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Im Stuttgarter Landtag
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Untersuchungsausschuss zur Polizeiaffäre: Ex-Inspekteur schweigt – und übt dennoch Kritik

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In einem Statement erklärt der vom Dienst suspendierte baden-württembergische Inspekteur Andreas Renner, warum er von seinem Auskunftsverweigerungsrecht Gebrauch macht.


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Der Medienandrang ist groß, wie 2023 vor dem Stuttgarter Landgericht laufen die Kameras. Und wie damals betritt Andreas Renner, grauer Anzug, silbergrauer Schopf, aufrechte Haltung, am Morgen Hand in Hand mit seiner Ehefrau Gabriele das Gebäude. An diesem Montag ist es aber nicht das Stuttgarter Landgericht, wie 2023 im Strafverfahren gegen den früheren Polizeiinspekteur des Landes, sondern der Landtag in Stuttgart. Hier tagt seit bald drei Jahren der Untersuchungsausschuss zur Polizeiaffäre. Und Renner ist – eigentlich – der zentrale Zeuge.

Sein Handeln und der Vorwurf der sexuellen Belästigung gegen ihn, von dem er vor Gericht freigesprochen wurde, sowie die Begleitumstände lösten den Untersuchungsausschuss zur Polizeiaffäre überhaupt erst aus. Und wenn einer über viele im Ausschuss aufgekommenen Fragen zur Beförderungspraxis in der Polizei und zu seinem eigenen Fall Auskunft geben könnte, dann er. Die Mitglieder des parlamentarischen Gremiums jedenfalls hätten viele Fragen an ihn.

Untersuchungsausschuss: Einstiger Polizeiinspekteur verliest lediglich ein Statement

Aber an diesem Montag beantwortet der 51-Jährige einstige Polizeiinspekteur und ranghöchste uniformierte Polizeibeamte des Landes keine einzige außer denen nach seinen Personalien. "Polizeibeamter", sagt er auf die Frage nach seinem Beruf, den er jetzt seit gut dreieinhalb Jahren nicht mehr ausüben darf. Erwartungsgemäß macht er vor dem Ausschuss, seinen Anwalt Jerôme Bauer an seiner Seite, von seinem "vollumfänglichen Auskunftsverweigerungsrecht" Gebrauch, wie bereits im Vorfeld kommuniziert, und verliest lediglich ein Statement.

Die Polizeiaffäre zieht weiter Kreise. Nun war der ehemalige Polizeiinspekteur im Untersuchungsausschuss des baden-württembergischen Landtags geladen.
Die Polizeiaffäre zieht weiter Kreise. Nun war der ehemalige Polizeiinspekteur im Untersuchungsausschuss des baden-württembergischen Landtags geladen.  Foto: Silas Stein

Das aber hat es durchaus in sich. An dem leichten Zittern in der Stimme lässt sich erahnen, dass es in Andreas Renner brodelt. "Gerne und mit voller Überzeugung" hätte er nach mittlerweile dreieinhalb Jahren, in denen er zu allem geschwiegen hatte, endlich einmal selbst etwas gesagt, so Renner, "zu den nicht zutreffenden Vorwürfen und zu den handelnden Personen". Speziell zu Landespolizeipräsidentin Stefanie Hinz, ebenfalls Zeugin im Untersuchungsausschuss, hätte er wohl einiges zu sagen gehabt, deutete er an: "Deren Handeln in der Stunde Null ohne jede Beiziehung kriminalistischen Sachverstands ist mir bis heute ein Rätsel."

Hinz hatte Renner unmittelbar nach Bekanntwerden des Vorwurfs suspendiert

Der Hintergrund dieser Aussage: Hinz hatte Andreas Renner als dessen direkte Vorgesetzte im November 2021 unmittelbar nach Bekanntwerden des Vorwurfs der sexuellen Belästigung suspendiert und den Vorgang öffentlich gemacht, offenbar ohne, dass zuvor die bei dieser Art Vorwürfe üblichen internen Abläufe und Ermittlungen in vollem Umfang stattgefunden hatten. Dies war auch im Strafverfahren angesprochen worden.

Nun aber sei die ihm vom Landespolizeipräsidium erteilte Aussagegenehmigung so beschränkt, dass ihm praktisch jede Äußerung in eigener Sache untersagt sei, so Renner am Montag weiter. Denn gegen ihn ist seit Dezember 2021 auch ein Disziplinarverfahren im Innenministerium anhängig, zudem läuft gegen ihn ein weiteres Ermittlungsverfahren der Stuttgarter Staatsanwaltschaft wegen des Vorwurfs der Bestechlichkeit. "Die Aussageeinschränkung bedeutet, dass ich am heutigen Tag keine Einlassungen zur Sache machen kann, ohne mich in die latente Gefahr zu begeben, gegen die Aussagegenehmigung zu verstoßen", so der frühere Spitzenpolizist, dies alles könne für das Disziplinarverfahren relevant sein. Alle Aussagen zu wichtigen Fragen, die seine Person beträfen, seien daher ausgeschlossen. Im Kern sei die Aussagegenehmigung daher schlicht eine Nichtgenehmigung.

Renner sagt, zu einem späteren Zeitpunkt "sehr, sehr gerne" Rede und Antwort stehen zu wollen. "Ich betone, dass ich auch nach dem Abschluss des Untersuchungsausschusses alle wichtigen und nicht geklärten Fragen beantworten werde und beantworten will. Dass ich gekommen bin, nur um wieder zu gehen, fällt mir persönlich auch sehr schwer", so der 51-Jährige.

 


Hintergrund: Unterschiedliche Einschätzungen

Die Auffassung Renners hinsichtlich der Aussagegenehmigung wird von der Ausschussvorsitzenden Daniela Evers (Grüne) sowie weiteren Mitglieder des Gremiums nicht geteilt. "Herr Renner hat nicht ausgesagt, weil er nicht wollte", bewerten SPD-Obmann Sascha Binder sowie Grünen-Innenexperte Oliver Hildenbrand den Auftritt im Anschluss. Binder: "Wir haben gehört, dass er die Aussagegenehmigung sehr eng für sich auslegt. Dieser Auffassung sind wir nicht." Auch FDP-Obfrau Julia Goll findet es richtig, Renner trotz der absehbaren Auskunftsverweigerung geladen zu haben. "Denn er hat ja etwas gesagt. Es war bemerkenswert, dass er offenbar das Bedürfnis hatte, Frau Dr. Hinz noch einen mitzugeben", so Goll. Die Landespolizeipräsidentin ist für die Ausschusssitzung im Mai erneut als Zeugin geladen. 

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