In Baden-Württemberg sollen künftig 18-Jährige Bürgermeister werden können
Baden-Württemberg will das Landtags- und Kommunalwahlrecht ändern. Die Landtagsfraktionen beschäftigen sich bei ihren Klausuren diese Woche mit den Neuerungen. Hier die wichtigsten Punkte:

In diesen Tagen gehen die Parlamentarier im Stuttgarter Landtag in Klausur. Die Regierungsfraktionen von Grünen und CDU wollen eine Reform des Kommunal- und Landtagswahlrechts festzurren. Hier die zentralen Vorhaben:
Was ist bei den generellen Altersbeschränkungen für Kandidaten auf kommunaler Ebene geplant?
In Baden-Württemberg darf jetzt schon ab einem Alter von 16 Jahren gewählt werden. Grün-Schwarz will aber zudem ermöglichen, dass man ab diesem Alter auch schon für kommunale Ämter kandidieren kann – also als Gemeinde-, Ortschafts- oder Kreisrat. "Damit wird Baden-Württemberg Neuland betreten", heißt es in dem Eckpunktepapier des Stuttgarter Innenministeriums für die Reform, das unserer Zeitung vorliegt. Bislang stehe das passive Wahlrecht bei den Kommunalwahlen sowie den Wahlen zu den Länderparlamenten in keinem deutschen Bundesland Personen zu, die nicht das 18. Lebensjahr vollendet hätten, heißt es darin. Da der Südwesten hier Vorreiter sei, rechnet das Innenministerium damit, "dass früher oder später eine gerichtliche Überprüfung erfolgen wird".
Wie alt können Bürgermeisterkandidaten künftig sein?
Die bisherige Altersgrenze, laut der Kandidaten mindestens das 25. Lebensjahr vollendet haben müssen, soll entfallen. Geplant ist, dass künftig ab einem Alter von 18 Jahren kandidiert werden kann. Zudem entfällt die bisherige Höchstaltersgrenze der Kandidaten von 67 Jahren. Die Vorgabe, dass Rathauschefs mit 73 Jahren in den Ruhestand treten müssen, auch wenn ihre Amtszeit noch gar nicht zu Ende ist, entfällt ebenfalls. "Bürgermeister können dann unabhängig von ihrem Alter die volle Amtszeit amtieren", heißt es in dem Eckpunktepapier.
Was ändert sich hier noch?
Erhält künftig bei Bürger- und Oberbürgermeisterwahlen keiner der Kandidaten im ersten Wahlgang mehr als 50 Prozent der Stimmen, sollen im zweiten Wahlgang bei einer Stichwahl nur noch die beiden Bewerber antreten dürfen, die im ersten Wahlgang die meisten Stimmen erhalten haben. Unklar ist hier jedoch, ob sich Bewerber auch zurückziehen dürfen, wenn sie den besten oder zweitbesten Wert beim ersten Urnengang erreicht hatten. Ein Beispiel: Bei der OB-Wahl 2020 in Stuttgart trat Grünen-Kandidatin Veronika Kienzle im zweiten Wahlgang nicht mehr an, obwohl sie im ersten Wahlgang die Zweitplatzierte war. Wie hier in Zukunft verfahren werden soll, ist noch unklar.
Was soll sich für Kandidaten aus dem Landesdienst ändern?
Grün-Schwarz plant ein Rückkehrrecht für Beamte- und Angestellte des Landes, die sich vergeblich um das Amt des Rathauschefs in einer Kommune beworben haben. Ob eine solche Regelung auch für Beamte und Angestellte der Kommunen kommt, wird noch geprüft. Damit soll die Attraktivität des Bürgermeisteramts insbesondere in kleinen Gemeinden erhöht werden.
Zum Landtagswahlrecht. Was ist hier bei der Altersgrenze geplant?
Das Wahlalter wird auf 16 Jahre reduziert, Kandidaten für den Stuttgarter Landtag müssen aber weiterhin mindestens 18 Jahre alt sein. Auch für die Teilnahme an Volksanträgen, -begehren und -abstimmungen soll das Mindestalter auf 16 Jahre abgesengt werden.
Soll wie bei der Bundestagswahl im Südwesten ein Zwei-Stimmen-Wahlrecht kommen?
Ja. Es soll ab der nächsten Landtagswahl eine Zweitstimme eingeführt werden, mit der die Sitzzahl im Parlament bestimmt wird. Bislang haben die Baden-Württemberger bei Landtagswahlen nur eine Stimme. Künftig stellen die Parteien – wie bei der Bundestagswahl – dann Landeslisten auf, von denen Kandidaten ins Parlament gewählt werden können. Über die Listen sollen die Parteien die Möglichkeit haben, die Breite der Gesellschaft besser abzubilden – und vor allem den Frauenanteil damit erhöhen. 70 der mindestens 120 Sitze im Landtag werden weiter unverändert mit Direktmandaten aus den Wahlkreisen besetzt.
Welche Mehrheiten sind bei den beiden Reformen nötig?
Für die Reform des Landtagswahlrechts ist laut Verfassung eine Zwei-Drittel-Mehrheit nötig. Daher versuchen Grüne und CDU, hier mit den Oppositionsfraktionen von SPD und FDP eine Einigung zu erzielen. Für die Reform des Kommunalwahlrechts reicht Grün-Schwarz die Regierungsmehrheit im Landtag.