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Baden-Württembergs Innenminister Strobl unter Druck

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Sexuelle Belästigung in der Polizei, Daten-Abfrage bei der Luca-App, Corona-Proteste: Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl (CDU) hat derzeit eine Reihe von Problemen. Die Opposition übt Kritik.

von Michael Schwarz
Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl (CDU) sieht sich aktuell heftiger Kritik der Opposition im Landtag ausgesetzt.
Foto: dpa
Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl (CDU) sieht sich aktuell heftiger Kritik der Opposition im Landtag ausgesetzt. Foto: dpa  Foto: Marijan Murat

Thomas Strobl (CDU) hat gerade viele Baustellen. Als CDU-Landeschef versucht er seine Partei neu zu justieren und den Spagat zwischen der Opposition im Bund und der Regierungsbeteiligung im Land hinzubekommen. Weitaus größere Probleme hat er aber in seinem Amt als Südwest-Innenminister. Hier erhöht die Opposition den Druck auf ihn.

Vorwürfe der sexuellen Belästigung durch Vorgesetzte

So gibt es innerhalb der Polizeiorganisation den vehementen Vorwurf der sexuellen Belästigung durch Vorgesetzte. Zunächst hatte die Stuttgarter Staatsanwaltschaft gegen einen sehr hochrangigen Polizisten Ermittlungen aufgenommen. Hier geht es um Andreas Renner, den inzwischen suspendierten Inspekteur der Landespolizei. Renner soll eine Kollegin per Videochat sexuell belästigt haben und mit Blick auf eine mögliche Beförderung Druck ausgeübt haben.

Vor wenigen Tagen wurde zudem bekannt, dass die Staatsanwaltschaft auch gegen einen ehemaligen Ausbilder der Landespolizeischule Böblingen ermittelt - ebenfalls wegen des Vorwurfs der sexuellen Belästigung. SPD und FDP fordern von Strobl eine konsequente Aufklärung, die Liberalen haben sogar einen Untersuchungsausschuss ins Spiel gebracht. Wie es hier weitergeht, hängt nun vor allem von den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft ab. Jedenfalls handelt es sich offenbar um keine Einzelfälle.

 


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27 Fälle in vergangenen fünf Jahren

Aus der Antwort auf eine FDP-Anfrage an das Innenministerium geht hervor, dass in den vergangenen fünf Jahren in der Südwest-Polizei in 27 Fällen eine sexuelle Belästigung durch Vorgesetzte gemeldet worden ist. 25 Fälle davon wurden an die jeweils zuständige Staatsanwaltschaft abgegeben. Zwei Ermittlungsverfahren endeten mit dem Erlass eines Strafbefehls, in 21 Fällen wurde ein Disziplinarverfahren eingeleitet. Strobl versprach vor dem Innenausschuss des Stuttgarter Landtags eine zügige und konsequente Aufklärung.

Strobl kündigt hartes Vorgehen an

"Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung gehören zu dem Widerwärtigsten und Abstoßendsten, was passieren kann. Das gilt besonders, wenn sie am Arbeitsplatz, von einem Vorgesetzten, unter Ausnutzung einer dienstlichen Machtstellung, begangen werden", erklärt Strobl gegenüber unserer Zeitung. Dies gelte auch dann besonders, "wenn sie von einem Ordnungshüter begangen werden, der eigentlich von Berufs wegen für Recht und Ordnung und auch Anstand steht".

Jedem Verdachtsfall werde hart und scharf nachgegangen. Hier gehe es um die Integrität der gesamten Polizei in Baden-Württemberg, so der CDU-Politiker weiter.

 


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Ärger wegen Daten-Abfrage bei Luca-App

Außerdem muss Strobl erklären, wie es sein kann, dass die Südwest-Polizei zuletzt vermehrt Daten aus der umstrittenen Luca-App zur Aufklärung von Verbrechen von Gesundheitsämtern angefordert hatte. Die Fälle in Heilbronn und in Heidelberg sind bestätigt, im Kreis Breisgau-Hochschwarzwald deutet alles auf eine solche Anfrage hin. Dabei ist es in Paragraf acht der Corona-Verordnung des Landes eindeutig geregelt, dass die Daten der App nur an das Gesundheits- oder Ordnungsamt gehen dürfen. Ein Sprecher des Stuttgarter Innenministeriums bewertet die Vorfälle als Fehler. Ob daraus Konsequenzen gezogen werden, scheint aber fraglich.

Polizeigewerkschaft klagt über Personalmangel

Mit den Corona-Demonstrationen war die Polizei zuletzt ebenfalls sehr beschäftigt. Alleine am vergangenen Wochenende waren landesweit wieder rund 1700 Beamte bei 44 Versammlungen im Einsatz. Die Deutsche Polizeigewerkschaft erklärte zuletzt, der personelle Aufwand bei den Demos zeige, dass die Polizei unter enormem Personalmangel leide. "Einer klugen Personalplanung und dem pandemiebedingten Wegfall anderer Veranstaltungen ist es zu verdanken, dass unsere Polizei diese Aufgabe nach wie vor ohne Einschränkungen wahrnehmen kann", erwidert Strobl.

 


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SPD: Regionale Unterschiede bei Kontrollen der Corona-Vorgaben

Die SPD hat noch weitere Kritikpunkte. In der Antwort auf ihre Landtagsanfrage erklärt das Innenministerium, dass es bei den Kontrollen der Corona-Maßnahmen erhebliche regionale Unterschiede gibt. Die Antwort liegt der "Heilbronner Stimme" vor.

So wurden im November und Dezember 2021 die Schwerpunktkontrollen sehr uneinheitlich umgesetzt. Während bei einer zweitägigen Kontrolle in den Kreisen Ludwigsburg und Böblingen 225 Beamte im Einsatz waren, sind es bei einer dreitägigen Kontrolle in den Kreisen Breisgau-Hochschwarzwald, Lörrach und Freiburg nur 22 gewesen. Noch weniger waren es an drei Tagen in den Kreisen Sigmaringen, Bodensee und Ravensburg mit 14 Polizisten. "Innenminister Strobl muss dafür Sorge tragen, dass es eine gleichlaufende Kontrolldichte im gesamten Land gibt. Sollte dies mit mangelnden Kapazitäten zusammenhängen, trägt er als Innenminister die Verantwortung dafür, die Polizei vor Ort in die Lage zu versetzen, Kontrollen im notwendigen Umfang durchführen zu können", sagt SPD-Innenexperte Sascha Binder. Ein Sprecher Strobls erklärt, die Polizeipräsidien führten die Kontrollen eigenmächtig durch, da sie die Lage vor Ort besser einschätzen könnten.

 


Proteste am vergangenen Wochenende

Am vergangenen Wochenende nahmen an den landesweiten Versammlungen mit Bezug zur Corona-Pandemie 23.700 Personen teil. Neben den Protesten gegen die Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie fanden in vier Städten auch Gegendemonstrationen statt. Die Versammlungen blieben weit überwiegend friedlich. Am Samstag fand die größte Versammlung mit etwa 6000 Teilnehmern in Freiburg statt. Am Sonntag kamen in Baden-Baden rund 1300 Menschen zusammen. Die größte Versammlung an diesem Tag.

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