Strom wird teurer, aber die Lichter gehen nicht aus
Die Aussichten für die Zeit nach der Abschaltung des Kernkraftwerks Neckarwestheim GKN sind nicht nur positiv, aber ein neuer Kampf um die Atomkraft bleibt uns wohl erspart.

Die Atomkraft erlebt eine Renaissance - außerhalb Deutschlands. Frankreich, China und viele weitere Staaten haben sich ernsthaft nie mit einem Ausstieg auseinandergesetzt, setzen jetzt aber voll auf diese Technologie. Und selbst in Ländern wie den Niederlanden oder Italien wird plötzlich wieder über neue Atomkraftwerke diskutiert. So muss die Frage gestellt werden: Was passiert, wenn in Deutschland nächstes Jahr die letzten drei Atomkraftwerke vom Netz gehen?
Wind- und Wasserstrom kommt nicht schnell genug nach Süddeutschland
Genau weiß das niemand. Aber die Unsicherheit nimmt zu, und das liegt nicht nur am von langer Hand geplanten Atomausstieg. Nein, die Energiewende kam nicht schnell genug voran, die dicken Übertragungsleitungen aus dem Norden wurden nicht fertig, und nun wird auch noch die Kohlekraft, die eigentlich jede Lücke schließen sollte, stark verteuert und mit Fragezeichen versehen.
Ein paar Punkte sind doch schon absehbar. Erstens werden wohl die Reservekapazitäten knapp. Das bedeutet nicht, dass Ausfälle drohen. Es heißt aber, dass jeder Ausfall eines Kraftwerks für die Betreiber richtig teuer werden kann - so teuer, dass im Zweifelsfall lieber ein Großverbraucher gefragt wird, ob er mal kurz seine Anlage herunterfährt, anstatt den zusätzlichen Strom an der Börse einzukaufen.
Kurzfristige Beschaffung wird teurer
Das führt zum zweiten Punkt: Die Strompreise an der Börse werden deutlich ansteigen. Schon jetzt müssen Versorger, die kurzfristig Strom für die werktäglichen Volllastzeiten des Folgemonats beschaffen müssen, in der Spitze 500 Euro und mehr pro Megawattstunde bezahlen. Vor wenigen Monaten lagen die Preise noch unter 100 Euro. Solche Aufschläge werden teilweise auch an die Verbraucher weitergereicht.
Deutschland setzt auf Gas
Drittens: Gas wird zur Brückentechnologie. Es kommt nicht von ungefähr, dass die EU-Taxonomie, die nachhaltige Investitionskategorien definiert, auf den Druck aus Deutschland hin auch Erdgas in die Liste der "grünen" Energieformen aufgenommen hat. Die Erneuerbaren müssen ausgebaut werden, aber solange es nicht genügend Grünstrom gibt, bleibt hierzulande zum Gaskraftwerk kaum eine Alternative.
Der soziale Frieden bleibt uns erhalten
Zu guter Letzt: Eine Renaissance der Atomkraft in Deutschland wird es ziemlich sicher nicht geben. Denn auch wenn sich manch ein Befürworter jetzt von den Preisentwicklungen bestätigt sieht, so kann weder der Atomausstieg rückgängig gemacht werden, noch könnten die Atomkraftwerke technisch einfach weiterlaufen, wie Experten warnen. Ein weiterer Kampf um die Atomkraft bliebe uns damit wenigstens erspart.