollen Wahlrecht notfalls nochmals ändern

Gleichwohl befürchtet der Heilbronner FDP-Politiker, „dass man das Geld in die Hand nehmen muss und die Infrastruktur geschaffen wird, damit die Landtagsabgeordneten arbeiten können. Dann wird es enorm schwer, das rückgängig zu machen“. 

Sowohl Grüne als auch CDU kritisieren die Berechnungen und gehen nicht davon aus, dass der Landtag auf 200 Sitze anwachsen wird. Beide Parteien haben signalisiert, das Wahlrecht noch mal angehen zu wollen, wenn der Landtag zu sehr anwächst – sollten sie nach der Wahl nochmals die Regierung stellen.

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