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Maximale Transparenz von Verwaltung gefordert

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Behörden sollen relevante Informationen von sich aus ins Internet stellen, damit Bürger jederzeit darauf zugreifen können. Ein Bündnis von Organisationen fordert ein Transparenzgesetz. Und sie erhalten prominente Unterstützung.

von Jürgen Kümmerle und dpa
Bürger sollen den Behörden nicht mehr hinterherlaufen und mühsam Einzelanfragen stellen müssen, stattdessen brauche es eine «automatische Veröffentlichung aller relevanten Behördeninformationen im Internet», fordert ein Bündnis aus zivilgesellschaftlichen Organisationen.
Bürger sollen den Behörden nicht mehr hinterherlaufen und mühsam Einzelanfragen stellen müssen, stattdessen brauche es eine «automatische Veröffentlichung aller relevanten Behördeninformationen im Internet», fordert ein Bündnis aus zivilgesellschaftlichen Organisationen.  Foto: Bernd Weißbrod (dpa)

Der Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit, Dr. Stefan Brink, fordert es. Landesverbände von zivilgesellschaftlichen Organisationen wie Netzwerk Recherche, Transparency International, Mehr Demokratie, Naturschutzbund (Nabu) und Frag den Staat fordern es auch. Hamburg hat es seit zehn Jahren. Die Rede ist von einem Transparenzgesetz. Dadurch sollen Behörden relevante Informationen frei und für Jedermann im Internet zur Verfügung stellen. Bürger sollen den Behörden nicht mehr hinterherlaufen und mühsam Einzelanfragen stellen müssen.


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Bereits Ende 2015 wurde ein Landesinformationsfreiheitsgesetz eingeführt. Damals sollte Bürgern der freie Zugang zu amtlichen Informationen ermöglicht werden. Das von Thomas Strobl geführte Innenministerium sammelt derzeit Erfahrungen der Kommunen, Evaluierung genannt. Doch für Brink hat dieses Gesetz zu viele Ausnahmen. Deshalb mahnte er Anfang Oktober das Transparenzgesetz bei der grün-schwarzen Landesregierung an. Er stellte einen Entwurf für ein entsprechendes Gesetz vor. Vergangene Woche legten Nabu und Co. nach. In einer Pressekonferenz im Landtag bekräftigten sie Brinks Forderung.

Arbeitsabläufe werden erleichtert, heißt es

„Bei Veröffentlichung aller Informationen in einem Transparenzregister können Fragen ohne Kosten und Zeitverlust recherchiert werden“, sagt Nabu-Landesvorsitzender Johannes Enssle.

Für Sarah Händel von Mehr Demokratie sei Transparenz ein Weg hin zu mehr Kooperationsdemokratie. „Wir brauchen eine engagement-einladende Verwaltung.“

Siegfried Gergs von Transparency International erklärt, dass Verwaltungen oft noch unter den Bedingungen des letzten Jahrhunderts arbeiten müssen. Über ein Transparenzgesetz könne das Land dringend nötige Anreize für einen Digitalisierungsschub setzen. Dies erleichtere die Arbeitsabläufe in Verwaltungen und ermögliche eine umfassende Transparenz gegenüber Bürgerinnen und Bürgern.

Verwaltungen fürchten, ein Transparenzgesetz käme zur Unzeit. Hamburg habe sich zwei Jahre Zeit gegeben, erklärt Dr. Manfred Redelfs von Netzwerk Recherche. „Dort ist man vor Ablauf der Frist fertig geworden und hat das Budget eingehalten.“ 

Im Koalitionsvertrag von Grünen und CDU ist das Transparenzgesetz als wichtiges Vorhaben verankert. Die Opposition im Land nimmt das freilich zum Anlass, um auf einen mangelnden Durchsetzungswillen in Sachen Datentransparenz der Regierung hinzuweisen. 

Boris Weirauch von der SPD sagte zu Brinks Vorgehen: „Das ist ein einzigartiger Vorgang und spricht Bände über die Arbeit der grün-geführten Landesregierung, die Transparenz bisher nur in Sonntagsreden hochhält.“ Der Vorschlag Brinks findet bei der FDP „uneingeschränkte Zustimmung“. Das ist aus einer Rede, die der Heilbronner Landtagsabgeordnete Nico Weinmann wenige Tage nach Brinks Forderung im Landtag hielt, bekannt. „Allerdings haben wir den Eindruck, dass die dauerhafte Beruhigungspille der Evaluation das Informationsfreiheitsgesetz hier schläfrig macht.“

Mehr und mehr Bürger rufen Informationen ab

Das Innenministerium teilt auf Nachfrage mit, dass seit der Einführung des Gesetzes 2015 Jahr für Jahr mehr Informationen von den Bürgern abgerufen worden seien. Man wolle das bestehende Gesetz zu einem Landestransparenzgesetz weiterentwickeln und einen angemessenen Zugang zu Informationen gewährleisten.

Thomas Hentschel von den Grünen hofft, dass das Ergebnis der Evaluierung zeitnah vorgelegt wird. „Das verantwortet das Innenministerium.“ Die steigende Anzahl an Anfragen durch die Bürger zeige: „Interesse der Bevölkerung ist da.“

Kommunen lehnen ab

Die Kommunen lehnen ein Transparenzgesetz kategorisch ab. Gemeindetagspräsident Steffen Jäger sagte, in diesem Staat stehe man aktuell vor der größten Krisensituation seit seinem Bestehen. „Deshalb muss es jetzt darum gehen, sich auf das Wesentliche zu fokussieren.“ Die Umsetzung eines solch weitreichenden Transparenzgesetzes sei mit einem erheblichen Verwaltungsaufwand verbunden, was in Zeiten eines massiven Fachkräftemangels ein völlig falsches Signal setzen würde. 

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